28.11.2022,
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Linz (OTS) - In den vergangenen eineinhalb Jahren ist es dank
erheblicher Fördermittel und der florierenden Konjunktur gelungen,
die Zahl der Langzeitarbeitslosen zu reduzieren. Es gibt aber nach
wie vor rund 3.600 Menschen, die seit mindestens einem Jahr
durchgehend arbeitslos sind, und rund 6.700 Personen, die seit mehr
als einem Jahr kein längeres Beschäftigungsverhältnis haben.
„Diese Zahl ist erschreckend hoch. Wirtschaftskammer und
Arbeiterkammer haben sich deshalb darauf verständigt, hier
gegenzusteuern und mit konkreten Maßnahmen so viele
Langzeitarbeitslose bzw. Langzeitbeschäftigungslose wie möglich
wieder in Arbeit zu bringen. Das ist herausfordernd und bedarf
innovativer Wege“, erläutert WKOÖ-Präsidentin Doris Hummer die
vereinbarte Bündelung der Kräfte.
Für AKOÖ-Präsident Andreas Stangl ist es ebenfalls von großer
Bedeutung, gemeinsam vorzugehen: „Angesichts der von
Wirtschaftsforschern vorausgesagten Konjunktureintrübung und dem
Auslaufen des Sonderprogramms für Betroffene ist damit zu rechnen,
dass die Langzeitarbeitslosigkeit im Laufe des kommenden Jahres
wieder steigt. Von einer Entspannung am Arbeitsmarkt in diesem
Bereich kann daher nicht gesprochen werden. Es ist wichtig, dass AK
und WK hier zusammenarbeiten. Durch geeignete Maßnahmen kann eine
Win-Win-Situation für alle Beteiligten entstehen.“
Mag.a Doris Hummer, Präsidentin der Wirtschaftskammer OÖ:
Der Fach- und Arbeitskräftemangel hat die oö. Wirtschaft nach wie
vor fest im Griff
Der Fach- und Arbeitskräftemangel hat trotz aller anderen
aktuellen Krisen nichts an Brisanz verloren. Nach wie vor suchen vier
von fünf oö. Betrieben zusätzliche Mitarbeiter/-innen, um Aufträge
abarbeiten und Kunden zufriedenstellend servicieren zu können. Dazu
kommt eine ungesunde Arbeitsverdichtung, weshalb eine spürbare
Linderung des Fach- und Arbeitskräftemangels im Interesse aller
gelegen sein muss. Die WKOÖ hat als erste Einrichtung konkrete
„Potenzialgruppen“ benannt, die noch über „freie Reserven“ verfügen.
Freilich bedarf es verbesserter Rahmenbedingungen und entsprechender
Maßnahmen, um die zusätzlichen Frauen, Älteren und Migranten/-innen
für den oö. Arbeitsmarkt bzw. die Betriebe tatsächlich gewinnen zu
können.
(Langzeit)arbeitslose als zentrale Potenzialgruppe – naheliegend,
aber herausfordernd
Auch wenn die Arbeitslosigkeit in OÖ aufgrund der hohen Nachfrage
der Betriebe seit Monaten im Vergleich zum Vorjahr permanent sinkt,
gibt es in unserem Bundesland nach wie vor 25.822 Arbeitslose, denen
Ende Oktober 2022 32.726 freie Stellen gegenüberstanden. Von jeder
zusätzlichen Vermittlung aus diesem Pool arbeitsloser Menschen
profitieren neben dem Staat vor allem Unternehmen, deren
Mitarbeiter/-innen und Kunden/-innen und naturgemäß die Betroffenen
selbst. Sie bekommen nach langer Arbeitslosigkeit und oft viel Frust
eine neue Chance und Zukunftsperspektive.
Die Gruppe der Langzeitarbeitslosen bzw.
Langzeitbeschäftigungslosen sind von sehr unterschiedlichen
Biografien geprägt. Es liegen auch immer wieder persönliche
Vermittlungshindernisse wie gesundheitliche Einschränkungen oder
mangelhafte Qualifikationen vor. „Individualisiertes Fördern und
Fordern“ ist das wohl tauglichste Rezept, Menschen aus dieser großen
Gruppe dauerhaft am Arbeitsmarkt zu integrieren. Statt sich mit den
vielen Langzeitarbeitslosen in OÖ „still und leise“ zu arrangieren,
braucht es neue Instrumente, um deren Anzahl zu reduzieren und
Betrieben frische Arbeitskräfte zuzuführen.
Das Wiedereingliederungsteilzeit-Modell der WKOÖ – bedarfsgerecht,
innovativ und erfolgversprechend
Wer über ein Jahr arbeitslos ist, hat in aller Regel bestimmte
persönliche Vermittlungshindernisse wie etwa gesundheitliche
Probleme, die eine „normale“ Jobaufnahme erschweren oder sogar
unmöglich machen. Ein klassischer „Fulltime-Job“ würde solche
Menschen häufig überfordern und rasch resignieren lassen. Aber auch
der Dienstgeber bzw. die Belegschaft würden aufgrund des
eingeschränkten Leistungsumfangs des eingestellten
Langzeitarbeitslosen bald unter Druck kommen.
Genau hier setzt das von der WKOÖ entwickelte Modell der
Wiedereingliederungsteilzeit an, indem es individuell abgestimmte
Arbeitszeitmodelle erlaubt, die dem persönlichen Leistungspotenzial
entsprechen.
Diese stufenweise Wiedereingliederung sieht im Detail wie folgt
aus:
Die arbeitslose Person muss mindestens drei Monate beim AMS
gemeldet und grundsätzlich „teilzeitarbeitsfähig“ sein.\nDer Arbeitslosen-Wiedereingliederungsteilzeit geht eine verpflichtende Arbeitserprobung von mindestens einer Woche voraus; gleichzeitig erfolgt eine standardisierte arbeitsmedizinische Evaluierung.\nDas Arbeitszeitausmaß muss im Monatsschnitt mindestens zwölf Stunden betragen bzw. kann bis zu dreimal einvernehmlich geändert werden.\nDer Dienstgeber zahlt das aliquote Entgelt für die tatsächlich geleistete Arbeitszeit, das AMS leistet ein Wiedereingliederungs-Arbeitslosengeld. Beispiel: Beträgt die KV-Entlohnung 2.000 Euro brutto und wird 20 Stunden gearbeitet, erhält der wiedereingegliederte, vollversicherte Teilzeitbeschäftigte rund 1.450 Euro netto (1.000 Euro vom Dienstgeber und 450 Euro vom AMS) – klar mehr als der Arbeitslosengeldbezug.
*\n Das Gesamtpotenzial vom Arbeitslosen mit gesundheitlichen
Einschränkungen liegt in OÖ bei rund 9.000 Personen. Durch die
Einführung der Wiedereingliederungsteilzeit bekommen Arbeitslose eine
neue Chance und die Betriebe zusätzliche Arbeitskräfte.
Langzeitarbeitslose durch optimierte Vermittlung nachhaltig in
Jobs bringen
Die Vermittlung langzeitarbeitsloser bzw.
langzeitbeschäftigungsloser Menschen stellt für das AMS eine große
Herausforderung dar. Der Optimierung des Matching kommt deshalb eine
besondere Bedeutung zu. Da die Ursachen für Langzeitarbeitslosigkeit
sehr unterschiedlich sind, sollte einer individuellen Betreuung der
Vorzug gegeben werden. Es geht darum, den Einzelnen in seiner
aktuellen Lebensphase abzuholen, auf die konkreten Defizite und
Chancen einzugehen und jene Arbeitsplätze herauszufiltern, die ein
für beide Seiten zufriedenstellendes Gesamtergebnis erwarten lassen.
Optimal ist ein Face-to-Face-Kontakt, der aber auch telefonisch
oder schriftlich erfolgen kann. Letztlich wissen die AMS-Betreuer am
besten, wo die Potenziale/Schwachstellen der einzelnen
Langzeitarbeitslosen liegen bzw. welche Kommunikationsform im
Einzelfall die beste ist. Dort, wo möglich und sinnvoll, kann das
persönliche Zusammentreffen von potenziellen Arbeitgebern, dem
AMS-Betreuer und dem jeweiligen Langzeitarbeitslosen eine besondere
Form der Verbindlichkeit schaffen.
In den vergangenen Jahren wurde beim AMS Oberösterreich das
Instrument der Arbeitserprobung erfolgreich eingesetzt. Gerade nach
längerer Abstinenz vom Arbeitsmarkt kann von beiden Seiten am besten
vor Ort darüber entschieden werden, ob eine bestimmte Tätigkeit
bewältigbar und längerfristig produktiv leistbar ist.
Bezirksvergleiche hinsichtlich einer erfolgreichen Bekämpfung der
Langzeitbeschäftigungslosigkeit bzw. Langzeitarbeitslosigkeit können
Sinn machen, sofern die unterschiedlichen Rahmenbedingungen am
jeweiligen Arbeitsmarkt ausreichend berücksichtigt werden. Von
Best-Practice-Modellen können am Ende alle profitieren.
Andreas Stangl, Präsident der Arbeiterkammer OÖ:
Erfolgversprechende und praxistaugliche Aktivitäten
Bei den Menschen, die längere Zeit arbeitslos sind bzw. brüchige
Erwerbskarrieren mit kurzen, instabilen Beschäftigungsverhältnissen
aufweisen, handelt es sich um eine sehr uneinheitliche Gruppe. Daher
braucht es verschiedene Angebote, die für Teile davon jeweils genau
an den Problemlagen ansetzen und die Hürden für eine dauerhafte
Wiederbeschäftigung überwinden helfen. Ausgehend von den Problemen
und Bedürfnissen der Arbeitsuchenden einerseits und der
personalsuchenden Unternehmen andererseits haben Wirtschaftskammer
und Arbeiterkammer Vorschläge für erfolgversprechende und
praxistaugliche Aktivitäten und Projekte erarbeitet.
Beschäftigungsprogramm für (Langzeit-)Arbeitslose
Seit Ausbruch der Corona-Pandemie hat sich die AK Oberösterreich
für ein wirksames Beschäftigungsprogramm für Langzeitarbeitslose bzw.
für Personen, die davon bedroht sind, ausgesprochen. Eine kurzfristig
realisierbare Option wäre eine Anpassung des bereits bestehenden
kommunalen RESTART-Programms, bei dem das Land OÖ eine
Co-Finanzierung zur AMS-Förderung leistet. Als Erfolg gewertet werden
kann die Tatsache, dass das RESTART-Programm vorerst bis Ende 2022
verlängert worden ist. Richtig war auch die Entscheidung,
gemeinnützige Einrichtungen in den Kreis förderbarer Institutionen
aufzunehmen.
Weitere Vorschläge für eine Adaptierung bzw. Erweiterung des
RESTART-Programms:
Verlängerung des Programms – zumindest bis Ende 2024\nAbsenkung der Mindest-Arbeitslosigkeitsdauer bei gemeinnützigen Einrichtungen von zwei Jahren auf ein Jahr und somit Angleichung an die anderen Förderwerber.\nUmwandlung der Ausbildungsverhältnisse auf Dienstverhältnisse bei den Gemeinden.\nVerlängerung der Förderdauer auf mindestens zwölf Monate – bei Betrieben, Kommunen und NGOs. Im Falle älterer Arbeitsloser soll ein Förderzeitraum von zwei Jahren zulässig sein, wenn damit ein nahtloser Übergang in die Pension ermöglicht wird.\nOption für eine längere Förderdauer, wenn zum Beispiel Beschäftigungsprojekte, NGOs, Betriebe oder Gemeinden wichtige gesellschaftspolitische Aufgaben erfüllen (etwa Altenpflege, Energiesparen, ökosoziales Handeln zum Erreichen der Klimaziele…).\nGezielte Angebote für spezifische Aufgaben im Sozial- und Bildungsbereich wie etwa die Förderung von Unterstützungspersonal in Altenheimen, Schulen oder auch Kindergärten. Angesichts des Personalmangels gilt es, die „Stammbelegschaft“ durch zusätzliche Mitarbeiter/-innen zu entlasten. Interessierten sollen dabei in Vorbereitungskursen relevante Kompetenzen vermittelt werden. Mittelfristig besteht etwa die Chance, aus dem Kreis dieser Personen dauerhaft Pflegepersonal zu gewinnen.\n AMS-Betreuung von (Langzeit-)Arbeitslosen
Ein wichtiger Faktor ist, dass das AMS-Personal mehr Zeit bekommt,
um Langzeitarbeitslose individuell betreuen zu können. Es braucht
eine intensive Auseinandersetzung mit deren vielfältigen Problemen.
Zeit zum Zuhören ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die
AMS-Berater/-innen passende Unterstützungsangebote machen können und
als Partner der Arbeitsuchenden und auch der Betriebe erlebt werden.
Dies können AMS-Förderungen wie Einstellbeihilfen, gemeinnützige
Beschäftigungsprojekte, Qualifizierung und spezielle
Beratungsangebote oder Hilfestellung beim Bewerbungsprozess sein. Das
Selbstwertgefühl der Langzeitarbeitslosen muss gestärkt werden.
Außerdem muss man sie motivieren, Neues auszuprobieren und auch das
Matching zwischen Arbeitsuchenden und Betrieben muss verbessert
werden.
Diesem Ziel dient auch die geplante Befragung von
Langzeitarbeitslosen. Die Erfahrungen, Wünsche und Anregungen der
unmittelbar Betroffenen sollen mittels einer Umfrage direkt erhoben
werden, um die diversen arbeitsmarktpolitischen Instrumente und
Betreuungsprozesse besser an die Bedürfnisse der Arbeitslosen
anzupassen.
Ein Foto mit Mag.a Doris Hummer, Präsidentin der Wirtschaftskammer
OÖ und Andreas Stangl, AK OÖ-Präsident finden Sie [zum Download hier]
(
https://ooe.arbeiterkammer.at/service/presse/KOM_2022_PK_WK_...
eitarbeitslose_01_c_Wolfgang_Spitzbar.jpg).
Copyright: AK OÖ Wolfgang Spitzbart
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