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Guter Zeitpunkt für Start von Private Equity-Fonds - Interview mit Erste Private Capital-Geschäftsführer Thomas Bobek

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Es ist ein guter Zeitpunkt für den Start von Private Equity-Fonds: Institutionelle Investoren wollen ihre Allokation in der Assetklasse erhöhen, die Bewertungen sind günstiger und die Chancen in der Region Zentral- und Osteuropa vielversprechend, wie Thomas Bobek von der Erste Private Capital GmbH beschreibt. 

Die Erste Group hat im Vorjahr ihren Private Equity-Bereich neu ausgerichtet und die Aktivitäten in der Erste Asset Management gebündelt. Nun wurde kürzlich das First Closing eines Dachfonds bekanntgegeben, ein Direkt-Fonds ist ebenfalls angekündigt. Die Assetklasse Private Equity verzeichnete gute Zuflüsse. Reagiert die Erste Group mit der Neuausrichtung auf das gestiegene Interesse der Investoren?

Thomas Bobek: Die Erste Group hat schon sehr früh und sehr selektiv Private Equity-Investments getätigt. Bisher zumeist für das eigene Buch. Es gibt inner­halb der Gruppe einen langen Track Record und sehr viel Erfahrung. Darauf aufbauend gießen wir diese Erfahrung und das Know how nun in ein größeres Konzept, um auf das gestiegene Interesse unserer Kund:innen an Private Equity zu reagieren. Insbesondere institutionelle Investoren wollen ihre Allokation in diese Asset Klasse über die kommenden Jahre erhöhen und im Bereich Private Banking beobachten wir ebenfalls eine zunehmende Nachfrage nach Private Capital Produkten. Diese Nachfrage möchten wir bedienen, einerseits mit dem Fund-of-Funds „Erste Diversified Private Equity I“, bei dem die Erste Group als Anker-Investor an Bord ist, der aber gleichzeitig für externe Investoren und für High Net Worth Individuals offen ist. Der Dachfonds hat kürzlich ein First Closing bei 80 Mio. Euro erreicht, das Zielvolumen liegt bei bis zu 150 Mio. Euro. Zu den Investoren zählen, neben der Erste Group, Pensionskassen und Versicherungsgesellschaften aus dem In- und Ausland. Es wurden auch bereits erste Investments eingegangen, zB in Speedinvest und 3TS Capital. Wir werden in ca. 15 Ziel-Fonds investieren.

Auf der anderen Seite bereiten wir das Setup und das Fundraising für einen Private Equity Direct Fund vor, der direkte Beteiligungen an Unternehmen eingeht. Hier sprechen wir von einer geplanten Größenordnung von 100 Mio. Euro.

Welche Investitionsschwerpunkte haben die beiden neuen Fonds?

Die Investoren des Fund of Funds bekommen ein diversifiziertes Angebot an Private Equity-Fonds in der Region Zentral- und Osteuropa, von der wir als Haus sehr überzeugt sind. Der Investmentfokus des Dachfonds liegt auf zentraleuropäischen Venture Capital und Private Equity Fonds, die in wachstumsstarke Klein- und Mittelbetriebe investieren. Konkret wird es sich dabei um sogenannte Venture Capital, Growth Equity sowie Buyout Investments handeln. Hinsichtlich der Branchen gibt es keinerlei Einschränkungen, allerdings investieren derartige Fonds typischerweise in skalierbare Geschäftsmodelle, welche eine geringere Abhängigkeit vom kurzfristigen Wirtschaftszyklus aufweisen. 

Der Direct Fund ist erst am Beginn. Unser Thema wird der Wachstumsbereich, also Growth Equity und Later Stage sein. Aus Marktbeobachtungen sehen wir viel Aktivität und Aufmerksamkeit im Venture Capital-Bereich. Die VC-finanzierten Technologie-Businessmodelle sind aber aus der Frühphase herausgekommen. Es gibt mittlerweile viele Erfolgsgeschichten mit funktionierenden Geschäftsmodellen und sichtbarem sowie skalierbarem Wachstum. Hier entsteht gerade, durch die hohe Aktivität in der früheren Phase, ein Funding Gap in der Later Stage Phase, also bei Anschluss- und Wachstumsfinanzierungen. Diese Lücke wollen wir mit dem Direct Fund schließen.

Sie haben ihre Kernregion erwähnt. Was zeichnet die Region Zentral- und Osteuropa im Private Equity-Bereich besonders aus?

In der Region herrscht ein positiv wirkender makroökonomischer Adaptions- und Aufholprozess. Dies führt, relativ zu Gesamt-Europa, tendenziell zu überdurchschnittlichem Wirtschaftswachstum. In diesem Umfeld ist es für Unternehmen einfacher, ihr Geschäft zu entwickeln und sich zu etablieren. Aufholpotenzial gibt es aber auch auf Investoren-Seite. Während in den USA, Westeuropa und Asien die investierten Private Equity-Volumina immer größer werden, machen einige Investoren in Zentraleuropa und DACH gerade ihre ersten Schritte im Bereich Private Capital. Die breite Welle ist hier noch nicht angekommen. Dabei hat gerade Zentraleuropa mit seinen verschiedenen Ländern sehr viel Know How in Technologiebereichen - den klassischen ICT-Themen. Dort findet am meisten Aktivität statt. Dort entstehen die digitalisierten Business-Modelle und dort werden Programmier- und IT-Teams gesourct. Es ist viel Potenzial vorhanden, aber das Kapital ist noch nicht angekommen. Es herrscht ein Bild vor, das klassisch für einen entstehenden Markt ist. In den meisten Fällen sind die staatsnahen Töpfe, wie der Europäische Investitionsfonds, die EBRD, der IFC der Weltbank, die größeren Investoren, danach kommen einige lokale Initiativen, Versicherungen, Pensionsfonds oder Asset Manager sind noch mit recht geringen Allokationen engagiert. Während in Westeuropa und den USA Institutionelle, wie Versicherungen, Pensions-Funds etc. sehr aktiv sind. Private Equity hat sich institutionalisiert, es hat sich ein gewisser Standard und eine gewisse Vorgehensweise entwickelt und das wird sich immer mehr auch in Zentraleuropa durchsetzen. 

Bei den liquiden Anlageklassen hat sich gezeigt, dass sich ESG-konformes Handeln positiv auf die Performance auswirkt. Ist das auch bei Private Equity-finanzierten Unternehmen der Fall?

ESG ist ein sehr relevantes Thema. Der ESG-Grundgedanke ist im Private Equity viel direkter umsetzbar. Stichwort Active Ownership - das eigentliche Prinzip von Private Equity. Man investiert in ein Unternehmen und geht gemeinsam mit dem Unternehmen einen Weg. Als Investor braucht man Governance, das ist das Um und Auf. Je früher ein Unternehmen seine Strukturen richtig aufsetzt, umso einfacher ist es später, zusätzliche Investoren zu finden. Gerade in Zentraleuropa richten sich viele Unternehmen frühzeitig auf ESG aus, weil sie als Zulieferer westeuropäischer größerer Unternehmen agieren. Es wäre ein Business Risk, wenn sie aus der Lieferkette herausfallen, weil sie gewisse Kriterien nicht erfüllen. Die Themen Klima-Risiko, Ökologisierung, Energy Transition, Digitalisierung, die Interessenswahrung aller Stakeholder etc. sind hier genauso präsent.

Wenn wir schon über Performance sprechen, welche Rendite dürfen Private Equity-Investoren erwarten?

Was man an der gesamten Datenbasis an Private Equity sieht, ist, dass Private Equity als Assetklasse imstande ist, eine deutliche Überrendite gegenüber den liquiden Assetklassen zu erzielen. Es ist Equity, aber eine spezielle Form von Equity-Management. Durch das Active Ownership kann man mehr erreichen. Die Investment-Manager sind sehr aktiv und führen gewisse Aktivitäten, wie zB Add on-Investments, herbei, sie setzen den Wachstumspfad um oder stellen die Finanzierungsstruktur so um, dass das Unternehmen sich entwickeln kann. Dieser aktive Beitrag von einem Manager hat viel Impact und ist auch ESG-nah - führt aber vor allem auch dazu, dass nachhaltig Erträge erzielt werden. Das ist typischerweise eine Prämie von 3 bis 5 Prozent gegenüber den liquiden Anlageklassen. Wenn man historische Zahlen von Private Equity-Fondsdatenbanken heranzieht, dann ist man im zweistelligen Performance-Bereich.

Die Kapitalmärkte sind aktuell von vielen Unsicherheiten geprägt. Wie wirkt sich das auf das Private Equity-Geschäft und die Bewertungen aus?

Aktuell befinden wir uns in einer Marktkorrektur mit Rezessionsängsten und einem inflationären Umfeld – und damit in einem Jahr voller Chancen für Anleger. Als Equity Investor wird man typischerweise für die Inflation gut kompensiert, anders als in anderen Assetklassen. Erfahrungsgemäß sind Krisenjahre ein guter Start-Zeitpunkt für Private Equity-Fonds. Das Kapital ist kommittiert und mit dem üblichen Zeitraum von ca. 10 Jahren hat man jetzt die Möglichkeit, bei den Unternehmen zu günstigen Bewertungen zu investieren.

Die Jahre der Pandemie und die aktuelle Krise führen dazu, dass Unternehmen mehr dazu tendieren, sich robuster gegen derartige Entwicklungen aufzustellen und die eigene Wertschöpfung zu stärken. Für diesen Umbau benötigt es Eigenkapital.

Was ist Ihnen bei einer Due Diligence eines Unternehmens besonders wichtig?

Neben einem funktionierenden Geschäftsmodell und einem starken Produkt mit einem klaren USP, ist das Team und dessen Track Record wesentlich. Hier ist uns die Gleichschaltung von Interessen zwischen Team und Investoren besonders wichtig. 

Ein Exit-Instrument für Private Equity-Fonds ist die Börse. Wie hoch stehen die Chancen für einen Börsenkandidat aus Ihrem Portfolio?

Das liegt bei uns noch in der Zukunft. Aber ja: Es war und ist der logische Weg, an die Börse zu gehen. Dieser Weg ist aber schwieriger geworden, weil die Publizitätsvorschriften und die Regulatorik viel aufwendiger geworden sind. Das ist ein Grund, warum Unternehmen länger privat bleiben. Aber sicherlich ist die Börse eine der möglichen Exit-Routen für einen Private Equity-Fonds.

Wie sieht der Transaktionsmarkt derzeit generell aus? Wie schnell kommen Deals zustande?

Durch die angesprochenen Unsicherheiten hat sich die Aktivität am Transaktionsmarkt erheblich verlangsamt. Wir sehen diese Korrekturen aber als Vorstufe einer wichtigen Markterholung und damit als große Chance für die Initiativen bei unseren Private Capital Aktivitäten.

Der Schlüssel ist natürlich, ein gutes Netzwerk zu haben, weil sich aus einer Vielzahl an möglichen Unternehmen im Zeitablauf Investitionsmöglichkeiten ergeben. Anders als in der liquiden Welt, wo man quasi in der Sekunde investieren kann, kann es im Private Equity-Bereich eine Zeit lang dauern. Oft kennt man Unternehmen seit Jahren und hat lange Beziehungen aufgebaut. Und dann kommt der perfekte Zeitpunkt, wo  sich eine gute Möglichkeit für ein Investment ergibt.

Was sind Ihrer Meinung nach die Argumente, die für Private Equity-Investments sprechen?

Für den langfristig orientierten Investor hat das Private Equity Modell durch das ganze Set-up klare Vorteile. Am US-amerikanischen Markt sind mittlerweile doppelt so viele Unternehmen von Private Equity Fonds investiert wie börsengelistete Unternehmen. In Europa zeichnet sich ein ähnlicher Trend ab mit dem entsprechenden Aufholbedarf. Zum einen bietet sich in diesem Bereich ein großes Investmentuniversum mit vielen qualitativ hochwertigen Investments, zum anderen ist der Bereich Private Equity unabhängig von kurzfristigen Entscheidungen, ist also Patient Capital. Das hier bereits des öfteren erwähnte Active Ownership hat zur Folge, dass man bei strategischen Unternehmensentscheidungen mitwirken kann und damit die Entwicklung des Unternehmens langfristig positiv beeinflussen kann. Die europäische Wirtschaft besteht zu über 95 Prozent aus klein- und mittelständischen Unternehmen und ist damit das Rückgrat der Wirtschaft. Private Equity bietet Eigenkapital für diese Unternehmen und damit seinen Investoren den Zugang zu attraktiven Investments. 

Text: Christine Petzwinkler  
Fotos:  Michaela Mejta

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