25.10.2015, 3596 Zeichen
Laut jüngster Prognose des Wirtschaftsforschungsinstitutes (Wifo) wird die Arbeitslosigkeit in Österreich bis (mindestens) 2018 ansteigen. Zu befürchten ist eine Arbeitslosenrate von rund zehn Prozent. Ebenfalls schlechte Nachrichten hat das Wifo, was die Konjunktur betrifft: Zwischen 2016 und 2020 wird die Wirt¬schaft um nur 1,2 Prozent pro Jahr (und damit deutlich langsamer als der Durchschnitt der Eurozone) wachsen. Aber – sind das tatsächlich schlechte Nachrichten?
Was die in Österreich notierten Unternehmen betrifft, „jein“. Sicher wäre es fein, auf einen starken Heimmarkt zurückgreifen zu können. Aber laut Schätzungen österreichischer Analysten erzielen die ATX-Unternehmen zwischen 60 und 80 Prozent ihrer Gewinne ohnedies im Ausland. Die eher dürftige Binnenkonjunktur kann sie also einigermaßen kalt lassen. Im Gegenteil: Eine höhere Arbeitslosigkeit wirkt sich bei den Lohnkosten dämpfend aus, was für die Gewerkschaften und die Beschäftigten unangenehm ist, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen aber wenigstens nicht weiter einschränkt. Die Hoffnungen, dass höhere Einkommen (die ja auch durch die kommenden Steuersenkungen erreichbar sind) die Binnenkonjunktur ankurbeln, werden sich bestenfalls nur zum Teil erfüllen, da Österreich zahlreiche Konsumgüter (vor allem des langlebigen Konsums) importiert. Dass Österreich hier einiges aufzuholen hätte, bestätigt auch die Konjunkturprognose 2015 des Internationalen Währungsfonds, der vergangene Woche den Ausblick für Österreich um einen weiteren Zehntelprozentpunkt auf 0,8 Prozent zurückgenommen hat – gegenüber dem Eurozonen-Durchschnitt von 1,5 Prozent. Österreichs Wirtschaft wächst also nur halb so schnell.
Mäßig erfreulich ist auch die jüngste Studie der Österreichischen Nationalbank, die sich die Auslandsinvestitionen in Österreich angeschaut hat. Die ernüchternde Diagnose der OeNB: Das Interesse ausländischer Investoren an Österreich war heuer im ersten Halbjahr mit 2,9 Milliarden Euro „äußerst schwach“. An Eigenkapital zogen ausländische Investoren 150 Millionen Euro aus Österreich ab – ein Vorgang, der 2014 erstmals zu beobachten war. Laut OeNB beruhe das noch positive Gesamtergebnis „ausschließlich auf einem Verzicht aus Gewinnausschüttungen“: Ausländische Investoren erhielten zwischen Jänner und Juni zwei Milliarden Euro an Gewinnausschüttungen – um eine Milliarde weniger als vor Jahresfrist.
Kritik kommt auch vom Aktienforum, das eine Diskussion zum Thema Kapitalmarkt Österreich veranstaltete. Tenor auch dort: Österreich liegt, was das Verhältnis zwischen Wirtschaftskraft und Börsenkapitalisierung betrifft, international ganz weit zurück.
Ein Problem? Weniger für die notierten Unternehmen als für den Arbeitsmarkt, und genau hier liegt die Chance. Für den Arbeitsmarkt stellt die Börse ein ungehobenes Potenzial dar. Bleibt zu hoffen, dass die Politiker (auch die sozialdemokratischen) das bald erkennen. Denn auch für die Wiener Börse bedeutet dies ein beachtliches Potenzial.
Ein Beitrag von Franz C. Bauer
Franz C. Bauer ist Chefkolumnist des Austria Börsenbriefs
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