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Ab 5. Dezember könnte die Eurozone endgültig zur Romanischen Schuldenunion verkommen (Robert Halver, Marc Schmidt)

Autor:
Marc Schmidt

Die Börsenblogger ist das einfache und direkte Sprachrohr von Journalisten und deren Kollegen, die teils schon mit jahrzehntelanger Arbeits- und Börsenerfahrung aufwarten können. Auch als professionelle Marktteilnehmer. Letztlich sind wir alle Börsenfans. Aber wir vertreten in diesem Blog auch eine ganz simple Philosophie: Wir wollen unabhängig von irgendwelchen Analysten, Bankexperten oder Gurus schreiben, was wir zum aktuellen (Börsen-)Geschehen denken, was uns beschäftigt. Das kommt Ihnen, dem Leser, zu Gute.

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30.11.2016, 7362 Zeichen

Die nächste Episode aus der Serie „Politische Verunsicherung“ steht mit dem italienischen Verfassungsreferendum am 4. Dezember kurz bevor. Die Absicht dieses Votums ist edel und gut: Eine verknöcherte Institution, Senat genannt, soll entmachtet werden, die sich im politischen Rom viel zu oft wie eine quer stehende Kuh im Stall aufführte und damit die Regierungsarbeit erschwerte. Jedoch hat Ministerpräsident Renzi den Erfolg dieser Abstimmung mit seinem politischen Schicksal verbunden. Aus einem relativ harmlosen Referendum hat er also ein hochpolitisches Renzirendum gemacht. Es ist zu einer Machtfrage zwischen dem regierenden Establishment der Euro-Befürworter und seinen oppositionellen Gegnern geworden.

Macht kaputt, was Euch kaputt macht

Überhaupt, nach dem Wahlsieg von Trump haben ihn die Referendumsgegner schnell zur Kühlerfigur auf ihrem „Fiat Populista“ gemacht. All das, was Italien schmerzt, schiebt man den Brüssel-Hörigen, den italienischen „Merkel-Marionetten“ und Kaputtspar-Verstehern in die Schuhe.

Leider ist die Liste der italienischen Schmerzen wirklich lang: Die Wirtschaft ist so schief wie der Turm von Pisa, die Banken so stabil wie Zabaglione, die Infrastruktur zerbröselt wie das Kolosseum, die Unternehmen sagen Ciao Italia, die Renten und der Arbeitsmarkt sind so wenig üppig wie eine Pizza Margherita und die Perspektive so wenig genießbar wie kalter Espresso. Ja, in Venedig tragen die Gondeln Trauer.

Italien, das Land, das Europa einst am meisten liebte, ist heute zu seinem größten Skeptiker geworden. Und so lassen die Umfragen kein positives Referendum erwarten. Bei Ablehnung wird Renzi zurücktreten und bis zu einer Neuwahl des Parlaments vermutlich im Frühjahr übergangsweise eine technokratische Regierung kommissarisch im Amt sein.

Ab 5. Dezember spricht die Finanzwelt nicht nur von Italexit

Verliert Renzi, beginnt tags darauf die incertezza italiano, die italienische Verunsicherung. Der italienische Finanzmarkt wird einen Regierungswechsel zu Parteien durchspielen, die EU, Eurozone und ihre Regeln meiden wie der Teufel das Weihwasser im Petersdom in Rom. Sowohl die selbsternannten „Trumpisti“ der Lega Nord als auch der Komiker Beppe Grillo aus der Fünf-Sterne-Bewegung sehen ihre Zeit gekommen, um in Italien aufzuräumen. Tatsächlich liegt der Witzbold in letzten Umfragen nur noch drei Prozent hinter den noch führenden Sozialdemokraten. Bei einem Wahlsieg oder einer Regierungsbeteiligung hat der Spaßvogel angekündigt, ein Referendum zum Euro-Austritt durchzuführen, der sogenannte Italexit. Das ist bei Erfolg laut italienischer Verfassung zwar nicht bindend, doch wird man die Stimme des Volkes kaum links liegen lassen können, ohne dass die Anti-Establishment-, Anti-Europa-Bewegung noch größer wird. Das hätte sich selbst Cäsar im alten Römischen Reich nicht getraut.

Am 5. Dezember mag man in Italien den Nikolaus erwarten, aber Knecht Ruprecht bekommen. Die Risikoaufschläge italienischer Staatspapiere steigen wie ein Luftballon auf dem Weihnachtsmarkt, den ein Kind nicht festhalten konnte. Und die arg Kredit Not leidenden Banken fallen an der Börse wie Blätter vom Baum. Und wenn erst einmal das Thema Italexit in aller Munde ist, wird auch die Gefahr eines bank run real. Denn viele Italiener sind massiv in Spareinlagen und Bankanleihen investiert, deren Rückzahlbarkeit dann angezweifelt wird.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt würde die Finanz-Grippe des Stiefelstaates aus Risikoangst den gesamten Club Med erfassen. Zu sehr ist man untereinander finanz- und bankwirtschaftlich verbandelt. Mitgehangen, mitgefangen! Und wirklich finanz-gesund sind die anderen ja auch nicht. Die Gefahr einer irreparablen Eurozone würde einen Finanz-Schock lostreten.

Dann kommt es zum Euro-Schwur

Italien ist also Euro-systemrelevant, nicht zuletzt wegen seiner Staatsverschuldung etwa in Höhe der deutschen bei allerdings im Vergleich nur 70 Prozent Wirtschaftsleistung. Eine ohnehin angeschossene Eurozone kann sich 2017 keine offene italienische Flanke, kein Euro-abtrünniges Italien leisten. Die dann auftretenden Zentrifugalkräfte einer Systemkrise könnten auch angesichts von drei weiteren Nationalwahlen in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland, mit Blick auf die offenen Brexit-Probleme und einer ungelösten Flüchtlingsfrage und auch noch angereichert durch den Trump’schen Poltergeist in puncto Außen- und Handelspolitik Europa zerreißen.

Ein europäisches SEK muss her und soll vor der italienischen Neuwahl vorbeugend eingreifen. So wird Deutschland Italien politisch nicht hängen, sondern mitspielen lassen. Zunächst soll eine politische Aufwertung Italiens gegenüber Deutschland die italienischen Wähler davon abhalten, ihre Wahlkreuze falsch zu setzen. Daher wird der deutsche Europa-Motor mit italienischen Reifen bestückt. Reifen sind sehr wichtig. Denn was nützt das stärkste europäische Getriebe, wenn es seine Kraft nicht auf die Straße bringen kann, Wähler nicht erreicht?

Wir haben verstanden oder der Regelbruch als politische Ausrede

Italien wird sich seine Bedeutung als Haftreibung, als Grip, noch viel teurer bezahlen lassen. Es geht um eine Revolution in der Stabilitätspolitik. Das „deutsche Spardiktat“ in Europa – früher noch Europäische Stabilitätsunion genannt – soll endgültig fallen. Ungezügelte Schuldenaufnahme und frisch, fromm, fröhliche und freie Finanzierung durch die EZB werden als strikte Bedingungen formuliert, damit Italien bis zum Wahltag, aber auch danach – die nächste Abstimmung kommt bestimmt – nicht den Euro-Schleudersitz auslöst, nicht von der blau-gelben Euro-Fahne geht.

Und es geht nicht nur um Italien. Das Land hat viele Verbündete. Auch andere Euro-Staaten sind für jede wirtschafts- und sozialpolitische Entspannung über zinsgünstige Staatsverschuldung dankbar, z.B. Frankreich. Apropos Schulden, ich erwarte, dass nach der nächsten Bundestagswahl ebenso das Thema Schuldenschnitt auf die Euro-Agenda kommt. Denn Griechenland ist als Nachbarland der Türkei in puncto Flüchtlingskrise auch so etwas wie systemrelevant. Mit diesem Pfund kann man wuchern. Um Deutschland wird es einsam. Kanzlerin Merkel sitzt allein im Stabilitäts-Haus.

Schon bislang war die EU-Kommission bei Regelverstößen von Defizitsündern eher nur verbal, nicht aber tatsächlich empört. Und ab 5. Dezember wird der stabilitätsmoralische Zeigerfinger gar nicht mehr erhoben. Das Motto wird sein: Mehr Schulden gegen links- oder rechtspopulistische „Falsch-Wähler“. Das wird der nächste Beitrag aus der Rubrik „Alternativlose Brüsseler Politik“ sein, damit die Euro-Familie auf Teufel komm raus zusammenbleibt. Der Brexit soll bloß keine Nachahmer finden.

Der Zweck heiligt die Mittel. Und was ist mit dem Europäischen Stabilitätspakt, der Bedingung dafür war, dass wir überhaupt die DM aufgegeben haben? Er ist so tot wie eine Weihnachtsgans im Backofen. Und kein Tierarzt kann das Tier jemals wiederbeleben.

Ein Beitrag von Robert Halver.

Robert Halver ist Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG. Das Haus mit Sitz in Unterschleißheim bei München ist eine der führenden Investmentbanken in Deutschland und Marktführer im Handel von Finanzinstrumenten. Halver beschäftigt sich seit 1990 mit Wertpapieren und Anlagestrategien.

Rechtliche Hinweise / Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenkonflikten der Baader Bank AG: http://www.bondboard.de/main/pages/index/p/128.

 


(30.11.2016)

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    Macht kaputt, was Euch kaputt macht

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