13.05.2025, 9903 Zeichen
Wien (OTS) - Der Handel ist in Österreich einer der größten
Wirtschaftssektoren
und mit mehr als 700.000 Beschäftigten größter Arbeitgeber des
Landes. Der private Konsum trägt rund 50% zum Bruttoinlandsprodukt
bei. Welche Produktgruppen die Privatausgaben im stationären
Einzelhandel sowie im Onlinehandel aktuell antreiben und wie sich die
Inflation auf das Konsumverhalten auswirkt, zeigen die brandneue
Jahresbilanz "Österreichs Handel in Zahlen. Austria Goes Shopping"
von Handelsverband und KREUTZER FISCHER & PARTNER sowie die HV-
Händlerbefragung Q2/2025 .
Zwtl.: Kauflaune tritt auf der Stelle: reale Haushaltsausgaben
stagnieren auf Vorjahresniveau
Wie die detaillierten Zahlen von KREUTZER FISCHER & PARTNER
zeigen, ist dem Handel das erhoffte Comeback im Jahr 2024 noch nicht
ganz geglückt. Im Vergleich zum ebenfalls holprigen Jahr 2023 stiegen
die einzelhandelsrelevanten Ausgaben der privaten Haushalte (ohne Kfz
) im letzten Jahr zwar um insgesamt +1,7% (nominell) auf 78,5 Mrd.
Euro (2023: 77,2 Mrd. Euro). Real (inflationsbereinigt) stagnierte
die Nachfrage damit allerdings knapp unter dem Vorjahresniveau.
"Die Haushaltsausgaben der Österreicherinnen und Österreicher
haben einen starken Wandel durchlaufen – weg vom klassischen
Warenkauf, hin zu Erlebnissen, zu gesundheitsbewusstem Konsum und zum
Verleihgeschäft. Kaufentscheidungen werden von A bis Z digital
beeinflusst", erklärt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will die
zentralen Erkenntnisse der Studie.
In den Hochinflationsjahren 2022 und 2023 waren viele
Österreicherinnen und Österreicher wegen der gestiegenen Preise für
Strom, Treibstoff und Mieten dazu gezwungen, bei ihren Einkäufen zu
sparen. Diese Tendenz hielt auch 2024 noch an.
Zwtl.: Entwicklung der Haushaltsausgaben 2024 (nominell) in
ausgewählten Warengruppen:
-
Lebensmittel: +4,6%
-
Medikamente & Drogeriewaren: +3,9%
-
Bekleidung & Schuhe: +0,8%
-
Einrichtung & Hausrat: -5,4%
-
Elektrogeräte: -0,6%
-
Sportartikel: +0,5%
-
Garten & Pflanzen: -2,4%
Zwtl.: GenZ befeuert Longevity- und Sober Curious-Trend
Signifikant positive Entwicklungen verzeichneten im Einzelhandel
u.a. Computer-/Videospiele (nominell +19,5%), alkoholfreie Getränke (
+8,4%) und Kosmetik/Parfums (+5,6%). Auch der Sportgeräteverleih
konnte nach einem Plus von 11,7% in 2023 im Vorjahr erneut um starke
15,6% zulegen. Hauptverantwortlich dafür sind der boomende Tourismus
und der Trend zu „Mieten statt Kaufen“.
"Der starke Zuwachs bei alkoholfreien Getränken wurde nicht nur
vom heißen Sommer und dem Besucherrückgang in der Gastronomie
befeuert, sondern auch vom Alkoholfrei-Boom in der GenZ. Wenn wir uns
den Bereich der Drogeriewaren genauer ansehen, dann hat sich hier die
Körperpflege mit 4% spürbar dynamischer entwickelt als
Reinigungsmittel und Papierwaren mit 3,4%. Hier spielen auch
längerfristige Entwicklungen herein: Parfums oder dekorative Kosmetik
haben während der Pandemie und durch Entwicklungen zu mehr ‚Home‘ und
weniger ‚Office‘ bzw. weniger Öffentlichkeit gelitten und erholen
sich nun wieder" , so Andrea Hiotu , Mitglied der Geschäftsleitung
von dm drogerie markt Österreich.
Bei Nahrungsergänzungsmitteln wirkt sich der Longevity-Trend ,
also die gezielte Verlängerung der qualitätsvollen Lebensspanne der
Menschen, stark auf das Ausgabeverhalten der Privathaushalte aus.
Innerhalb der letzten zehn Jahre sind die Ausgaben für
Nahrungsergänzungsmittel um 60% angestiegen. Es geht nicht mehr nur
darum, möglichst alt zu werden, sondern möglichst gesund zu altern.
Zwtl.: Dienstleistungssektor wächst dynamisch
Die Ausgaben der Österreicher:innen für Urlaub und Freizeit sind
2024 erneut stark nach oben geklettert, konkret um 5%. Jene für
persönliche Dienstleistungen sogar um 11,4%. Generell ist eine
deutliche Verschiebung der Konsumausgaben in Richtung Tourismus und
Freizeit zu bemerken.
"Das Konsumverhalten hat sich deutlich verlagert, weg vom
klassischen Produktkauf im physischen Geschäft hin zu Aktivitäten und
Erlebnissen sowie zum eCommerce. Während die Investitionen in die
Wohnraumbeschaffung im Vorjahr um 2,8 Prozent sanken, stiegen die
Ausgaben für Reisen, Freizeit und Mobilität um 4,3 Prozent",
bestätigt Studienautor Andreas Kreutzer , Geschäftsführer von
KREUTZER FISCHER & PARTNER.
Das spiegelt sich auch im 5-Jahres-Vergleich wider. "Von 2020 bis
2024 hat der stationäre Handel preisbereinigt ganze 2,7 Prozentpunkte
an Haushaltsausgaben eingebüßt. Der Onlinehandel konnte hingegen beim
Marktanteil um 0,1 Prozentpunkte zulegen. Über alle Warengruppen und
Vertriebskanäle hinweg liegt der österreichische Handel damit
inflationsbereinigt noch immer deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau
von 2019" , sagt Handelsverband-Vizepräsident Norbert W. Scheele ,
der auch bei der Modekette C&A im Management tätig ist.
Zwtl.: eCommerce: Onlinequote erreicht neues Allzeithoch von 12,3% –
Temu & Shein als Nutznießer
Der Onlinehandel darf sich hingegen über ein kräftiges Wachstum
freuen. "Die eCommerce-Ausgaben der österreichischen Privathaushalte
sind 2024 nominell um 2,9 Prozent auf 9,6 Milliarden Euro
angewachsen. Die Onlinequote , also der Anteil des eCommerce an den
gesamten Ausgaben im Einzelhandel, steigt damit auf ein neues All-
Time-High von 12,3 Prozent" , so Andreas Kreutzer .
"Die Mehrausgaben der heimischen Konsumenten im Onlinehandel sind
im Vorjahr durch das Vollzugsdefizit fast gänzlich an
Drittstaatenhändler abgeflossen. Fernost-Plattformen wie Temu oder
Shein haben davon profitiert. Beide Plattformen konnten sich 2024
erstmals einen Platz unter den Top 10 der umsatzstärksten
Onlinehändler in Österreich sichern. Hierzulande hat bereits jeder
Zweite der unter 27-Jährigen bei den chinesischen Onlinediskontern
bestellt" , bestätigt Handelssprecher Rainer Will .
Zwtl.: Die Paketlawine rollt: B2C-Zustellungen wachsen um +11,2% auf
fast 225 Mio. Pakete
Interessant ist auch ein Blick auf die Entwicklung des heimischen
Paketmarktes . Dieser konnte nach einer Stagnation 2022 in den
letzten beiden Jahren wieder jeweils zweistellig zulegen – um +11,4%
in 2023 und um +11,2% in 2024. "Im Vorjahr wurden damit
österreichweit fast 225 Millionen Versandpakete im B2C-Bereich
zugestellt. Dieses Wachstum wird ebenfalls fast ausschließlich von
Fernost-Plattformen angetrieben, die den EU-Markt mit
klimaschädlichen Großraumfrachtflugzeugen überrollen" , so Will .
Zwtl.: HV-Händlerbefragung: Kaufzurückhaltung, Kundenfrequenz und
Inflation bereiten Sorgen
Die jüngste Blitzumfrage des Handelsverbandes vom Mai 2025 sowie
der aktuelle WIFO Konjunkturreport Einzelhandel bestätigen die
herausfordernde Lage. 37% der heimischen Händler beurteilen die
aktuelle Geschäftslage als schwierig, immerhin 20% als positiv. "Die
meisten Sorgen bereiten den Händlern zurzeit die allgemeine
Kaufzurückhaltung , mangelnde Kundenfrequenz , die im EU-Vergleich
immer noch hohe Inflation , der anhaltend starke Bürokratieaufwand
sowie Preissteigerungen bei den Lieferanten ", sagt Norbert W.
Scheele .
Welche Kostenblöcke stellen aktuell die größte Belastung für
österreichische Händler dar? Hier sehen die Betriebe drei große
Brocken. S teigende Kosten für das Personal, Mieten und Pacht sowie
für den Wareneinkauf sind eine Herausforderung. "Aber auch die hohe
Steuer- und Abgabenlast in Österreich sowie die gestiegenen
Energiekosten stellen für viele Händler einen gewaltigen Kostenblock
dar.
Das macht es besonders für den klassischen stationären Handel
immer schwieriger, Gewinne am Markt zu erwirtschaften. Daher muss
eine Stärkung stationärer Strukturen künftig auch auf politischer
Ebene mehr Priorität bekommen", ist Andrea Hiotu überzeugt.
Zwtl.: Stellenbesetzungen im Handel entwickeln sich positiv
Im Einzelhandel waren Stand März insgesamt 326.505 unselbständig
Beschäftigte tätig. Während der Bestand in der Gesamtwirtschaft im
Vergleich zum Vorjahr weitgehend stabil blieb, ist im Einzelhandel
seit über zwei Jahren ein Rückgang zu beobachten, welcher sich
zuletzt nochmals verstärkte. Auch der Bestand an unbesetzten Stellen
ist im März um -8,4% im Vergleich zum Vorjahreszeitpunkt
zurückgegangen. Aktuell sind im Einzelhandel exakt 9.493 verfügbare
Stellen ausgeschrieben, in der Gesamtwirtschaft sind es 81.740. Laut
HV-Händlerbefragung sind 77% der heimischen Betriebe ausreichend
besetzt.
"Die Jobs im Handel sind sehr gefragt. Bei den 9.493 offenen
Stellen im Einzelhandel handelt es sich nur um kurzfristige
Fluktuation , generell kann der Einzelhandel mit seinen fast 330.000
Beschäftigten offene Stellen sehr gut nachbesetzen. Ein
Mitarbeitermangel ist nicht mehr vorhanden, nur noch 17 Prozent der
heimischen Händler sagen, dass sie derzeit Stellen zu besetzen haben"
, sagt Rainer Will .
Zwtl.: Ausblick: Zweckoptimismus mit Hoffnung auf Planungssicherheit
Für das Gesamtjahr 2025 erwarten immerhin 16% der Händler eine
Verbesserung, 35% eine Verschlechterung. Darüber hinaus gehen die
Händler heuer von einer weiteren Kostensteigerung um durchschnittlich
11% aus. Laut HV-Händlerbefragung werden heuer 38% der Betriebe
voraussichtlich einen Gewinn erwirtschaften, 25% einen Verlust und 37
% ein ausgeglichenes Ergebnis.
"Unsere Analysen und Befragungen zeigen klar, dass der Handel
weiterhin vielen Herausforderungen zu begegnen hat. Trotz einer
soliden Entwicklung der Konsumausgaben der Privathaushalte sehen wir
eine Dämpfung der wirtschaftlichen Zuversicht – sowohl bei den
Unternehmen als auch bei den Konsumentinnen und Konsumenten. Gezielte
Maßnahmen zur Stärkung der Kaufkraft , zur Unterstützung kleiner und
mittelständischer Unternehmen sowie zur Schaffung eines Level Playing
Fields im Onlinehandel dürfen nicht aufgeschoben werden, um eine
nachhaltige wirtschaftliche Erholung einzuleiten" , so
Handelssprecher Rainer Will abschließend.
Die vollständige Pressemeldung sowie Fotos und einen Mitschnitt
der gesamten Pressekonferenz finden Sie hier:
https://www.handelsverband.at/publikationen/studien/handel-i...
die-jahresbilanz/handel-in-zahlen-jahresbilanz-2024/
Börsepeople im Podcast S19/14: Markus Leitgeb
Aktien auf dem Radar:Lenzing, Telekom Austria, CA Immo, Austriacard Holdings AG, Amag, Rosenbauer, Warimpex, Mayr-Melnhof, Polytec Group, Verbund, Frequentis, EuroTeleSites AG, AT&S, DO&CO, Erste Group, RBI, UBM, Wolftank-Adisa, Semperit, Marinomed Biotech, BKS Bank Stamm, Oberbank AG Stamm, Flughafen Wien, Österreichische Post, Uniqa, VIG.
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