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Interview mit Andreas Brandstetter, Uniqa (Transkript boersenradio)

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boersenradio.at: UNIQA, eine Versicherung fürs Leben – darf ich sagen: Von der Geburt bis zur Bahre?

Brandstetter: Hm, ja, dürfen Sie sagen. Wir sind ein sogenannter typischer Kompositversicherer, das heißt, wir bieten alle Geschäftsfelder an: Gesundheit, Leben, P&C-Bereich und das für alle Geschäfts- und Firmen- und Privatkunden in 18 Ländern Europas.

Was bieten Sie denn für die Geburt an? Denk freie Auswahl? Sie machen grad Werbung mit so einem süßen Baby …

Es heißt „Denk freie Arztwahl“, das heißt Einzelzimmer und es soll suggerieren, dass ein Baby namens Max seinen Eltern verwundert Ratschläge erteilt, warum sie sich nicht schon vor seiner Geburt sich überlegt haben, wie sie am besten mit ihm umgehen, wie sie ihn am besten absichern ab dem Moment, wo er das Licht der Welt erblickt hat.

Tja, kommen wir zur Bahre. Was gibt’s da für Produkte?

Brandstetter: Naja, hoffentlich eine für den Kunden möglichst lange die Pflege umfassende Pflegeversicherung, eine Krankenversicherung, eine Lebensversicherung und selbstverständlich jede Art von Zuhause-Versicherungen aber auch Betriebsabsicherungen.

Kommen wir zu den Fragen. Weg von den Kunden, hin zu den Aktionären. Sie haben ja starke Kapitalquote und eine hohe Dividendensicherheit, nenne ich‘s mal. Wo liegt diese?

Wir haben vor fünf Jahren uns die Strategie gegeben, dass wir auf Basis einer exzellenten Kapitalbasis, die wir uns nachhaltig und stufenweise mühsam erarbeitet haben - wir sind derzeit bei 215 Prozent Kapitalquote nach Solvency II ohne irgendwelche Übergangsfristen, was europaweit eindeutig im obersten Drittel ist - das wir auf dieser Basis von sauberer Cash-Flows aus unseren 18 operativen Versicherungsgesellschaften jedes Jahr eine absolut steigende Dividende pro Aktie an unsere Aktionäre ausschütten wollen, das haben wir in den letzten Jahren umgesetzt, sind auch für 2017 durchaus optimistisch und sind bei einer Dividenden-Rendite von knapp unter sechs Prozent Spitzenreiter an der Wiener Börse.

2017 könnte gut verlaufen. H1 2017: Ergebnis von Steuern plus zehn Prozent, fast 100 Millionen, also gerundet 95,5, gestiegen. Wo kommt das starke Wachstum her?

Es kommt aus beiden unseren Kernmärkten. Das heißt, sowohl aus Österreich als auch aus Osteuropa. In beiden Ländern haben wir makroökonomischen und konjunkturellen Rückenwind. Wir haben in Österreich de facto eine Vollbeschäftigung und auch die Versicherungsmärkte Osteuropas ziehen wieder an. Das heißt, Menschen haben einen Bedarf nach Versicherungen, Menschen kaufen unsere Produkte.

Braucht man dazu Wirtschaftskraft?

Auch. Menschen – gerade in Osteuropa – würden gegebenenfalls am ehesten dort sparen, wo es sie es nicht fürs tägliche Leben brauchen; das wäre wohl wahrscheinlich Versicherung. Wenn etwas mehr Geld im Hosensack bleibt, dann steigt die Bereitschaft nach persönlicher Absicherung der eigenen Familie zu verwenden.

Schäden können kommen. Was haben Sie denn für eine Schaden-Kosten-Quote?

Die hat sich Gott sei Dank die letzten Jahre deutlich nach unten bewegt. Wir sind derzeit so um rund 97 Prozent, kamen immer jenseits der 100 Prozent und das Ziel ist hier 95 Prozent im Jahr 2020 nachhaltig zu senken.

Wo und wie sind Sie eigentlich rückversichert?

Wir haben einerseits eine eigene Rückversicherungsgesellschaft in Zürich, die alle Rückversicherungsaktivitäten unserer 18 europäischen Länder zentral bündelt. Und diese Rückversicherungsgesellschaft, dieses Capital? Competal?-Center (Min 3:53) in Zürich, die arbeiten dann wieder sehr stark mit den Ihnen bekannten Namen einer Munich Re einer Swiss Re, einer Scor, also den globalen Top-Playern.

Was haben Sie eigentlich derzeit an Reserven?

Wenn Sie Access-Capital meinen, dann sind das doch einige 100 Millionen mittlerweile, wo wir uns überlegen, wie wir die Investings (Min 4:10) verdienen bringen. Was uns gefallen würde, wäre eine signifikante Akquisition in unseren beiden Kernmärkten Österreich und/oder Osteuropa zu tätigen. Das heißt, wir sind ja immer am Sondieren der Märkte. Was wir auf keinen Fall wollen, dieses Kapital sozusagen ohne Return herum liegen zu lassen. Also da werden wir im Lauf der nächsten paar Monate hoffentlich mit einer klaren Aussage auf unsere Investoren zukommen können.

Ok. Das ist ja das Kernproblem, das hier alle besprechen. Wir sind ja auf der Gewinn-Messe und jeder hat so das klassische Problem: Wohin mit Geld? Die UNIQA hat ja jetzt ein Kapitalanlage-Ergebnis, das ist bei 7,5 gesunken auf um die 230 Millionen Euro, 233 glaub‘ ich. Die Privatperson hat das Problem: Wohin mit dem Geld? Wie lösen Sie als Versicherer das Zinsanlage-Problem?

Wir sehen das Niedrigzinsumfeld, von dem wir glauben, dass es uns mittelfristig erhalten bleiben wird, als ganz große Chance, weil wir gefordert sind und uns aufs Kerngeschäft, auf die Kernkompetenz als Erstversicherer zu konzentrieren und uns nicht von Ergebnissen im Bereich der Kapitalveranlagung zu sehr abhängig zu machen. Was wir gemacht haben ist, dass wir gesagt haben, dass ursprünglich 15 Milliarden Euro schwere Buch an Lebensversicherungen, das wollen wir so behandeln, dass wir ohne Zweifel alle Verbindlichkeiten gegenüber unseren vielen Millionen Kunden abdecken können. Also wir haben den klassischen ALM-Matching-Ansatz gefahren, was Sicherheit für den Kunden bietet.

Da bräuchten Sie keine Rückversicherung …

Ja, natürlich. Auf der anderen Seite im Finanzanlage-Ergebnis spüren, denn riskante Abenteuer, die gibt es bei uns definitiv nicht. Ja, wie Sie gesagt haben, die Renditen insgesamt gehen zurück. Wir bauen neue Asset-Klassen auf, wie viele Versicherer. Wir investieren zum Beispiel in Infrastruktur, haben zuletzt die Refinanzierung des Flughafens in Budapest in Ungarn übernommen oder investieren in slowakische oder französische Autobahnen. Also wir versuchen aktiv zu sein, nicht zu schlafen aber nie im Sinne des riskanten Abenteuers zu Lasten unserer Kunden.

Was haben Sie noch für eine Aufgabe als Versicherung? Banken und Versicherungen unter Druck … man muss sich ja fast neu erfinden. Digitalisierung, Regulierung, Null-Zinsen, FinTechs Come-In (Min 6:25). Technologiekonzerne bieten Bank- und Versicherungsgeschäfte an. Auf der anderen Seite: Spannend, zum Beispiel der EG-Chef sagte er will seine Bank zum Technologiekonzern machen. Welchen Weg müssen Sie gehen?

Um uns zu einem umfassenden Service-Provider für bestimmte oder in bestimmten Öko-Systemen zu entwickeln, der Risikotarif-Anbieter, den wir heute darstellen, der wird in einigen Jahren definitiv entweder stark geschrumpft oder möglicherweise komplett marginalisiert sein. Das heißt, dass wir Versicherungslösungen oder Servicelösungen abseits der Versicherung, quasi mehr als eine Versicherung, unseren derzeit rund 10 Millionen Kunden in 18 Ländern anbieten, das ist der Weg, den wir gehen wollen.

Hätten Sie dafür ein Beispiel was Sie damit anbieten - abseits des normalen Weges?

Krankenversicherungen, zum Beispiel. Gesundheitsversicherungen. Wir sind der führende Gesundheitsanbieter in Österreich. Wir haben einen Markanteil im Bereich der privaten Krankenversicherung von fast 50 Prozent. Und hier bieten wir eben - wie mit der neuen Werbelinie Baby Max – unseren Kunden an: Service in eigenen Spitälern, ein eigenes medizinisches Call-Center, Vital-Coaches im Sinn der Prävention. Also wir versuchen nicht nur Risikotarife anzubieten, sondern das Thema „Gesundheit“ generell dem Kunden abzunehmen. Hier die erste Adresse für Servicierung und Beratung zu sein und ich glaube, dass sich diese Entwicklung im Lauf der nächsten Jahre noch deutlich forciert weiterbewegen wird.

Ich glaube, Sie können sich mal mit Herrn Sturm treffen, also dem Chef von Fresenius, der hätte da wahrscheinlich auch ein paar Ansätze dazu. Spielen wir mal „Blick in die Zukunft – 20 Jahre voraus“: Wie sieht der Vertrieb für Versicherungsprodukte in den nächsten 20 Jahren aus? Online über Facebook? Per Videokonferenz? Big-Data-Analysen der Kunden? Den Bedarf sehen, den der Kunde noch gar nicht hat? Oder doch letztendlich das persönliche Gespräch?

Ja, es wird wohl alles das sein, was Sie gerade erwähnt haben. Das heißt, es wird natürlich sehr viel über digitale Medien stattfinden. Möglicherweise über digitale Medien, die es heute noch gar nicht gibt, sogar sehr wahrscheinlich. Aber andererseits wird es immer sowohl für Privat- als auch für Firmenkunden Bereiche geben, die eine extrem hohe Beratungskompetenz brauchen. Also wir sind nicht unter denjenigen einzuordnen, die sagen: ,Ein klassischer Vertrieb, ein klassischer Außendienstmitarbeiter, ein klassischer Broker, eine klassische Bankberatung wird es so nicht mehr geben.‘ Das halte ich für Unsinn. Die wird es immer für bestimmte Kunden geben. Was neu für uns ist: Die Kundin/der Kunde lässt sich von ihrer oder seiner Versicherung nicht mehr so wie früher sagen, wann und wo sie oder er Versicherungen abzuschließen hat. Es ist wirklich „Kunde an die Macht.“ Das ist eine schmerzvolle, aber auch bitter, bitter notwendige Erfahrung für uns Versicherungen, die im Bereich der Qualität, der Serviceorientierung ohnedies in vielen Bereichen hinter anderen Branchen nachhinken.

Ein Thema möchte ich noch aufgreifen. Sind Lebensversicherungen/Kapitallebensversicherungen tot oder wird es da eine Renaissance geben, falls es wieder eine EZB-Zinsänderungspolitik gibt?

Wir bieten als einzige Versicherung Österreichs seit dem letzten Jahr klassische Lebensversicherung an mit null Prozent Kapitalgarantie und die Kommentare des Mitbewerbs am Beginn waren sehr skeptisch bis höhnisch. Getreu dem Motto: „Das Ding werdet ihr nie verkaufen“. Wir haben bis jetzt mehr als 120.000 Stück von diesen sogenannten „Totgeburten“ im Bestand. Das sind Produkte mit Laufzeiten von 30 Jahren. Das sind junge Menschen, junge Familien, die sich absichern. Die zahlen im Jahr zirka 800 bis 1000 Euro durchschnittlich Prämie und warum ich das sage, ist: Bei entsprechender Beratung, bei entsprechender Aufklärung lassen sich auch Produkte, die auf den ersten Blick nicht über die Rendite oder auf die Rendite bezogen attraktiv sind, die lassen sich sehr wohl verkaufen, da muss man sehr genau dem Kunden sagen, was sie oder er zu erwarten haben. Wenn der Kunde Rendite jagt, wenn er Yield jagt, dann möge sie oder er dieses Produkt nicht kaufen. Also um Ihre Frage zu beantworten: Ich glaube, die Branche hat gelernt - das ist meine große Hoffnung – und wir schauen ganz stark drauf, die Produkte zu verkaufen, wo man unsere Kunden auch noch in fünf, zehn oder 20 Jahren in die Augen schauen kann.

Ja, vielen Dank für den Einblick in die UNIQA. Erstes Quartal H1 plus zehn Prozent, fast 100 Millionen. Geben Sie schon eine Prognose für das Gesamtjahr raus?

Wir werden das Ergebnis 2016, das war ja unser Ziel, wenn nichts Dramatisches im Lauf der nächsten Wochen passiert, übertreffen und damit sollte es wieder einen Sprung in der Dividende, eine sehr attraktive Dividenden-Rendite für unsere Aktionäre geben.

Herr Doktor Brandstetter, Danke.

Brandstetter: Ich danke Ihnen.

Hinweis: Audio unter http://www.wienerborse.at (barrierefrei, Österreich) bzw. http://www.boersenradio.at (Login, Komplett-Feed).



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Beitrag von boersenradio.at



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