03.07.2016, 5237 Zeichen
Die Währung und die Wirtschaft?
Die Folgen eines schwächeren Pfund werden medial wohl deutlich zu negativ dargestellt. Ist es nicht vielmehr so, dass sich viele Länder im internationalen Wettbewerb eine schwächere Währung sogar wünschen? Allen voran die Japaner, aber nicht nur. Die Börse hat auch eine klare Antwort gegeben. International aufgestellte britische Kon- zerne wie beispielsweise der führende Spirituosenher- steller Diageo stehen im Kurs heute höher als vor dem BREXIT. Natürlich gibt es auch Gegenbeispiele, aber das Dramatisieren einer schwachen Währung ist oberflächlich und rational falsch. Auch wenn wir den Blick von heute lösen und einige Jahre in die Zukunft blicken. Warum sollte das Pfund strukturell schwächer sein als der EURO mit all seinen ungelösten politischen und auch wirtschaft- lichen Problemen wie etwa dem besorgniserregend schlechten Zustand des italienischen Bankenmarktes? Dafür fehlt jede Logik.
Auch wird immer wieder das grundsätzliche Anpassungspotential der Wirtschaft unterschätzt. Nur zur Erinnerung: Im 1. Quartal 2015 überboten sich nach dem „Schweizer- Franken-Schock“ viele Ökonomen mit düsteren Prognosen für die Schweizer Wirtschaft – damals allerdings mit dem Argument einer zu starken Währung. Es kam nicht so schlimm. Jetzt soll eine schwache Währung ein Drama sein? Die wirtschaftlichen Folgen sowohl für Großbritannien als auch für die EURO-Zone werden sicherlich spür- bar sein, aber nicht so dramatisch wie an diesen Tagen skizziert. Auch hier sei an eine alte Börsenerfahrung erin- nert. Geschaffene Fakten, ob gut oder schlecht, sind letzt- endlich immer ein Fortschritt weil eine neue Rechenbar- keit entsteht.
Schlecht wären dagegen Unsicherheit und ein jahrelanges Feilschen mit wechselnden Informationen und Botschaften.
Die Folgen für die EURO-Zone?
Dem Wort BREXIT steckt das Wort EXIT inne. Eine Exit- Strategie der EZB ist nach den letzten Ereignissen in noch weitere Ferne gerückt als sie ohnehin schon war. Wie man den Ausweg aus Minuszinsen und Anleihekäufen finden kann, ist aus heutiger Sicht schleierhaft. Die Zinsen, die Italien für beispielsweise 10-jährige Staatsschulden bezahlen muss, sind in den vergangenen 20 Jahren von 10 % auf etwa 1,5 % gesunken – mit dem heutigen Fazit beständig steigender Staatsschulden und eines maroden Bankenmarktes. Wie soll der Weg zu wieder höheren Zinsen funktionieren? Die finanzpolitische Lage der EURO-Zone wird sich daher eher verkomplizieren. Dennoch sind klare und konsequente Verhandlungen mit den Briten der einzige Weg, um Nachfolgeeffekte in anderen Ländern zu verhindern.
Die Folgen für die Geldanlage? Wenig Neues!
Das Tiefzinsumfeld in der EURO-Zone ist einzemen- tierter als es jemals war. Höhere Zinsen am kurzen wie am langen Ende sind das Letzte, was jetzt ge- braucht wird und werden daher auch dank einer un- verändert kräftigen EZB nicht eintreten. Die Zinser- höhung in den USA ist wieder unwahrscheinlicher geworden. Der BREXIT kann für die FED auch eine durchaus willkommene Begründung sein, da man ohnehin den Zinserhöhungen sehr zögerlich gegen- übersteht.
Es ist natürlich, dass im aktuellen medialen Umfeld der BREXIT als die alleinige und einzige Herausforderung der Weltwirtschaft dargestellt wird. Mit etwas Abstand betrach- tet werden wir erkennen, dass dies klarerweise eine Herausforderung ist. Aber sicherlich nicht die Einzige und auch nicht die Größte. Zentrale Herausforderung für die kommenden Jahre wird die Erkenntnis sein, dass die ak- tuellen Lösungsstrategien im Falle eines Problems – übrigens auch in China – immer nur steigende Schulden und tiefere Zinsen sind. Und dies wird nicht ewig fortschreibbar sein.
Ihr
Alois Wögerbauer
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