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Mode: Aufruhr in deutschen Innenstädten (Christoph Scherbaum)

Bild: © www.shutterstock.com, Frau, Luxus, Handtasche, reich, Sonnenbrille http://www.shutterstock.com/de/pic-116149894/stock-photo-s...

Autor:
Christoph Scherbaum

Die Börsenblogger ist das einfache und direkte Sprachrohr von Journalisten und deren Kollegen, die teils schon mit jahrzehntelanger Arbeits- und Börsenerfahrung aufwarten können. Auch als professionelle Marktteilnehmer. Letztlich sind wir alle Börsenfans. Aber wir vertreten in diesem Blog auch eine ganz simple Philosophie: Wir wollen unabhängig von irgendwelchen Analysten, Bankexperten oder Gurus schreiben, was wir zum aktuellen (Börsen-)Geschehen denken, was uns beschäftigt. Das kommt Ihnen, dem Leser, zu Gute.

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26.08.2017, 6641 Zeichen

Die deutsche Modebranche hat sich in den vergangenen Jahren nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Es wurden sogar einige Pleiten beobachtet. Dabei wäre es viel zu einfach alles auf die neue Online-Konkurrenz zum klassischen stationären Handel zu schieben. Die Gründe sind weitaus vielfältiger. Gleichzeitig läuft die Suche nach Auswegen aus der Misere auf Hochtouren. In einer dreiteiligen Serie wollen wir von der Börsenblogger-Redaktion aufzeigen, wie diese Suche vorankommt. Nachdem gestern der erste Teil erschienen ist, folgt heute Teil zwei. Morgen wird der dritte und letzte Teil der Serie mit dem Fokus auf die Online-Anbieter Amazon und Zalando veröffentlicht.

Inditex wächst und wächst. In einer ersten Reaktion schiebt man die Probleme der deutschen Modeunternehmen auf die verschärfte Konkurrenzsituation durch den boomenden Online-Handel. Schließlich entfiel im Jahr 2016 in Deutschland laut Statistiken des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel (bevh) mit 11,16 Mrd. Euro der größte Teil an den E-Commerce-Umsätzen auf die Warengruppe Bekleidung. Allerdings tobt auch in den deutschen Innenstädten ein erbitterter Wettbewerb um die Laufkundschaft. Aufgrund erfolgreicher Unternehmen aus dem Ausland wie des schwedischen Textilunternehmens Hennes & Mauritz (H&M), ganz besonders jedoch aufgrund des irischen Textil-Discounters Primark ist die Konkurrenzsituation besonders angespannt. Ein Big Player ist auch Inditex (WKN: A11873 / ISIN: ES0148396007) aus Spanien.

Hierzulande geht das Unternehmen aus der galizischen Provinzhauptstadt A Coruña insbesondere mit der Marke Zara an den Start. Weltweit betreibt das 1963 gegründete Unternehmen unter seinen acht Marken, zu denen neben Zara auch Pull&Bear, Massimo Dutti, Bershka, Stradivarius, Oysho, und Uterqüe zählen, über 7.000 Geschäfte. Rund 150.000 Mitarbeiter werden beschäftigt. Gleichzeitig kommen aufgrund des rasanten Wachstumskurses immer mehr Arbeitsplätze hinzu. Steigende Gewinne und ein Börsenwert, der zuletzt sogar auch die Grenze von 100 Mrd. Euro überschritten hat, sind ebenfalls seit vielen Jahren zum Markenzeichen von Inditex geworden. Genauso wie attraktive Dividendenzahlungen. Alles in allem Gründe, warum auch Unternehmensgründer Amancio Ortega zum reichsten Europäer und zu einem der reichsten Menschen der Welt aufsteigen konnte.

Luxus kommt wieder in Mode. Das Topsegment wurde in den vergangenen Jahren von den Problemen in der Modebranche nicht verschont. Dort machte sich insbesondere die zwischenzeitliche Marktschwäche in China bemerkbar. Jahrelang galt die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt für Marken wie Burberry, Gucci, Ralph Lauren, Benetton, Christian Dior und viele andere als das gelobte Land. Ein starkes Wirtschaftswachstum, eine wachsende Mittelschicht und der Ruf nach Statussymbolen sorgten für Wachstumsfantasien. Allerdings versetzten ein schwächeres Wirtschaftswachstum und vor allem der Kampf der Regierung in Peking gegen Korruption sowie gegen die hohen Ausgaben von Beamten der Branche einen Schlag. Die Hoffnung ist groß, dass die Lust der Chinesen auf Luxusgüter zurückkehrt.

Auch deshalb hat die britische Modemarke Burberry bereits im Vorjahr die restlichen 15 Prozent an ihrem chinesischen Einzelhandelsgeschäft von Sparkle Roll Holdings Limited übernommen. Für weitere 54 Mio. Britische Pfund (GBP) sicherte sich Burberry die vollständige Kontrolle über das China-Geschäft. Auch auf dem restlichen asiatischen Markt will Burberry noch stärker auf Eigenregie setzen. Schließlich lassen sich auf diese Weise noch höhere Margen erzielen. Ein Trend, der die ganze Branche erfasst hat. Allerdings ist auch das Risiko entsprechend höher. Nur gut, dass Burberry schon Ende 2016 festgestellt hat, dass man in der Region Asien-Pazifik auf den Wachstumspfad zurückkehren konnte, während auf dem chinesischen Festland eine stärkere Wachstumsdynamik und auf dem wichtigen Markt in Hongkong weitere Verbesserungen ausgemacht wurden.

Dass man sich um die schwierige Weltkonjunktur und die zwischenzeitliche Schwäche einiger Branchenkonkurrenten keine Gedanken machen muss, wenn man nur starke Marken und Standhaftigkeit in Bezug auf gewährte Rabatte hat, zeigen der französische Konzern Kering und seine Luxusmarke Gucci. Die italienische Kultmarke ist seit vielen Jahren Teil der Kering Group (ehemals PPR), einem weltweit führenden Mode- und Accessoires-Konzern, zu dem viele weitere Luxus-, Sport- und Lifestyle-Marken gehören. Dank eines starken organischen Wachstums konnte Kering im vergangenen Jahr auf Konzernebene das höchste Umsatzwachstum seit 2012 verbuchen. Zu dem starken Wachstum hatten insbesondere die Luxusmarken Yves Saint Laurent und Gucci mit Zuwächsen in Höhe von 25,5 bzw. 12,7 Prozent beigetragen. Dabei war Gucci im Schlussquartal mit einem Wachstum von 21,4 Prozent besonders stark. Auf der Ergebnisseite fielen die Zuwächse gegenüber dem Vorjahr sogar noch beeindruckender aus. Aus diesem Grund erwartete die Anteilseigner ein satter Dividendenanstieg von 15 Prozent auf 4,60 Euro je Aktie. Gleichzeitig konnte Kering in vielen Bereichen die Ausrutscher der Konkurrenz nutzen und Marktanteile hinzugewinnen. Auch für 2017 hat sich das Management trotz eines immer noch herausfordernden Marktumfelds einiges vorgenommen. Zumal sich die chinesischen Konsumenten nach einer Periode, in der sie Luxusgüter verschmähten, wieder beherzter zugreifen könnten.

Zurück zu alter Stärke. Selbst wenn die Lust der Chinesen auf Luxusgüter und teure Kleidung im ganz großen Stil zurückkehren sollte, können nicht sämtliche Modeunternehmen, die in den vergangenen Jahren unter der Schwäche der Branche hierzulande gelitten haben, gleich in das hochpreisige Segment wechseln. Die deutschen Modeunternehmen wie Gerry Weber, Hugo Boss, Tom Tailor und andere werden sich zunächst auf die von ihnen aufgelegten Restrukturierungs- und Sparprogramme konzentrieren müssen. Während erste Erfolge sichtbar sind und sich die Aktienkurse leicht erholt haben, sind wir noch weit von der Situation vergangener Jahre entfernt, als solche Unternehmen hierzulande an der Börse geradezu gefeiert wurden. Unternehmen wie Inditex, Zalando oder Amazon gehören dagegen schon heute zu den Siegern des erbittert geführten Kampfes um die Kundschaft in den deutschen Innenstädten und vor allem im Internet. Das heißt jedoch nicht, dass die bisherigen Nachzügler nicht aufholen könnten. Es wird in jedem Fall ein beschwerlicher Weg. Ausgang offen.

Dieser Beitrag ist ein Stück aus marktEINBLICKE – dem Quartals-Magazin der Börsenblogger-Redaktion für Geldanlage und Lebensart. Erhältlich am Kiosk, als Online-Ausgabe oder im Abo. www.markteinblicke.de


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