07.03.2021
Zugemailt von / gefunden bei: Raiffeisen Research (BSN-Hinweis: Lauftext im Original des Aussenders, Titel (immer) und Bebilderung (oft) durch boerse-social.com aus dem Fotoarchiv von photaq.com)
Aus dem wöchentichen Marktbericht von Raiffeisen Research: Die gerade abgelaufene Handelswoche ist am besten unter dem Titel „Im Westen nichts Neues“ einzuordnen, wenngleich der gleichnamige Roman von Erich Maria Remarque zum Glück nichts mit dem Börsengeschehen zu tun hat. Aber es gibt eben auch keine wirklichen Neuigkeiten bzw. neue Treiber am Kapitalmarkt. Die marktbeherrschenden Themen sind nach wie vor die zuletzt schon bekannten und dementsprechend üblichen Verdächtigen. Auf der einen Seite halten die Virus-Mutanten an der Corona-Front die Marktteilnehmer auf dem Weg zu steigenden Durchimpfungsraten in Schach und auf der anderen Seite beflügelt der zu erwartende starke Wirtschaftsaufschwung bei Wegfall oder zumindest sukzessiver Rückführung der massiven (Wirtschafts-)Restriktionen die Gewinnerwartungen der Investoren.
Wer jetzt aber davon ausgegangen ist, dass die Aktienmärkte nach den bisherigen Anstiegen weiter jubilieren, wenn der Wirtschaftsmotor bald wieder wie ein 12-Zylinder tief und satt brummt, hat sich aber leider gekonnt verrechnet. Denn Fakt war, dass die Börsen in den letzten beiden Wochen ein ständiges Auf und Ab erlebten, wobei es mitunter in beiden Richtungen recht zügig vorangehen konnte. Erhöhte Volatilität nennt sich das und ist im Grunde genommen etwas ganz Normales und nach dem starken Anstieg seit dem Corona-Einbruch im März auch durchaus als „gesund“ zu bezeichnen. Die Börse ist nun einmal keine Einbahnstraße. Die Sorgen der Marktteilnehmer bzgl. des realen Renditeanstiegs vermochten selbst die kalmierenden Worte von Fed-Chef Jerome Powell nicht zu beruhigen. Die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihen erhöhte sich zuletzt auf 1,55 Prozent und lag damit auf dem höchsten Stand seit Mitte Februar 2020. Die Sorge vor steigenden Zinsen und somit vor einer möglicherweise schnelleren effektiven geldpolitischen Straffung versalzt den Investoren angesichts der vielerorts sehr luftigen Bewertungen am Aktienmarkt verständlicherweise etwas die Suppe, was diese wiederum mit Gewinnmitnahmen quittierten. Insbesondere kurzfristig orientierte Investoren dürften hier für die sprichwörtlichen „zittrigen Hände“ empfänglich sein und bei weiteren Renditeanstiegen verstärkt „Kasse machen“. Anleger, die sich aber langfristig an der Börse engagieren wollen, werden sich vermutlich ob eines möglicherweise bevorstehenden Rücksetzers nicht von ihren Positionen trennen, zumal ein guter Zeitpunkt für den Wiedereinstieg nur schwer zu „erraten“ ist.
Die zuvor angesprochenen Bewertungsniveaus leiten uns auch gleich zum nächsten Punkt, nämlich der Sektor-Rotation. Auch diese ist im Grunde nicht neu, da wir bereits seit Herbst letzten Jahres dieses Thema für 2021 auch immer wieder ins Treffen geführt haben. Krisengewinner im letzten Jahr waren vor allem die IT- und „New Economy“-Werte, die vom Boom der Verlagerung des realen Lebens in die digitale Welt massiv profitieren konnten. Das hat nicht nur ihre Kursniveaus wie von Zauberhand nach oben gepuscht, sondern wie bereits angesprochen auch die Bewertungen. In Anbetracht der in den nächsten Monaten und Quartalen hoffentlich baldigen Rückkehr zur Normalität, werden sich auch die Wachstumsraten der Corona-Profiteure wieder auf einem vermutlich etwas niedrigeren Niveau einpendeln, was die hohen Bewertungen wohl kaum in einem besseren Licht erscheinen lässt. Zusätzlicher Druck ergibt sich aber auch durch die zuvor erwähnten Zinsanstiegssorgen, wobei es sich aber nicht – wie möglicherweise vermutet – um die Gefahr von höheren Refinanzierungskosten handelt. Fakt ist, dass die IT- sowie die „New Economy“-Unternehmen (mit Ausnahme von Chipherstellern und ähnlich kapitalintensiven Unternehmen) größtenteils einen deutlich geringeren Fremdkapital-Anteil als klassische Sektoren der „Old Economy“ (z. B. Energieversorger etc.) aufweisen. Vielmehr geht es bei den Technologieunternehmen darum, dass ein größerer Anteil ihrer Gewinne aufgrund der deutlich höheren Wachstumsraten in der Zukunft angesiedelt ist. Klassische Bewertungsverfahren, wie zum Beispiel das Ertragswert- oder auch das Discounted-Cash-Flow-Verfahren versuchen eine aktuelle Bewertung aufgrund der zukünftigen Gewinne bzw. Cash-Flows zu ermitteln, wobei sich ein höherer Diskontierungszinssatz negativ auf die aktuelle Kurs-Bewertung auswirkt.
Am Chart der Woche lässt sich die mittlerweile fortgeschrittene Sektor-Rotation sehr gut ablesen: Insbesondere der Energie- sowie der Finanzsektor erzielten seit Jahresbeginn eine klare Outperformance. Gemeinsam haben beide Sektoren, dass sie im Krisenjahr 2020 ganz klar zu den großen Verlierern gehört haben und auch in den Erholungsphasen nicht zu den anderen aufschließen konnten. Die Hintergründe der jetzt erfolgten Outperformance sind zwar unterschiedlich (Energie profitierte vom stark steigenden Ölpreis sowie vor allem aufgrund der erwarteten Nachfrageerholung im Zuge der Wirtschaftserholung und bei den Finanztiteln sind steigende Zinsen tendenziell vorteilhaft). Kehrseite der Medaille bzw. das Schlusslicht bilden die Sektoren Versorger und defensiver Konsum, die unter potenziell höheren Refinanzierungskosten etwas mehr leiden dürften. Und auch die zuvor angesprochenen Krisengewinner 2020 (IT und zyklischer Konsum) hat die Sektor-Rotation bereits ganz klar zu Underperformern degradiert, wobei dies die Unternehmen jenseits des Atlantiks deutlich stärker betroffen hat als ihre europäischen Pendants.
Was bedeutet das für die weitere Entwicklung am Aktienmarkt?
Unterm Strich bleiben wir auf Jahressicht für die Aktienmarktentwicklung weiterhin positiv gestimmt, wobei es aber aufgrund der zuvor beleuchteten Störfaktoren auch immer wieder zu Rücksetzern kommen dürfte. Was die tatsächliche Inflationsgefahr betrifft, gehen wir aktuell von einem weiteren Schub (z. B. bedingt durch den Ölpreis-Anstieg etc.) aus, der sich aber im Anschluss tendenziell wieder einbremsen und nicht als steigender Trend verfestigen sollte. Dementsprechend wird uns das Thema am Aktienmarkt zwar mit ziemlicher Sicherheit auch in den nächsten Wochen und Monaten noch weiter beschäftigen, wir sehen aber mittlerweile auch schon einige Sorgenfalten am Aktienmarkt eingepreist. Vor allem in Bezug auf die Sektor-Rotation hat sich bei den amerikanischen IT- und „New Economy“-Titeln bereits einiges getan: So korrigierte zum Beispiel der technologielastige Nasdaq 100 seit dem auf Schlusskursbasis gemessenen Hoch vom 12.02.2021 bereits um fast 10 %, während sich das Minus beim Dow Jones Industrial Average gerade mal auf knapp über 3 % beläuft. Und abgesehen von der durchaus als normal einzustufenden Konsolidierung auf hohem Niveau ist eine im Rahmen anziehende Inflation per se für die Aktienkurse nicht unbedingt von Nachteil. Sofern der Teuerungsdruck nicht zu schnell und zu stark ausfällt, können die Unternehmen die Kosten zu einem gewissen Grad weitergeben und profitieren zudem beim Umsatzwachstum. Auch ist den Notenbanken aktuell wohl kaum nach einer geldpolitischen Straffung zumute, da sie die Erholung aufgrund des immer noch hinterherhinkenden Arbeitsmarktes kaum abwürgen wollen. Dementsprechend sehen wir die Rahmenbedingungen für ein positives Aktienjahr 2021 als durchwegs unterstützend an, wenngleich die Bäume wohl nicht mehr in den Himmel wachsen dürften.
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Aktien auf dem Radar:Addiko Bank, Strabag, CA Immo, Flughafen Wien, Austriacard Holdings AG, Marinomed Biotech, ATX TR, S Immo, Porr, AT&S, Rosgix, RBI, Uniqa, ams-Osram, Cleen Energy, DO&CO, FACC, Lenzing, Oberbank AG Stamm, Agrana, Amag, Erste Group, EVN, Immofinanz, Österreichische Post, Polytec Group, Telekom Austria, VIG, Wienerberger, Zumtobel, Airbus Group.
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