24.04.2025, 9995 Zeichen
Wien (OTS) - Die schon drei Jahre anhaltende Talfahrt der
österreichischen
Wirtschaft und Industrie dürfte sich ihrem unteren Wendepunkt nähern.
Jedoch wäre es verfrüht, auch nur einen Hauch von Frühjahrserholung
zu erkennen. Zwar verbessert sich erstmals seit 18 Quartalen (!) die
Einschätzung der aktuellen Geschäftslage, aber zentrale Indikatoren
wie die Produktionserwartungen verharren noch in negativem
Territorium. Zudem sind seit der Erhebungsperiode zusätzliche
handelspolitische Risiken aufgekommen, welche eine Trendumkehr wieder
zunichtemachen könnten.
Das IV-Konjunkturbarometer steigt auf +1,8 Punkte – und liegt
damit zum ersten Mal seit Mitte 2023 wieder über der Nulllinie. „Doch
eines muss uns allen klar sein: Ein so dringend gewünschtes Comeback
der Zuversicht braucht eine reale Grundlage. Zwar verbessert sich die
Einschätzung der aktuellen Geschäftslage, aber die Lage bleibt –
nicht zuletzt durch die neue, radikale Zollpolitik der USA – fragil.
Die Anzahl der pessimistischen Unternehmen wird weniger, die
Optimisten werden aber kaum mehr. Die aktuellen Ergebnisse der IV-
Konjunkturumfrage sind daher keinesfalls als Freibrief fürs Nichtstun
– im Sinne von „Es wird sich schon von selbst bessern“ – zu
verstehen, sondern ein klarer Auftrag an die Politik, rasch zu
handeln, um das zarte Pflänzchen der Stabilisierung zu schützen und
zu stärken“, so Christoph Neumayer, Generalsekretär der
Industriellenvereinigung.
„Mit dem Vorzeichenwechsel beim IV-Konjunkturbarometer
verzeichnen wir ein statistisches Lebenszeichen der Industrie, für
einen Aufschwung braucht es jedoch einen wirtschaftspolitischen
Befreiungsschlag bei der Belastung der Unternehmen. Die Talsohle ist
in Sicht – aber ohne gezielte Impulse wird die Rezession lediglich
von einer prolongierten konjunkturellen Seitwärtsbewegung abgelöst
werden. Es bedarf eines Zusammenspiels aus Strukturreformen,
Investitionsanreizen und neuen außenwirtschaftlichen Beziehungen, um
auf einen Wachstumspfad zurückzukehren“, betont Christian
Helmenstein, Chefökonom der Industriellenvereinigung.
Besonders vor dem Hintergrund schon eingetretener und noch
zunehmender Zollkalamitäten im transatlantischen Handel ist zu
berücksichtigen, dass angesichts hoher Risiken für die
exportorientierte Industrie der Handlungsimperativ für die nationalen
und europäischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger
hoch bleibt, strategisch gegenzusteuern. Es braucht jetzt mehr denn
je ein industriepolitisches Programm, das die Standortresilienz
untermauert, unternehmerisches Vertrauen stärkt und internationale
Aktionsräume ausbaut.
Das Konjunkturbarometer zeigt deutlich: „Der Umstand, dass der
Anteil der Pessimisten, die ins neutrale Lager wechseln zunimmt, ist
ein typisches Frühsignal für eine bevorstehende Trendwende. Für
tragfähigen Optimismus braucht es kurzfristig Maßnahmen wie
beschleunigte Abschreibungen, welche die Zuversicht und damit die
Investitionen zurückbringen, wie sie ansatzweise in Deutschland
vorgesehen sind“, fordert Neumayer und führt weiter aus:
„Mittelfristig braucht es eine mutige österreichische
Industriestrategie, die Kosten für Arbeit, Energie und Bürokratie
senkt, budgetäre Spielräume für Strukturreformen schafft und
Möglichkeiten gibt, in Zukunftstechnologien zu investieren – und vor
allem neue Partnerschaften und Handelsbeziehungen aktiv gestaltet.
Nur so lässt sich die Wettbewerbsfähigkeit dauerhaft absichern und
der Weg aus der industriellen Stagnation nachhaltig gestalten.“
Die Ergebnisse der aktuellen IV-Konjunkturumfrage
- Geschäftslage aktuell: Der Saldo bleibt noch in negativem Terrain,
steigt aber auf -4 Punkte.
- Geschäftslage in sechs Monaten: Die Erwartungen legen auf +7 Punkte
zu, der Pessimismus geht spürbar zurück.
- IV-Konjunkturbarometer : Mit +1,8 Punkten dreht der Wert wieder in
den positiven Bereich – die Talsohle ist womöglich in Sicht.
- Gesamtauftragsbestand: Der Saldo verbessert sich deutlich auf -1
Punkt, der Rückgang flacht spürbar ab.
- Auslandsaufträge: Auch international gibt es eine leichte
Entspannung – der Saldo stellt sich ebenfalls auf -1 Punkt.
- Produktionserwartungen: Mit einem Wert von -5 Punkten schrumpft die
Industrie langsamer, aber weiterhin leicht.
- Beschäftigungsaussichten: Trotz Verbesserung auf -13 Punkte muss
über ein Fünftel der Betriebe weiterhin Beschäftigung abbauen.
- Erzeugerpreise: Der Saldo steigt auf +8 Punkte, der Kostendruck
bleibt hoch.
- Ertragslage & -erwartungen : Die aktuelle Lage bleibt mit -23
Punkten äußerst angespannt, es zeichnet sich mit +6 Punkten eine
geringfügige Verbesserung ab.
Die Ergebnisse im Detail
Die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage durch die
Unternehmen zeigt nach 18 (!) Quartalen erste Anzeichen einer
Stabilisierung. Der aktuelle Saldo verbessert sich auf -4 Punkte ,
nachdem er im Vorquartal noch bei -15 Punkten lag. Auch wenn das
Stimmungsbild weiterhin negativ bleibt, deutet dieser Anstieg darauf
hin, dass die Talsohle in Reichweite kommt.
Die Einschätzung der Geschäftslage in sechs Monaten verbessert
sich ebenfalls und stellt sich auf einen Saldo von +7 Punkten. Damit
ist eine Rückkehr in den leicht positiven Bereich zu verzeichnen.
Dieser ist wesentlich darauf zurückzuführen, dass der Anteil der
Respondentinnen und Respondenten, die eine weitere Verschlechterung
erwarten, um ein Drittel abnimmt. Derzeit erwarten 17 % der
Unternehmen auf Sicht des nächsten Halbjahres eine günstigere
Geschäftsentwicklung, während 10 % mit einer Verschlechterung
rechnen. Eine deutliche Mehrheit – 73 % – sieht sich vor eine
unverändert schwierige Lage gestellt.
Das IV-Konjunkturbarometer , berechnet als gewichteter Mittelwert
aus der gegenwärtigen Geschäftslage und den Erwartungen in sechs
Monaten, stellt sich damit aktuell auf +1,8 Punkte . Der
Konjunkturhorizont hellt sich jedoch leicht auf, und die Industrie
beginnt, parallel zum Krisenmodus wieder Positivakzente
vorzubereiten.
Mit einem Saldo von -1 Punkt verzeichnet der Indikator der
Gesamtauftragsbestände in der Industrie einen sprunghaften Anstieg
gegenüber dem Vorquartal (-18 Punkte) aus dem tiefroten in den
neutralen Bereich. Dementsprechend ist der Verlust an
Auftragsreichweite nach langer Durststrecke nahezu zum Stillstand
gekommen, was für die Sicherung des Fortbestandes der inländischen
Produktionsstätten von kaum zu überschätzender Bedeutung ist.
Bei der Subkomponente der Auslandsaufträge zeigt sich eine
Aufwärtsbewegung in analoger Weise, wenngleich hier die Verbesserung
des Saldos, welcher von -13 Punkten auf -1 Punkt anzieht, deutlich
geringer ausfällt. Dennoch bleibt die Situation enorm herausfordernd.
Die österreichische Industrie verliert international weiterhin
Marktanteile und tut sich enorm schwer, am globalen Realwachstum –
das 2025 gemäß IWF bei knapp 3 %, exakt 2,8 %, liegen soll – in
nennenswertem Ausmaß zu partizipieren. Zusätzlich wird die
Exportdynamik in der österreichischen Industrie in den kommenden
Monaten durch die Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar um über
6 % binnen Jahresfrist belastet, abgesehen von den derzeit nicht
belastbar abschätzbaren Folgen handelspolitischer Wirren.
Angesichts des weiterhin angespannten Konjunkturbildes und der
nach wie vor unzureichenden Auftragslage bleiben die kurzfristigen
Produktionserwartungen in der Industrie negativ. Der saisonbereinigte
Saldo liegt nun bei -5 Punkten – nach zuvor -8 Punkten. Das bedeutet:
Die Industrie schrumpft zwar langsamer, aber sie schrumpft weiterhin.
Eine Trendwende in Richtung Produktionsausweitung ist damit noch
nicht in Sicht – doch das Tempo des Rückgangs hat sich spürbar
verlangsamt.
Die anhaltend gedämpften Produktionserwartungen schlagen
weiterhin auf die Beschäftigungsaussichten in der Industrie durch .
Der Beschäftigungssaldo verbessert sich zwar auf -13 Punkte (nach
zuvor -31 Punkten), bleibt aber negativ. Hinter diesem Wert verbirgt
sich eine nach wie vor schwache Einstellungsdynamik in Verbindung mit
Echoeffekten und, damit einhergehend, ein anhaltender Anstieg der
Arbeitslosigkeit in der Industrie. Nach wie vor ist mehr als ein
Fünftel – 22 % - der Unternehmen angehalten, den Beschäftigtenstand
zu reduzieren, während nur jedes elfte Unternehmen derzeit
zusätzliche Beschäftigte sucht.
Trotz der im Durchschnitt weiterhin unzureichenden Auslastung der
Produktionskapazitäten bleibt der hohe Kostendruck aufrecht, daher
legen die Erwartungen bezüglich der Verkaufspreise wieder zu. Der
Saldo steigt von -2 auf +8 Punkte .
Die Vielzahl an konjunkturellen und strukturellen Belastungen
schlägt sich nach wie vor in der aktuellen Ertragslage der
Unternehmen nieder. Der Saldo verharrt nahezu unverändert bei -23
Punkten (nach zuvor -24) im negativen Bereich. Die Ertragserwartungen
auf Sicht von sechs Monaten drehen hingegen erstmals seit 13
Quartalen ins Positive – der Saldo stellt sich auf +6 Punkte. Diese
Verbesserung ist jedoch nahezu ausschließlich darauf zurückzuführen,
dass sich der Anteil der Unternehmen, die eine (noch weitere)
Verschlechterung ihrer Ertragslage erwarten, gegenüber dem Vorquartal
halbiert. Eine Trendwende hin zu einer Verbesserung der Ertragslage
ist nicht auszumachen.
Die Hoffnung auf eine Stabilisierung beginnt vorsichtig zu
keimen, und damit die Erwartung, dass die Talsohle der Rezession in
der Industrie im Laufe dieses Jahres erreicht werden wird, sofern
zeitnah die richtigen Schritte gesetzt werden. Allerdings dämpfen
geopolitische und außenwirtschaftliche Unsicherheiten eine allfällige
Erholungsperspektive erheblich.
Die IV-Konjunkturumfrage: Zur Befragungsmethode
An der jüngsten Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung
beteiligten sich 382 Unternehmen mit rund 269.900 Beschäftigten. Bei
der Konjunkturumfrage der IV kommt folgende Methode zur Anwendung:
Den Unternehmen werden drei Antwortmöglichkeiten vorgelegt: positiv,
neutral und negativ. Errechnet werden die (beschäftigungsgewichteten)
Prozentanteile dieser Antwortkategorien, sodann wird der
konjunktursensible „Saldo“ aus den Prozentanteilen positiver und
negativer Antworten unter Vernachlässigung der neutralen gebildet.
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BKS
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