06.03.2016, 6919 Zeichen
About: Für die CD-Produktion http://www.boerse-social.com/25jahreatx wurden 33 Telefon-Interviews geführt. Hier täglich ein Interview transkribiert. Heute: Barbara Potisk, RHI. Wichtig: Diese Interviews wurden nicht für Print gemacht, die Transkripte sind ein Versuch. Die Audio-Version des Potisk-Interviews findet man unter: 25 Jahre ATX: RHI-CFO Barbara Potisk-Eibensteiner mit besonderem Verhältnis - "Ich habe viele Privatisierungen begleitet"; das CD-Set samt Shirt in der "Ich war dabei!"-Version hatte am 3.3.. bereits 92 Besteller (HIER die Namen der Besteller und die Details des Angebots).
Frage ( Sebastian Leben): Bitte um kurze Vorstellung.
Barbara Potisk-Eibensteiner: Barbara Potisk-Eibensteiner, CFO RHI AG
Und die RHI, die hieß früher Radex und ist ein ATX-Mitglied der ersten Stunde. Wir haben nun das 25. Jubiläum ATX. 25 Jahre – wie haben Sie denn die vergangenen 25 Jahre betrachtet?
Ich hab eigentlich die letzten 25 Jahre ziemlich intensiv nachverfolgt. Schon während meines Studiums habe ich mich intensiv mit der Wiener Börse beschäftigt, weil es eigentlich immer ein Ziel war , Investmentbanker zu werden. Ich habe dann nach dem Studiumdieses Ziel sehr schnell erreicht und habe die große Ehre gehabt, sehr viele Privatisierungen in Österreich zu begleiten - von der Bankseite. Und wir haben sehr, sehr viele Unternehmern, österreichische Unternehmen, erfolgreich an die Börse gebracht und wenn wir uns anschauen – es sind sehr viele Privatisierungen auch zu einer Erfolgsgeschichte geworden, ehemalige defizitäre Betriebe, die jetzt wirklich im internationalen Wettbewerb sehr gut dastehen. Für unser Unternehmen natürlich ist die Wiener Börse sehr, sehr wichtig gewesen. Wir haben große Schritte, Wachstumsschritte, über die Wiener Börse finanzieren können, über Kapitalerhöhungen und haben auch damit oder dadurch neue langfristige Investoren gewinnen können. Also, durchaus eine sehr positive Bilanz, obwohl natürlich der ATX auch über die letzten Jahre das eine oder andere Problem gehabt hat. Ein großes Problem haben wir sicher darin, dass wir eine sehr, sehr starke Übergewichtung der Banken haben, also die Banken sind sehr groß und stark gewichtet im ATX. Mit dem Ost-Exposure natürlich hat der ATX dann das gesamte Abstrafen der Osteuropa-Expansion der österreichischen Banken mitgemacht. Leider ist es auch so, dass Österreich teilweise schon mit Osteuropa sehr stark in Beziehung igebracht wird, hab auch schon mal erlebt, dass mich ein US-Investor, als es in der Ukraine gekriselt hat, gefragt hat, ob bei uns auch Krieg ist. Also das sind natürlich Probleme, die man als kleine Börse immer wieder erfährt, aber damit muss man auch umgehen lernen.
25 Jahre, das bedeutet 1991 ist das ATX Gründungsjahr. Aus Ihrem Lebenslauf sehe ich, dass Sie da die Uni abgeschlossen haben und Ihre berufliche Laufbahn begonnen haben. Sie hatten ja gerade schon gesagt: Viele Privatisierungen haben Sie mitgemacht. Heißt das, Sie haben zu allen möglichen ATX-Unternehmen sozusagen einen ganz besonderen Bezug? Wie ist Ihr persönlicher Bezug zum ATX? Wie sehen Sie das Ganze?
Also ich hab schon eine sehr starke Beziehung zu diesen Unternehmen, die ich damals an die Börse begleitet habe, wie die ams, die jetzt leider nicht mehr im ATX ist, die an einer anderen Börse notiert, aber eine voestalpine-Privatisierung, eine ehemalige Böhler-Uddeholm, die in der voestalpine aufgegangen ist. Wir haben unzählige Kapitalerhöhungen betreut und haben schon gesehen, dass es für die Unternehmen sehr, sehr wichtig war, den Zugang zu Investoren zu haben und neues Geld hineinzubekommen. Aber es gibt natürlich auch andere Perlen, wie zb eine Wolford, die wir damals an die Börse bringen durften mit einer Parallelnotiz in Paris, die sich eigentlich relativ schnell als Unsinn herausgestellt hat. Also, ich glaube, eines zeichnet den ATX aus, so klein Österreich ist, wir haben sehr, sehr viele gute Unternehmen, doch einige Weltmarktführer, die sich im ATX herumtummeln, mit Nischenprodukten, als Nischenplayer, aber die doch eine sehr, sehr globale Aufstellung haben und auch ziemlich krisenfest sind.
Inzwischen sind Sie selbst im Vorstand eines ATX-Unternehmens. Seit 2012. Was bedeutet das für Sie, Vorstand eines ATX-Unternehmens zu sein, quasi, jetzt auch diese Seite zu kennen?
Ich habe ja auch davor IR gemacht für die RHI AG. Ich glaube schon, dass es sehr, sehr wichtig ist für ein Unternehmen, an der Börse gelistet zu sein. Man unterliegt gewissen Regularien und damit ist die Qualität zB im Internen Rechnungswesen, die gesamte Berichterstattung eine andere als in einem Unternehmen, das nicht gelistet ist. Natürlich gibt es auch Punkte, wo man sich manchmal die Haare raufen muss. Es werden ja die Prüfungskriterien immer noch strenger. Wir unterliegen der Wirtschaftsprüfung, wir unterliegen dem Enforcement, wir haben natürlich auch eine Finanzmarktaufsicht, die uns immer wieder beäugt, aber das gehört dazu zu einem entwickelten Markt und diesen Herausforderungen muss man sich stellen.
Wenn wir auf die Zukunft schauen, was für eine Zukunft sehen Sie für den ATX?
Ich hoffe, dass der ATX eine gute Zukunft hat. Es werden sich hoffentlich wieder neue Mitglieder anschließen. Ich hoffe doch, dass wieder einige Unternehmen den Weg an die Börse suchen. Wir haben über die letzten Jahre eher einen Abgang verzeichnen müssen, hängt aber sehr stark damit zusammen, dass manche Unternehmen fusioniert haben, dass manche Unternehmen übernommen wurden. Ich glaube schon, dass es gerade dann, wenn Unternehmen wieder größere Wachstumsschritte machen wollen, eine sehr gute Möglichkeit besteht, über den Kapitalmarkt das Geld zu bekommen und dann auch verlässliche Investoren für die Zukunft zu haben.
Zum Abschluss möchte ich natürlich noch die Gelegenheit geben, zu gratulieren. Ihre Glückwünsche, Sie haben ja doch eine spezielle Beziehung zum ATX und der Wiener Börse, deshalb hier die Gelegenheit, Ihre Glückwünsche auszusprechen.
Ich wünsche dem ATX alles Gute zum Geburtstag. Ich wünsche dem ATX vor allem viele neue Mitglieder und natürlich noch ein langes Leben.
- Börsevorstand Michael Buhl über ATX, ÖTOB, Osteuropa, Banken, FinTechs (25 Jahre ATX)
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