18.08.2017, 3933 Zeichen
Ich habe eben einmal nachgeschaut, wann ich Air Berlin Short-Zertifikate gekauft hatte. Das war 2013. Schon damals war mir die schlechte wirtschaftliche Lage des Unternehmens aufgefallen.
Ich verkaufte damals mit kleinem Gewinn und engagierte mich danach nicht mehr bei Air Berlin. Vielleicht auch, weil ich es für mein Seelenheil lieber mag, zu profitieren, wenn ein Unternehmen wächst und gedeiht und nützliche Dienste anbietet – als zu profitieren, wenn eine Unternehmung den Bach runtergeht. Aber was ich damit sagen will:
Air Berlin (WKN: AB1000 / ISIN: GB00B128C026) hat massive Probleme, und das seit Jahren. Das zeigt doch schon der Blick in die Zahlen zum ersten Quartal 2017. Da wurde ein Verlust pro Aktie von 2,57 Euro erzielt. Und das bei einem Aktienkurs unter 1,00 Euro! Dieser massive Verlust hatte sich zudem im Jahresvergleich auch noch vergrößert (Verlust pro Aktie erstes Quartal 2016: 1,62 Euro).
Air Berlin: 2018er Anleihe bricht auf unter 10% des Nominalwertes ein
So lange der Großaktionär Geld nachschoss, ging es eben weiter. Doch aus eigener Kraft ging es eben nicht, wie die horrenden Verluste zeigten. Ich denke da an eine ganz einfache Grundlage: Wenn etwas nicht aus eigener Kraft für immer fortbestehen kann, dann wird es das auch nicht. Und genauso ist es eben hier gekommen: Der Großaktionär will offensichtlich nicht länger für die massiven Verluste aufkommen. Wer will ihm das übelnehmen? Die Folge kann nur sein: Feierabend.
Natürlich ist das für die Betroffenen alles andere als erfreulich. Doch so geht es eben nicht weiter. Und wer weiß, ob Unternehmensteile und auch Beschäftigte übernommen werden. Was ich aber daneben finde: Die Bundesregierung hat Air Berlin nach Beantragung der Insolvenz über die KfW einen Kredit über 150 Mio. Euro gegeben. Das sieht nach Wahlgeschenk aus – wer will Bilder von an Flughäfen fest sitzenden Urlaubern?
Doch was ist das? Laut Zahlen zum 1. Quartal hatte Air Berlin liquide Mittel („Bankguthaben und Kassenbestände“) von 141,4 Mio. Euro. Seitdem ist natürlich viel Geld „verbrannt“ worden, doch wohl kaum die gesamten liquiden Mittel? Sprich: Die Durchführung von Flügen mit gebuchten Plätzen hätte doch noch einige Wochen möglich sein müssen, zumal bei einer Insolvenz in Eigenverwaltung? Was die 150 Mio. Euro Kredit betrifft: Na, ob wir (bundesdeutsche Steuerzahler/innen) die wiedersehen?
Ich kenne die Konditionen des Kredits nicht und weiß insbesondere nicht, in welchem Rang der Kredit zu den anderen Verbindlichkeiten von Air Berlin steht. Eben habe ich jedenfalls mal nachgeschaut, zu welchem Kurs die Air Berlin Anleihe mit Laufzeit bis 2018 und 8,25% Kupon steht. Die ist erwartungsgemäß eingebrochen, auf knapp 10% des Nominalwertes. Ob es da ein Zehntel des Nominalwertes (= Quote in dieser Höhe) geben wird? Derzeit völlig offen!
Als Steuerzahler finde ich es jedenfalls keineswegs korrekt (im kleineren Kreis würde ich andere Worte verwenden), einem offensichtlich nicht nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen nach dem Insolvenzantrag einen Kredit über 150 Mio. Euro zu geben.
Und hier noch das Zitat zum Tag:
„Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit. Beim Universum bin ich mir aber noch nicht ganz sicher.“ – Albert Einstein
Ein Beitrag von Michael Vaupel
Michael Vaupel, diplomierter Volkswirt und Historiker (M.A.), Vollblut-Börsianer. Nach dem Studium Volontariat und Leitender Redakteur und Analyst diverser Börsenbriefe (Emerging Markets, Internet, Derivate, Rohstoffe). Er ist gefragter Interview- und Chatpartner (N24, CortalConsors). Ethisch korrektes Investieren ist ihm wichtig.
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Wiener Börse Party #636: Marcel Hirscher läutet wieder die Opening Bell und ich denke dabei an Palfinger und Raiffeisen
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