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Kommt der heiße Börsensommer? (Christoph Scherbaum)

Autor:
Christoph Scherbaum

Die Börsenblogger ist das einfache und direkte Sprachrohr von Journalisten und deren Kollegen, die teils schon mit jahrzehntelanger Arbeits- und Börsenerfahrung aufwarten können. Auch als professionelle Marktteilnehmer. Letztlich sind wir alle Börsenfans. Aber wir vertreten in diesem Blog auch eine ganz simple Philosophie: Wir wollen unabhängig von irgendwelchen Analysten, Bankexperten oder Gurus schreiben, was wir zum aktuellen (Börsen-)Geschehen denken, was uns beschäftigt. Das kommt Ihnen, dem Leser, zu Gute.

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14.06.2017, 4598 Zeichen

Der Börsenmonat Mai ist vorbei und er wurde seinem schlechten Ruf nicht unbedingt gerecht. Mit Blick auf die jüngsten Rekordhochs stellt sich die Frage, ob der Ansatz „Sell in May“ überhaupt noch gerechtfertigt ist. Ein heißer Börsensommer könnte die Börsenweisheit Lügen strafen.

Skepsis bei Privatanlegern. Schaut man auf die Stimmung der Privatanleger, fällt die Skepsis auf. Der comdirect Brokerage Index lag im Mai mit 94,7 Punkten zwar über dem Niveau des Vormonats April (92,4 Punkte), verharrt jedoch im Verkaufsbereich. „Die politische Lage bleibt turbulent. Trumps Verhalten auf dem G7-Gipfel und der Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen sowie der im Mai noch unklare Ausgang der UK-Parlamentswahl stimmen die Investoren weiterhin skeptisch“, sagt Stefan Wolf, Produktmanager Trading bei comdirect. „Verstärkt wird dieser Effekt von der bevorstehenden Sommerpause.“

Trotz der im Vergleich zum Vormonat April konstanten Stimmungslage, ließ sich im Mai an sich ein geteiltes Verhalten beobachten. So war die Kauftendenz in der zweiten Monatshälfte nahezu doppelt so stark ausgeprägt wie zu Monatsanfang. Dies sei darauf zurückzuführen, dass Anleger die Kursentwicklung des DAX sehr genau verfolgen, erklärt Stefan Wolf. Während der DAX in der ersten Monatshälfte an der 13.000-Marke gekratzt hat, blieben größere Käufe seitens der Anleger aus. „Die sehr hohen Werte sind vielen nicht geheuer und der Glaube an einen kurzfristig weiteren Kursanstieg ist offenbar sehr gering“, so Wolf. Mitte Mai verzeichnete der deutsche Leitindex einen temporären Einbruch von rund 170 Punkten. „Nachdem sich die Investoren einige Tage von der Stabilität des niedrigeren Niveaus überzeugen konnten, ist auch die Kauflaune angestiegen.“

Aktien bleiben beliebt. Das Anlegerverhalten bei Aktien blieb ebenfalls weitgehend unverändert. So stieg der Brokerage Index für Aktien im Mai nur geringfügig von 85,2 Punkten (April) auf 88,8 Punkte. Zu den Top-Käufen im Mai zählten Titel der Deutschen Bank, BASF und Daimler. Auf Platz vier und fünf der meistgekauften Werte lagen Aktien von ProSiebenSat.1 und Apple. „Bei dem Medienunternehmen hat ein Kursrückgang von zehn Prozent und die Meldung über ein durchwachsenes TV-Geschäft Schnäppchenjäger auf den Plan gerufen“, sagt Stefan Wolf. Bei Apple habe sehr wahrscheinlich Warren Buffet die Anleger aufhorchen lassen. Der US-Starinvestor hat seine Apple-Beteiligungen ausgebaut. Auf der Verkaufsliste finden sich altbekannte Titel von Daimler, Allianz, der Commerzbank, der Deutschen Bank sowie der Deutschen Telekom.

Unsichere Profi-Anleger. Schaut man auf die Profis wird die Lage auch nicht unbedingt klarer. Laut Merck Finck & Co. ist der Ausblick für die Weltwirtschaft zunehmend positiv, vor allem in Europa und den Schwellenländern. Die USA und das Vereinigte Königreich haben jedoch mit Gegenwind zu kämpfen. „Seit Sommer 2016 hellen sich die Konjunkturaussichten zunehmend auf“, sagt Robert Greil, Chefstratege von Merck Finck Privatbankiers, anlässlich der Veröffentlichung der „Investmentperspektiven für die 2. Jahreshälfte 2017“. In Europa scheine sich endlich ein synchroner Aufschwung zu bestätigen. Die zyklische Erholung, die in der zweiten Jahreshälfte 2016 ihren Anfang nahm, sei seit Beginn dieses Jahres noch stärker geworden. „Alles in allem könnte 2017 für Europa zum Rekordjahr seit der Krise mit mindestens 1,6 Prozent Wirtschaftswachstum werden.“

Aus Investmentsicht erscheint laut Merck Finck & Co. die Entwicklung in der zweiten Jahreshälfte nicht ganz so klar wie in der ersten. Zunächst habe die Verbesserung der weltweiten Konjunkturaussichten Unsicherheit bezüglich der Frage hervorgerufen, ob die Zentralbanken den Geldhahn offen lassen oder zudrehen. Höhere Anleiherenditen seien ein weiteres mögliches Hindernis. In Europa sei das politische Risiko allgegenwärtig, und auch in Asien herrschten politische Spannungen. Präsident Donald Trump sei ein Quell der weltweiten Unvorhersehbarkeit. Im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld sei es demnach wichtig, das große Ganze im Blick zu haben: Das Gewinn- und Umsatzwachstum beschleunigt sich, Investitionen nehmen zu und die Produktivität dürfte steigen.

Es wird also ein spannender Sommer werden.

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