25.01.2017, 3575 Zeichen
„Wer will schon der „greatest fool“ sein, der am Schluss die Bonds hat, deren primäre Richtung Süden und nicht mehr Norden ist?“
So ein Jahresbeginn hat schon was. Der Blick öffnet sich etwas. Die emotionalen Grenzen werden ein paar Monate nach vor gerückt. Die Budgetgespräche dürfen wieder optimistischer gefärbt sein. Die Chance gewinnt über das Risiko. Nicht lange, bis es dann wieder die ersten Rückschläge gibt und die Gläser wieder immer mehr halb-leerer werden. Das war die letzten Jahre immer so, könnte man daher fast auch für heuer erwarten. 2017 hat es aber in sich, zumindest etwas mehr „anders“ zu werden als die Jahre zuvor.
Da ist einmal dieses Reflations-Thema. Die Treasurer der diversen Unternehmen waren es schon so gewohnt in deflatorischen Mustern zu agieren, sodass ihnen die neue reflatorische Wahrheit wahrscheinlich nur langsam zur Gewissheit wird. Was vorher noch gut und richtig war, Cash oder Bonds zu halten weil die Deflation, und in Wirklichkeit die Bekämpfung dieser durch die Notenbanken, den Zucker ins Depot geblasen hat, ist nun anders. Performance kommt nicht mehr aus einer 0,25% Rendite auf 10 jährige deutsche Bundesanleihen. Da muss man plötzlich viel mehr aufpassen als vorher. Nachdem die Inflation stärker als erwartet stieg, neben Mieten und Essen auch Produzentenpreise stiegen und sich die Notenbanken ob ihres „Erfolges“ zumindest verbal stärker zurückziehen, werden auch die volkswirtschaftlichen Anzeichen deutlicher. Reflation ante portas. Die Konjunktur kehrt zurück. Und wer will schon wirklich der „greatest fool“ sein, der am Schluss die Bonds hat, deren primäre Richtung Süden und nicht mehr Norden ist. Also wird wieder investiert. Aber nicht in Anleihen sondern in sich selbst! Jedes Unternehmen, das einen positiven Return auf das eingesetzte Kapital erwirtschaftet, ist besser als so ziemlich alle seriösen Staatsanleihen am Planeten (Man möge mir bitte die Oberflächlichkeit verzeihen, Kapitalkosten und Ähnliches in dieser Argumentation pauschal hinter mich geworfen zu haben). Also investieren wir, wenn die EZB nicht mehr über dem Depot schwebt. Ein Donald Trump ist da gar nicht mal wirklich schuld daran. Es ist noch immer der kleine Junge, der laut ruft, dass der Kaiser ja gar keine Kleider an hat. Ein Donald Trump hat nur durch die Mehrheiten in Senat und Kongress niemanden der ihm entgegenruft. Also dreht sich der Wind in Richtung des Machbaren. Und da gibt es natürlich nach wie vor jede Menge an Möglichkeiten die auch Sinn machen.
Europa hat sich von dieser Einstellung teilweise bereits anstecken lassen. Die Chance auf Wachstum wird mittlerweile auch investitiv ergriffen. M&A, Investitionen, Ausbau von Produktionsstätten, selbst nach USA, sind kein Tabu mehr. Selbst in Richtung des aktivsten Akquisiteurs, China (!), wird versucht M&A umzusetzen. Chinesische Chemiefabriken werden bereits umworben.
Ein Staat, der es mehr als alle anderen braucht und daher auch umsetzen sollte, müsste Japan sein. Im Land der roten Sonne hat man sich die letzten Jahre im Schoß der Bank of Japan sicher wie nie fühlen dürfen. Das wird immer unwahrscheinlicher ein Ruhekissen. Jetzt muss das Geld in den Kreislauf geschickt werden, sonst droht jeglicher Rückfall gegen die asiatischen Peers. Deren Kreditmärkte funktionieren nämlich noch. China & Co haben damit zwar eine veritable „Kreditblase“ aufgebaut, aber damit auch ihr Wachstum finanziert. Japan hingegen sitzt am Cash. Und dieses Kissen wird zunehmend heiß und unangenehm.
Der Rest der westlichen Welt, insbesondere Europa, weiß genau wie sich das anfühlt.
Börsepeople im Podcast S22/13: Roland Meier
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