06.11.2024, 5432 Zeichen
Wien (OTS) - Auch wenn sich die Österreicherinnen und Österreicher
heuer auf
besonders aromatische, wohlschmeckende Äpfel freuen können, plagen
die heimischen Obstbäuerinnen und -bauern massive Zukunftssorgen.
Grund dafür ist, dass die Risiken für die Obsternte deutlich steigen.
Sowohl zunehmende Spätfröste, als auch kaum mehr ausreichend
bekämpfbare Schaderreger gefährden die Wirtschaftlichkeit.
Verbesserungsbedarf sehen LK Österreich und Bundesobstbauverband auch
im Bereich von Investitionen und Lohnnebenkosten sowie bei der
Herkunftskennzeichnung von Verarbeitungsprodukten. Das betonen die
beiden Präsidenten der LKÖ, Josef Moosbrugger , und des
Bundesobstbauverbands, Manfred Kohlfürst , im Vorfeld des "Tages des
Apfels" am 8. November.
Nur drei normale Ernten in den letzten zehn Jahren
So zeitig wie noch nie begann heuer die Apfelernte. Die Qualität
ist hervorragend - vorausgesetzt, die Äpfel haben die Frostnächte im
April überstanden. "Unsere Obstbauern konnten nur ein Drittel einer
Vollernte einbringen. Ohne Frostschutz, vor allem Frostberegnung,
wäre der Ertrag noch schlechter ausgefallen. Damit ist 2024 erneut
ein Jahr mit massiven Ernteausfällen. Die Situation ist dramatisch,
denn in den letzten zehn Jahren gab es nur drei normale Ernten",
beleuchtet Kohlfürst die schwierige Lage. "Mit knapp 100.000 Tonnen
sollte die heimische Versorgung heuer trotzdem gesichert sein."
Hoffnung auf kostendeckende Preise und gesteigerte Wertschöpfung
Die geringe Erntemenge bringt eine weitere Belastung für
Österreichs Apfelbaubetriebe, die schon bisher mit zunehmenden
Produktionskosten, Wetterkapriolen und niedrigen Marktpreisen zu
kämpfen hatten. Selbst im Ausnahmejahr 2022 waren die Dauerkulturen
laut Grünem Bericht der einzige Sektor, in dem die
Einkommensentwicklung negativ ausfiel, 2023 folgte ein erneuter
Einkommensrückgang. Auf der Kostenseite fallen besonders die
Lohnkosten, die einen erheblichen Teil der Produktionskosten
ausmachen, negativ ins Gewicht. Die Verkaufspreise über die Jahre
entsprechend anzupassen, war nicht möglich. "Die Ergebnisse der
Agrarstrukturerhebung 2023 untermauern die schwierige Lage der
Obstbaubetriebe. So ist die österreichische Gesamtobstfläche in nur
sechs Jahren - zwischen 2017 und 2023 - um 14% gesunken, 19% der
Betriebe sind Österreich verloren gegangen", warnt Kohlfürst vor
weiteren Betriebsaufgaben. Flächenrückgänge sind nicht nur bei
Äpfeln, sondern auch bei Marillen, Kirschen, Nektarinen, Zwetschken
und Erdbeeren zu verzeichnen, während es bei Birnen und
Kulturheidelbeeren leichte Zuwächse gibt.
Frostentschädigung 2024 als wichtige Krisenhilfe
"Im Namen aller Obstbäuerinnen und Obstbauern danken wir
Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig, der durch seinen
engagierten Einsatz auf Brüsseler Ebene eine Frostentschädigung aus
dem EU-Krisenfonds für unsere Betriebe erreicht hat. Österreich
gehörte neben Polen und Tschechien, die ebenfalls stark vom Frost
betroffen waren, zu den ersten drei Ländern, die diese Entschädigung
erhalten haben. Das verstehen wir als Bekenntnis zur heimischen
Produktion. Obwohl die Entschädigung die verlorene Ernte nicht
annähernd ersetzen kann, ist sie trotzdem eine Hilfe für die
Betriebe", betont der Bundesobstbauverbands-Präsident.
Frostschutz, Lohnnebenkosten und Pflanzenschutz im Fokus
"Gleichzeitig ist dieses Jahr die Bedeutung der Frostberegnung
wieder offensichtlich geworden. Betriebe, die während der Frosttage
beregnet haben, konnten nahezu 100% Ertrag erzielen. Problem ist,
dass nur ca. 7% der Apfelbetriebe über eine Möglichkeit zur
Frostberegnung verfügen. Wir brauchen dringend ein Offensivsignal für
Investitionen, auch für Frostöfen", unterstreicht Kohlfürst.
"Eine große Herausforderung sind auch die Arbeitsspitzen im
Obstbau. In Nachbarländern mit ähnlichem Lohnniveau gibt es für
Saisonarbeitskräfte Sonderregelungen, die reduzierte Lohnnebenkosten
vorsehen. Diese Modelle gewinnen zunehmend an Bedeutung und werden
auch von weiteren EU-Mitgliedsstaaten eingeführt. Wir fordern das
dringend auch für unsere heimischen Betriebe, um mehr
Wettbewerbsfairness zu schaffen", fordert Moosbrugger.
Keine weitere Reduktion der PSM-Wirkstoffe
"Zusätzlich bedrohen immer mehr eingeschleppte Schaderreger wie
Feuerbrand, Kirschessigfliege und Wanzen die heimische
Obstproduktion. Das Fehlen wirksamer Mittel zur Bekämpfung der
Schädlinge und Krankheiten führt zu zunehmenden Ernteverlusten. Im
vergangenen Jahrzehnt wurden auf EU-Ebene 123 Wirkstoffe nicht mehr
genehmigt, was unsere Produktion gefährdet! Es kann nicht sein, dass
Obst aus dem Ausland importiert wird, das mit Pflanzenschutzmitteln
produziert worden ist, die bei uns verboten sind! Es braucht
einerseits europaweit einheitliche, verbesserte Rahmenbedingungen und
andererseits auch gleich hohe Produktionsstandards für Importe", so
Moosbrugger.
Herkunft bei Verarbeitungsprodukten kennzeichnen
LK Österreich und Bundesobstbauverband machen sich außerdem für
eine Verbesserung der Herkunftskennzeichnung bei
Verarbeitungsprodukten stark. "Vor allem bei Monoprodukten, wie z.B.
Apfelsaft oder Erdbeermarmelade, sollte das keine übermäßige
Herausforderung darstellen", betont Kohlfürst und weiter:
"Storechecks des Österreichischen Branchenverbands für Obst und
Gemüse haben gezeigt, dass etwa nur etwa 40% des in Österreich
verkauften Apfelsafts aus heimischen Äpfeln gemacht wird. Bei den
übrigen Säften ist die Herkunft der Äpfel oft unklar. Das muss sich
verbessern."
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