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America first oder die Wiedergeburt des Römischen Reichs unter „Cäsar“ Trump (Robert Halver, Marc Schmidt)

Autor:
Marc Schmidt

Die Börsenblogger ist das einfache und direkte Sprachrohr von Journalisten und deren Kollegen, die teils schon mit jahrzehntelanger Arbeits- und Börsenerfahrung aufwarten können. Auch als professionelle Marktteilnehmer. Letztlich sind wir alle Börsenfans. Aber wir vertreten in diesem Blog auch eine ganz simple Philosophie: Wir wollen unabhängig von irgendwelchen Analysten, Bankexperten oder Gurus schreiben, was wir zum aktuellen (Börsen-)Geschehen denken, was uns beschäftigt. Das kommt Ihnen, dem Leser, zu Gute.

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18.01.2017, 8372 Zeichen

Das partnerschaftliche Verhältnis der USA zu Europa läuft Gefahr, zu einer Abhängigkeitsbeziehung wie im alten Rom zu werden. Entweder man fügt sich Cäsar Trump oder er senkt den Daumen über seine Vasallen. Hinter seiner Aussage, die Nato sei hinfällig, steht insgeheim die klare Forderung an seine Schutzbefohlenen, deutlich höhere Beiträge in die Nato-Kasse zu zahlen. Als knallharter Geschäftsmann gilt bei ihm die Devise: Keine Leistung ohne Gegenleistung. Natürlich weiß Trump, dass ein politisch zerstrittener Hühnerhaufen in Europa ohne amerikanischen Beistand einem Fuchs – z.B. einem mit russischem Fell – z.Zt. wenig entgegenzusetzen hat.

Seinem zentralen Wahlversprechen ordnet Trump alles unter

Trump weiß sehr genau, was er liefern muss: Jobs, Jobs, Jobs. Ansonsten wird seine republikanische Partei bei den Halbzeitwahlen 2018 ihr Waterloo erleben. Gewännen die Demokraten aus Wählerenttäuschung die Mehrheit im Kongress zurück, würde die politische Lichtgestalt Trump gedimmt. Dann kann er ohne demokratische Zustimmung u.a. nicht jene Staatsverschuldung durchführen, ohne die seine Steuersenkungs- und Infrastrukturoffensiven nur Illusionen blieben. Ohnehin haben die Demokraten noch Rechnungen offen. Sie haben nicht vergessen, dass die Republikaner bei Gesetzesvorhaben von Barack Obama mit beiden Füßen auf der Bremse standen.

Wenn nötig wird Trump für mehr Jobs in Amerika die Tür für Handelsprotektionismus sperrangelweit öffnen. Der angeblich unfaire deutsche Exportüberschuss gegenüber den USA liefert ihm hier eine Steilvorlage. Das bekommt die klassische deutsche Exportbranche Automobile zu spüren. Ihn stört es, dass vor Häusern in New York und sogar vor seinem Caesars Palace – auch Trump Tower genannt – viele deutsche und wenige amerikanische Autos stehen. Dass dies auch etwas mit deutscher Ingenieurskunst zu tun hat, verschweigt des neuen US-Präsidenten Ignoranz. New Yorker wissen offenbar, was gut ist. Dennoch, dem Arbeitsplatzaufbau in den USA nutzt es nichts, wenn diese Autos Made in Germany oder Hecho en México sind. Also malt er schon einmal drohend Importzölle auf deutsche Autos von üppigen 35 Prozent an die Wand, wenn sie nicht Made in USA sind.

Donald Trump ist das Beste, was Theresa May passieren konnte

Mit Hard Brexit – Ausscheiden aus EU-Binnenmarkt und Zollunion – begeht Großbritannien eigentlich wirtschaftlichen Selbstmord. Aber schon ideologisch kommt Premierministerin May aus dieser Exit-Nummer nicht mehr heraus. Aber sie hat ja einen Trump(f): Der neue US-Präsident hat aus seiner Freude für die „Befreiung“ Großbritanniens aus der EU nie einen Hehl gemacht. Und er freut sich so sehr, dass sich ein neues britisch-amerikanisches Dreamteam abzeichnet, das sich wirtschaftlich gegen die EU ähnlich verbünden könnte wie damals Margaret Thatcher und Ronald Reagan militärisch gegen die Sowjetunion. Dazu zählt ein exklusives, attraktives Handelsabkommen zwischen beiden Ländern. Dies gibt London erst die Puste, diesen knallharten Brexit durchzuführen, also die rechtlichen Verpflichtungen der EU-Mitgliedschaft so umfangreich zu kappen, dass u.a. über zustimmungsfreie, autonome Steuersenkungen der britische Investitionsstandort kräftig aufpoliert wird. Unternehmenssteuern sind immer schon ein markantes Kriterium für die Güte eines Wirtschaftsstandorts gewesen, s. Irland.

Trumps verfolgt ein simples Freund-Feind-Schema: Nur seine Rendite zählt

Natürlich könnte jetzt die Rest-EU ihr Schicksal gemeinschaftlich in die Hand nehmen und ebenso Importzölle auf US-Dienstleistungen und Waren erheben und überhaupt gegen die neue angelsächsische Liebe vorgehen. Aufgrund der vielfältigen Disharmonien zwischen den EU-Staaten ist so viel Gemeinsinn jedoch nicht unbedingt zu erwarten. Übrigens, der deutsche Exportüberschuss ist nicht nur den Amerikanern, sondern auch unseren europäischen Handelspartnern ein Dorn im Auge. Er ist für viele der vermeintliche Beweis, dass nur Deutschland von Europa profitiert. Das schmälert das europäische Wir-Gefühl zusätzlich.

Und in diese Wunde hält Trump weiter seine Finger. Er glaubt, dass noch weitere Länder aus der EU austreten könnten. Scheiden aus der EU täte tatsächlich dann weniger weh, wenn Amerika ihnen jeweils mit bilateralen Handelsverträgen stützend entgegenkommt. Damit würde Trump massive Schneisen in die handelspolitischen Verteidigungslinien der EU schneiden und Europa als Gegengewicht zur Weltwirtschaftsmacht Amerika aushöhlen.

Berlin wird die deutsche Achillesferse schützen

Da vor allem Deutschland deutlich mehr in die USA exportiert als umgekehrt, schmerzt uns die Einschränkung des Freihandels auch deutlich mehr. Und wenn über ein Ping Pong des gegenseitigen Handelsprotektionismus schließlich auch noch die letzte deutsche Schraube mit amerikanischen Importzöllen belegt wird, schmelzen bei uns Arbeitsplätze so schnell dahin wie Schnee im Frühling.

Amerikanisches Erpressungspotenzial für Deutschland ist klar vorhanden. Trumpsche Schreckensnachrichten über Tweets mit maximal 140 Zeichen – wenn er sich z.B. beim Rasieren geschnitten oder schlecht geschlafen hat – werden deutschen Exportmanagern regelmäßig Angstschweiß auf die Stirn treiben. Die Redewendung „Das hat mir ein Vögelchen gezwitschert“ bekommt da schnell eine sehr makabre Bedeutung.

Die Alternative einer stärkeren handelspolitischen Verzahnung Europas mit Asien hat gewaltige Haken. Peking würde sich für die Rolle der handelspolitischen Auffangstation Europas mehr als fürstlich entlohnen lassen, z.B. mit der Genehmigung, den deutschen Mittelstand und damit sein Industrie-Know How bedingungslos aufzukaufen.

Insgesamt kann Europa und schon gar nicht die klassische Exportnation Deutschland eine handelspolitische Auseinandersetzung oder sogar einen Handelskrieg mit den USA gewinnen. Mit kaltem Realismus wird Berlin daher eine wirtschaftliche Friedensmission starten müssen. Böse formuliert: Man gibt Trump das, was er verlangt, zumindest kommt man ihm massiv entgegen. Alles andere wäre Majestätsbeleidigung und würde von Cäsar geahndet.

Da Amerika für „Feuer frei“ beim Wirtschaftswachstum steht und von deutscher Stabilitätspolitik so viel hält wie Cowboys von Soja-Steaks, wird man uns „nett“ auffordern, Griechenland und anderen Schuldnerländern in der Eurozone großzügige Schuldenerlasse zu gewähren. Hierfür plädiert bereits der IWF. Trump wird versuchen, auch noch die letzten Stabilitätskriterien der deutschen Machart zu beseitigen. Jeder weiß, dass das in Europa mehrheitlich Anklang findet.

Um dem deutschen Exportüberschuss entgegenzuwirken, wären staatliche Infrastrukturinvestitionen in die volkswirtschaftliche Substanz, in Straßen, Brücken, Energiewende, Netzausbau und Bildung geeignete Maßnahmen, von denen übrigens auch europäische Unternehmen profitierten. Das kommt der deutschen Binnenkonjunktur und dem europäischen Wirtschaftsfrieden zugute.

Auch wenn es zu keiner Liebesbeziehung kommt, wird Frau Merkel aufgrund der deutschen Abhängigkeit vom Außenhandel eine Vernunftehe mit Trump eingehen müssen.

Exportunternehmen erkaufen sich die handelspolitische Absolution

Die Drohung Trumps, amerikanische Importzölle von 35 Prozent auf deutsche Autos einzuführen, hat in den Vorstandsetagen hinter vorgehaltener Hand durchaus für Schnappatmung gesorgt. Bei derart verteuerten Importautos würden sich viele Amerikaner tatsächlich für „Buy America“ entscheiden. Um diesem Exportalptraum zu entgehen, wird auch die deutsche Unternehmerschaft versuchen, die Gunst Cäsars zu erlangen. Die Autokonzerne werden mehr in den USA produzieren und damit Trumps Herzenswunsch entsprechen, mehr Jobs zu schaffen.

Opportunismus und vorauseilender Gehorsam werden wie im Römischen Reich leider wieder hoffähig. Weder Makro- noch Mikro-Deutschland werden gegenüber Cäsar Trump die Rolle des Brutus spielen.

Inoffiziell mag Trump zwar auf vielen Wurfscheiben hängen, offiziell werden aber viele sagen: Salve Cäsar!

Ein Beitrag von Robert Halver.

Robert Halver ist Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank AG. Das Haus mit Sitz in Unterschleißheim bei München ist eine der führenden Investmentbanken in Deutschland und Marktführer im Handel von Finanzinstrumenten. Halver beschäftigt sich seit 1990 mit Wertpapieren und Anlagestrategien.

Rechtliche Hinweise / Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenkonflikten der Baader Bank AG: http://www.bondboard.de/main/pages/index/p/128.

 


(18.01.2017)

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