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Zum Weltspartag: Understanding Wiener Börse by Alois Wögerbauer

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Börsejahrbuch-Intro: Talk mit Alois Wögerbauer, Manager des stärksten Österreich-Fonds der vergangenen Dekaden, über Struktur, Besonderheiten, Chancen & Risken am Wiener Markt.

Wir sprechen hier im Intro für eine Art Börsejahrbuch für Österreich. Es ist ein Comeback nach 15 Jahren. Früher war Derartiges groß aufgezogen, das ist freilich in der Internet-Ära nicht mehr notwendig, aber einen Überblick über die wichtigsten Aktiengesellschafen wollen wir geben. Danke für den Support. Einstiegsfrage: Habt Ihr die alten Börsenjahrbücher noch gesammelt aufliegen?

Alois Wögerbauer: Leider nein. Im Lauf vieler Jahre und zweier Umzüge in neue Büros geht vieles, was nicht digitalisiert ist, verloren.

… okay, welche Kennzahlen je Unternehmen dürfen auf keinen Fall fehlen?

Ein Börsejahrbuch sollte vor allem auch die Interessen der Kleinanleger ansprechen. Noch wichtiger als Kennzahlen ist ein guter Überblick, was das Unternehmen macht, wie sich die Umsätze aufteilen, in welchen Regionen man tätig ist. So kann der interessierte Leser Chancen und Risiken erkennen. Bei den Kennzahlen sollte man sich auf der klassischen Ebene bewegen.

Dann beginnen wir mal mit dem Markt. Der ATX hat 20 Werte. Was sind die Besonderheiten dieser Zusammensetzung?

Es gibt zwei Besonderheiten, die man bedenken muss. Erstens ist die Zusammensetzung sehr konzentriert, Titel wie ERSTE oder OMV sind mit jeweils deutlich über 10 % gewichtet. Zweitens ist die Zusammensetzung sehr von zyklischen Titeln geprägt. Wir haben in Wien eben keine Nestle, keine Novartis und keine SAP. Wir haben vor allem Finanz, Immoblien, Energie, Industrie. Dies führt dazu, dass die konjunkturelle internationale Wetterlage in Wien immer wieder deutlicher durchschlägt als an anderen Börsen - allerdings in beide Richtungen, das ist wichtig.

Und der ATX ist Teil des ATXPrime. Welche Besonderheiten gibt es bei den kleineren Titeln, die Prime sind?

Wir betreiben Stock-Picking - die Indexgewichtungen sind daher nicht so wesentlich. Bei kleineren Titeln sind vor allem die Liquidität und Handelbarkeit ein zentrales Thema - im übrigen die größte Herausforderung für die Börse überhaupt. Wir brauchen als Fondsmanager oft für die Umsetzung der Order länger als für die Generierung der Idee - das ist nicht gut.

Ein Fondsmanager unterliegt strengen Regeln bzgl. Gewichtung & Co. Worauf muss man beim ATX oder ATXPrime als Benchmark besonders achten?

Haupt-Herausforderung sind OMV und ERSTE Bank mit Gewichtungen von deutlich über 10 %. Das Investment-Fondsgesetz lässt aber bei Publikumsfonds maximal ein 10 %-Investment in einen Titel zu. Daher ist man bei einem Publikumsfonds automatisch in diesen Titeln untergewichtet - das ist vor allem dann unangenehm, wenn man für diese Aktien optimistisch ist. Insgesamt bin ich aber vom Sinn der Diversifikation überzeugt, das Investmentfondsgesetz macht daher in dieser Form Sinn. Man muss nur bei Vergleichen mit den Indexfonds sich dieser Tatsache bewusst sein.

Gibt es Eurer Meinung nach saisonale Zyklen am Wiener Markt, die man als Anleger nützen kann? Ich denke da an Jahresauftakt, Bilanz- und Dividendensaison, Sommerloch, Jahresend-Effekte ...

Mag sein - ich weiß es nicht und verwende wenig Zeit dafür. Die Jahresendrallye findet statt - oder ebenso wie 2018 nicht. Wenn man an einem Unternehmen beteiligt ist, das man versteht, das erfolgreich ist und gut geführt wird, dann werden alle diese saisonalen Effekte am Ende des Tages egal sein. Unsere Denke ist die eines strategischen Investors.

Merkt man zum Jahresende hin an den Orderbüchern, dass Privatanleger ihren KESt-Ausgleich im Fokus haben?

Ich denke nicht. Dazu ist der Anteil der Privatanleger im Vergleich zu den nationalen und internationalen Institutionellen Anlegern ganz einfach zu gering.

Es gibt Aussagen, dass die Tagesbewegungen der 10 größten Austro-Unternehmen von den Institutionellen gemacht werden, jene der kleineren von den Privatanlegern. Hat das etwas Wahres?

Da steckt sicher Wahrheit dahinter. Profis mit höheren Volumina können sich aufgrund der schlechten Liquidität in kleineren Titel immer schwerer bewegen. Die Gesetzeslage hat dies leider in den letzten Jahren sogar noch verstärkt, da man als Profi rasch marktbeeinflussend sein kann, was Probleme schafft.

Themawechsel in Richtung Research: Wie ist das Research-Angebot über österreichische Aktien einzuschätzen? Wie setzt das ein Fondsmanager ein, der ja sicher auch selbst recherchiert.

MIFID hat dazu geführt, dass der Umfang an Research tendenziell abnimmt. Ein guter Fondsmanager sollte aber ohnehin eine eigene Meinung haben und nicht das kaufen, was ihm der Broker am Telefon gerade vorschlägt. Wichtig ist aber, die jeweiligen Researchmeinungen zu kennen - wir screenen das sehr sorgfältig. Denn dann kennt man die Konsenserwartung des Marktes - und wenn dieser Konsens von der eigenen Meinung abweicht, dann kann man gut aktive Positionen eingehen. Der Konsens hat oft nicht recht.

Kann man sagen, dass man in Wien Charttechnik-Effekte bemerkt? Beispielsweise, wenn ein Index mit dem MA300 clincht?

Auch hier. Mag sein - ich weiß es nicht und verwende wenig Zeit dafür. Wenn ich in den richtigen Unternehmen investiert bin dann bringt mir die 200-Tages-Linie des Index keine neuen Erkenntnisse.

Sind Stop-Loss Orders am Wiener Markt sinnvoll?

Gedanklich sind Stop-Loss-Orders immer sinnvoll. Man sollte diese Orders aber nicht an der Börse in Wien als klaren Auftrag platzieren. Das ist brandgefährlich - man ist rasch ausgestoppt und schaut dann eventuell zu, wie der Kurs sich rasch wieder erholt.

Wie kann man sich sonst absichern? Terminmarkt gibt es ja defacto keinen?

Man kann sich als Fonds mit aktiven Gewichtungen nicht wirklich gut absichern. Man ist investiert - oder eben nicht. Unser Österreich-Fonds hat seit Gründung vor 17 Jahren noch kein Derivat gesehen.

Wie sieht es mit den Aktien, die nicht ATXPrime sind, aus? Kommen die für einen Fonds ebenfalls in Frage?

Wir haben als Definition für unseren Österreich-Fonds festgelegt, dass wir nur in östereichische Unternehmen investieren. Daher können wir auch außerhalb des ATX-Prime kaufen - und eben auch Titel wie KTM, ATS oder S&T, die in Zürich oder Frankfurt notieren.

Was rät man einem Menschen, der mit dem Einstieg in den österreichischen Markt beginnen möchte?

Er soll es als strategisches Investment über Jahre sehen und nicht als Trading für wenige Wochen. Und dann sollte er sich einen guten Fonds suchen und in eben diesen jeden Monat den Betrag investieren, den er abzweigen kann. Dann wird ihn die Schwankung weniger stören - und die aktuelle Dividendenrendite von 4 % wird einen soliden, laufenden Ertrag darstellen. 

Wie politisch ist die Wiener Börse? Ist Trump wichtiger als Kurz für die Kurse in Wien?

Trump ist klar wichtiger als Kurz - was aber nicht an einem Ranking von Politikern liegt. Die an der Wiener Börse notierten Unternehmen sind in neun von zehn Fällen klar international, die Weltkonjunktur ist deutlich wichtiger als das heimische BIP.

Zum Fonds: Den 3 Banken Österreich Aktienfonds - gegründet Ende Oktober 2002 - gibt es jetzt knapp 17 Jahre, die Performance beträgt (Stichtag 30.9.) seit Auflage beachtliche 10,82 Prozent per anno, die Outperformance zum Markt ist nachhaltig. Mit welcher Strategie erreicht man langfristig solche Werte?

Eben mit jener Strategie, die in den Fragen vorher geschildert wurde. Eine eigene Meinung haben und nicht das nachplappern, was alle Broker sagen. Denken wie ein strategischer Investor und nicht wie ein Händler. Und die Zeit dafür verwenden, die Unternehmen zu verstehen - und sich nicht mit Indexgewichtungen, saisonalen Effekten oder 200-Tageslinien beschäftigen.

Euer Volumen zum Stichtag beträgt ca. 175 Mio. Euro. Um wie viel leichter wäre es mit einem Fonds, der zB nur 1/10 dieses Volumens hat, in Wien zu agieren. Was ginge besser? Bzw. auch etwas nicht so gut?

Es wäre leichter, weil man sich einfacher bewegen könnte, kleinere Titel höher gewichten könnte und damit die Meinung noch stärker umsetzen könnte. Dennoch wünsch ich es mir nicht :-).

Ich möchte bewusst jetzt gar nicht so auf aktuelle Chancen und Einzeltitel eingehen, die Fondszusammensetzung kann man sich laufend im Internet ansehen, und für das monatliche Fondsjournal habe ich Euch einen Sonderpreis im Rahmen des „Novomatic Smeil Alps 19“ gegeben. Aber: Als Stockpicker habt Ihr natürlich aktive Wetten in Über- und Untergewichtung. Wie oft ändert sich da das große Bild? Wie schnell hat es sich rückwirkend geändert? Ich meine zB, wenn sich Ungleichgewichte durch Marktbewegungen relativieren oder eine Branche durch Regulierung zum Don`t wird ...

Das Bild ändert sich laufend je nach internationaler Wetterlage - aber es ändert sich selten bis nie abrupt. Die EZB-Politik hat die Immo-Aktien in den vergangenen Jahren immer mehr zur logischen Geschichte gemacht - und am Ende waren eben CA-Immo, Immofinanz und S-IMMO in den Top-Holdings. Will man eher defensiver sein, dann wird die Gewichtung von Titeln wie Post oder Mayr-Melnhof höher sein. Glaubt man an eine Konjunktur­erholung, wird man voestalpine oder Palfinger hochfahren. Und bei AT&S und ams  muss man sowieso einen sehr klaren Blick nach China & Co. haben. Es ist also immer eine Kombination aus Einzeltitelanalyse und globaler Großwetterlage.

Interview: Christian Drasti  Fotos: Josef Chladek

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