29.08.2017, 4289 Zeichen
Die letzten Wochen brachten einige doch unterwartet heftige Kursreaktionen bei einzelnen Aktien zu Tage. Jede, wenn auch nur im Hauch erkennbare Enttäuschung wurde zumeist gnadenlos für Gewinnmitnahmen genutzt. Die geringere Liquidität im Sommer tat vielleicht auch ihr Übriges. Und doch ist es ein typischer Beweis wie gut unsere Märkte aktuell positioniert sind.
Klingt vorerst nach Wiederspruch. Wie kann etwas gut sein, wenn beim kleinsten Zucker gleich 20% Kursgewinn ausradiert werden? Das hat aber seinen Grund, denn es ist so weil die generelle Annahme eines Konjunktur- und Gewinnwachstums dermaßen stark über unseren Marktköpfen schwebt. Jede Störung dieser Annahme setzt Korrekturaktivitäten in Gang um die generelle Annahme nicht zu stören. Man siebt jede mögliche Störung aus, um den gesamten Erfolg nicht zu vernebeln. Ist natürlich ein gefährliches und wohl auch recht zynisches Spiel, so lange alle Störenfriede vom Fußballspiel auszuschließen bis nur mehr die Ronaldos dieser Welt am Platz übrig bleiben. Wird so weder am Fußballfeld noch an der Börse wirklich funktionieren können. So lange aber noch genug „Ersatz-Ronaldos“ im Kader stehen geht es aber. So weit so gut.
Die Art und Weise wie auf schlechter als erwartete Zahlen und Berichte zuletzt reagiert wurde fällt aber schon auf. Es ist ungewöhnlich, auf ein durch Sondereffekte einmalig gesunkenes EBIT gleich die Marktkapitalisierung einer Aktie ums 5-fache EBIT zu reduzieren. Trotz einer guten Position inmitten einer boomenden Wirtschaft. Genauso wenig erklärt es sich unmittelbar, wenn ein Wert um 20% fällt nur weil die Erteilung eines Auftrags nicht mehr gewiss erscheint. Dies trotz des vorherigen Ausschlusses dieses Auftrages aus den Kalkulationen aller Analysten. Die Reihe lässt sich um etliche Beispiele erweitern, allen ist aber gemein, dass die linear ausgerichteten Erwartungen korrigiert werden mussten, zumeist nur einmalig und sogar ohne Verletzung des langfristigen Gewinntrends, aber eben korrigiert.
Die Antworten auf die Frage nach der dahinter liegenden Handlungsratio liegen auf der Hand: a) die Marktteilnehmer agieren zunehmend quantitativ. Wenn sich ein Parameter in den Bewertungsmodellen ändert, dann wird sofort und umgehend reagiert. Keine Zeit für qualitative Erkenntnisse. b) die Investitionsperspektiven sind noch immer nicht langfristig ausgeprägt. Die Zeit die ein Geschäftsmodell braucht um eventuelle zyklische Effekte zu glätten ist aktuell zu lange. Man jagt der Spitze der Welle nach und nicht der Sicherheit des Geschäftsmodells. c) die Sicherheit bezüglich des Investments in Aktien wird noch an der kurzen Leine der Notenbankaktivitäten gehalten. Sich an die Flut aus den Druckmaschinen der EZB zu gewöhnen fällt leicht. An deren Ende zu denken dagegen schwer. Also beobachtet man genau wie lange der Strom noch andauern könnte und richtet sich immer kurzfristiger daran aus. d) der regulatorisch bedingte Ordnungsruf bezüglich der Asset Allokation ist noch immer vorherrschend. Selbst wenn die großen Investoren unserer Wirtschaftsräume, die Versicherungen, Pensionskassen und auch Banken wollen würden, sie dürfen nur in eng bemessenem Rahmen Aktien kaufen. Sie müssen es sich erst „leisten können“ schreibt der Regulator vor. Wie schon so oft geschrieben, ein Zustand, der vermeintliche Sicherheit im Jetzt, der Sicherheit im Wachstum vorzieht. Entmündigung par Excellence. Wie das Kind, das nicht nach Draußen darf, weil der Wind weht. Man könnte sich ja verkühlen.
Das alles steht und fällt mit dem konjunkturellen Zustand unseres Europas. Je besser dieser, und es sieht nach wie vor danach aus, dass die Volkswirte immer noch, trotz festem Euro, teurer Schminke von Emanuel Macron, Dieselgate-Instrumentalisierung und Hurrikan in Texas, zu tief liegen, umso eher wird sich das Investment in Richtung Wachstum und Chance entwickeln. Und dann werden die „fallen Angels“ von heute wieder zu den „Engeln von morgen“ geadelt, denn so lange deren Geschäftsmodell nicht gravierend beschädigt wurde, und das ist nur in den seltensten Fällen passiert, so lange wird aus dem Fluch die Chance geboren und aus minus 20% die Chance auf zumindest 20% Gewinn. In ein paar Wochen wird man bereits über 2018 und darüber hinaus stärker nachdenken. Die Perspektive wird dann zum Markt.
Börsepeople im Podcast S22/15: Peter Bösenberg
Bildnachweis
Aktien auf dem Radar:VIG, Austriacard Holdings AG, Amag, Palfinger, Pierer Mobility, EuroTeleSites AG, CPI Europe AG, ATX, ATX Prime, ATX TR, ATX NTR, DO&CO, Erste Group, Rosgix, CA Immo, voestalpine, Warimpex, Frequentis, Heid AG, Wolford, BKS Bank Stamm, Oberbank AG Stamm, AT&S, EVN, FACC, Österreichische Post, RHI Magnesita, Semperit.
Random Partner
Porr
Die Porr ist eines der größten Bauunternehmen in Österreich und gehört zu den führenden Anbietern in Europa. Als Full-Service-Provider bietet das Unternehmen alle Leistungen im Hoch-, Tief- und Infrastrukturbau entlang der gesamten Wertschöpfungskette Bau.
>> Besuchen Sie 62 weitere Partner auf boerse-social.com/partner
Latest Blogs
» Österreich-Depots: Immer wieder am All-time-High gescheitert (Depot Komm...
» Börsegeschichte 18.12.: ams, voestalpine, Semperit, CA Immo (Börse Gesch...
» Nachlese: Wolfgang Matejka, Gunter Deuber und Christian Drastil werden a...
» PIR-News: EVN, RBI, Strabag, Erste Group, Research zu Uniqa (Christine P...
» Wiener Börse Party #1058: ATX vor dem Dezember-Verfall etwas schwächer, ...
» Wiener Börse zu Mittag leichter: EVN, Porr, Pierer Mobility gesucht
» Börse-Inputs auf Spotify zu u.a. Vienna Calling am 29.12., Lars Reichel ...
» ATX-Trends: VIG, RBI, Bawag, AT&S ...
» Österreich-Depots: Kleine Korrektur (Depot Kommentar)
» Börsegeschichte 17.12.: Extremes zu Lenzing (Börse Geschichte) (BörseGes...
Useletter
Die Useletter "Morning Xpresso" und "Evening Xtrakt" heben sich deutlich von den gängigen Newslettern ab.
Beispiele ansehen bzw. kostenfrei anmelden. Wichtige Börse-Infos garantiert.
Newsletter abonnieren
Runplugged
Infos über neue Financial Literacy Audio Files für die Runplugged App
(kostenfrei downloaden über http://runplugged.com/spreadit)
per Newsletter erhalten
- Wiener Börse: ATX legt am Donnerstag 0,24 Prozent zu
- Wiener Börse Nebenwerte-Blick: Heid steigt mehr a...
- Wie Heid AG, Pierer Mobility, Frequentis, Wolford...
- Wie VIG, Porr, EVN, RBI, Andritz und Uniqa für Ge...
- Österreich-Depots: Immer wieder am All-time-High ...
- Börsegeschichte 18.12.: ams, voestalpine, Semperi...
Featured Partner Video
Wiener Börse Party #1056: ATX minimalistisch zu neuem Rekord, Wienerberger top, hohe Volumina Erste Group, Opening Bell Claudia Eder
Die Wiener Börse Party ist ein Podcastprojekt für Audio-CD.at von Christian Drastil Comm.. Unter dem Motto „Market & Me“ berichtet Christian Drastil über das Tagesgeschehen an der Wiener Börse. Inh...
Books josefchladek.com
Florian Rainer
Tagada
2025
Fotohof
Nikola Mihov
The Last Gift
2025
Self published
Konrad Werner Schulze
Der Stahlskelettbau
1928
Wissenschaftl. Verlag Dr. Zaugg & Co.
