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Staatsanleihen - Geht eine altgediente Anlageform zugrunde? (Marc Schmidt)

Bild: © (www.shutterstock.com), Lichtblick, Tunnel, Schienen, Eisenbahn, Bahn, Zug, Hoffnung, Licht am Ende des Tunnels, aufwärts, Erleuchtung, Ausweg, Hilfe, http://www.shutterstock.com/de/pic-115459123/stock-photo-t...

Autor:
Marc Schmidt

Die Börsenblogger ist das einfache und direkte Sprachrohr von Journalisten und deren Kollegen, die teils schon mit jahrzehntelanger Arbeits- und Börsenerfahrung aufwarten können. Auch als professionelle Marktteilnehmer. Letztlich sind wir alle Börsenfans. Aber wir vertreten in diesem Blog auch eine ganz simple Philosophie: Wir wollen unabhängig von irgendwelchen Analysten, Bankexperten oder Gurus schreiben, was wir zum aktuellen (Börsen-)Geschehen denken, was uns beschäftigt. Das kommt Ihnen, dem Leser, zu Gute.

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28.12.2016, 5339 Zeichen

Staatsanleihen und ihre Vorformen sind neben Münzgeld die ältesten Finanzprodukte der Welt. Aber nicht einmal tausend Jahre nach ihrer erstmaligen Nutzung scheinen die Anleihen von öffentlichen Schuldnern jeglichen Reiz verloren zu haben. Geht damit diese Anlageform gänzlich zu Grunde?

Im Juni 2016 erlebten die Finanzmärkte einen historischen Moment: Deutsche Staatsanleihen, die sogenannten Bundesanleihen, wiesen erstmals in ihrer langen und erfolgreichen Geschichte negative Renditen aus. Damit erhielt die Bundesrepublik Deutschland Zinsen dafür, dass sie sich Geld ausleiht. Anders gesagt: Ein Anleger musste Geld dafür bezahlen, dass er der Bundesrepublik Deutschland Geld leihen darf – ein absolutes Novum! Das sind die Spätfolgen der weltweiten Nullzinspolitik, die in den 2000er-Jahren mit der Immobilienblase in den USA und daraus resultierenden der Lehman-Pleite im Herbst 2008 ihren Anfang nahm.

Während die USA, aber auch viele Euro-Länder, bereits seit langem mit einer höchst aktiven Notenbank vertraut sind, ist in Deutschland noch immer große Skepsis angesagt, wenn es um Maßnahmen der Europäischen Zentralbank geht, die über die normale Inflationssteuerung hinausgehen. Die Geldpolitik soll sich nach Möglichkeit aus der Wirtschaftspolitik heraushalten. Das war über Jahrzehnte erfolgreich gelebte Bundesbank-Geschichte. Doch mit der Einführung des Euro änderte sich alles.

Staatsanleihen spielen eine elementare Rolle

Da die europäische Währungsunion ohne eine weitere Angleichung der Wirtschaftspolitik eingeführt wurde, war bereits zum damaligen Zeitpunkt für viel Kritiker klar: Das geht schief. Dass es bis ins Jahr 2010 dauert, war damals noch nicht absehbar. Aber die Krisen in Griechenland, aber auch in Zypern, Italien, Spanien, Portugal oder Irland, sind Folge dieser Entscheidung von damals.

Da Staatsfinanzierung in den seltensten Fällen ausschließlich über Steuereinnahmen funktioniert, spielen in fast allen Staaten dieser Welt Staatsanleihen eine elementare Rolle im globalen Finanzsystem. Und so war es kein Wunder, dass mit dem Verfall der Zinsen nach 2008 auch die Staatspapiere immer weniger abwarfen. Solange die Bonität der Staaten zweifelsohne vorhanden ist, hat das keine großen Auswirkungen. Wenn jedoch die Zahlungsfähigkeit ganzer Volkswirtschaften in Frage gestellt wird, wie es in Griechenland der Fall war, hat dies auch Folgen für die jeweiligen Staatsanleihen. Der Kursverfall ist dabei nur ein Problem von vielen. Im schlechtesten Fall droht nämlich nicht nur der Ausfall von Zinszahlungen sondern der komplette Ausfall der Rückzahlung.

Dies war im Europa der Eurozone noch nie der Fall und musste nach Ansicht vieler auf politischen Druck um jeden Preis verhindert werden. Ausschließen mochte es aber niemand und unwahrscheinliche Ereignisse sind inzwischen ja durchaus realistisch geworden (Stichwort: Brexit). Einer der Gründe: Außerhalb Europas sind Staatspleiten durchaus Usus. Beispiel Argentinien. In Folge der großen Krise Anfang der 2000er-Jahre verloren viele Anleger ihr in argentinischen Staatsanleihen angelegtes Geld ganz oder zumindest zu großen Teilen. Grund hierfür war eine Wirtschaftskrise, die nur durch einen Kapitalschnitt bei den Staatsschulden gelöst werden konnte. Doch selbst ein Jahrzehnt später hat das südamerikanische Land noch immer mit den Nachwehen zu kämpfen. Argentinien ist übrigens kein Einzelfall. Die Geschichtsbücher zählen fast 300 Staatspleiten in den letzten 200 Jahren.

2017 – ein spannendes Jahr für Staatsanleihen

Als Zinspapiere galten Staatsanleihen lange in Europa als sichere Bank für Langfristanleger. Dementsprechend liegt ein Großteil der deutschen Staatspapiere in den Depots von Lebensversichern, Pensionsfonds oder anderen auf Bonität bedachten Investoren. Mündelsichere Anlagen ist hier das Schlagwort. Noch heute wirbt die Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH, das ist der zentrale Dienstleister für die Kreditaufnahme und das Schuldenmanagement des Bundes, mit den Worten für ihre Produkte: „Aufgrund ihrer langen Laufzeiten eignen sie sich insbesondere für die Geldanlage zur Altersvorsorge oder größere Anschaffungen in fernerer Zukunft.“

Das dürften sich Anleger angesichts der Negativzinsen bzw. Zinsen nahe Null dreimal durch den Kopf gehen lassen. Die aktuelle Entwicklung hat nämlich nicht nur für direkte Staatsanleihe-Investoren Auswirkungen. Auch indirekt spüren viele Deutsche die Entwicklung, da ein Großteil der deutschen Versicherer in Euro-Staatsanleihen investiert ist und dementsprechend Versicherungsprodukte nur noch geringe Renditen erwirtschaften.

Was so positiv für die Staatskassen ist – sie finanzieren sich so günstig wie noch nie – ist also extrem nachteilig für die Anleger. Die Frage ob und wenn ja, wann Staatsanleihen wieder Renditen, die diesen Namen verdienen abwerfen, kann nicht absolut beantwortet werden. Derzeit jedenfalls haben sie ihren guten Ruf eingebüßt. Ob sich das 2017 ändert, hängt auch vom neuen US-Präsidenten Donald Trump und dem Ausgang der Wahlen in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden ab.

Dieser Beitrag ist ein Stück aus EINBLICKE – dem neuen Magazin von dieboersenblogger.de. Unter markteinblicke.de finden Sie das gesamte Magazin. Dort können Sie in der Ausgabe blättern oder Sie laden es sich als PDF herunter. Künftig wird EINBLICKE einmal im Quartal erscheinen.

 


(28.12.2016)

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