20.02.2018, 4395 Zeichen
Die letzten Tage und Wochen an den Kapitalmärkten waren eine Hochschaubahn der Gefühle. Erkenntnisgewinne gab es kurz danach zu Hauf. Neben einer gestiegenen Portion Skepsis gegenüber neuen Fondserrungenschaften oder Managementansätzen so auch ein gehörige Portion Skepsis zum Zustand unserer Märkte selbst. Das Wort „Bubble“ fiel so oft, wie schon Jahre nicht, und die Interpretationen bezüglich der Zukunft unserer Assets streuten wie beim Tontaubenschießen bei Nacht. Vielleicht Zeit, sich mit dem Thema „Bubble“ einmal objektiver auseinander zu setzen.
Die Blasen an Kapitalmärkten sind immer im Nachhinein klar und transparent. Die so oft dann vorherrschende dekursive Intelligenz ist vielleicht einer der wenigen Fixpunkte im Leben von Bubbles, aber auf solche kann man eigentlich verzichten, weil Besserwissen im Nachhinein gibt‘s ja sowieso immer.
Die Natur einer Blase wollen wir einmal anhand unserer aktuellen Aktienmärkte beleuchten weil die Rentenmärkte haben das Stigma ja ohnehin schon seit Jahren umhängen und Dank der regulatorischen Aufsicht ändert sich daran nun einmal so schnell nichts. Also zu den Aktien:
Da gibt es grob vier Arten von Übertreibungskategorien. Einmal die fundamentale Falle. Man fühlt sich im fundamentalen Mantel unschlagbar und extrapoliert die Wachstumsraten und Gewinnentwicklungen immer länger und länger hinaus. Nokia war so ein Beispiel, als man bei einem Marktanteil von damals 48% im Mobilfunkmarkt locker in Richtung der 70-80% projizierte. Harte Landung fast schon garantiert. Dann gibt es die Bubble der Nachahmer. Man kauft, weil alle anderen kaufen. Egal ob der Hausverstand ein Veto einlegt oder nicht, die anderen sind ja auch nicht dumm, und die kaufen noch immer wie wild. Also kauft man auch. Die nächste Falle baut sich auf, wenn die Segnungen neuer technologischer oder politischer Entwicklungen übertrieben euphorisch an den Kapitalmärkten extrapoliert werden. Internet, Steuerreformen, China, Bitcoin, etc. … alles Gründe in der Euphorie auch über sich selbst nachzudenken. Und es gibt noch eine tolle Übertreibung wenn man, obwohl man weiß, dass es bereits viel zu teuer ist und man eigentlich warten sollte, trotzdem kauft, um es später anderen weiter zu verkaufen. Diese „Greater Fool-Theorie“ kann man getrost auf viele Assetklassen anwenden. Sie ist immer wieder präsent.
Jetzt stellt sich natürlich die Frage, in welcher dieser Welten wir uns gerade bewegen? Und ob überhaupt? Schwierig, denn die regionalen Unterschiede sind hier noch gar nicht beleuchtet. Sehen wir uns die USA mit ihren Bewertungen an, dann kann man bald Eckpunkte aller vier Typologien erkennen. Euroland dagegen passt vielleicht in die fundamentale Ecke, aber historisch teuer sind wir ja noch gar nicht. Wo liegen daher die Übertreibungen? Gibt es überhaupt derzeit Bubbles an den Aktienmärkten?
Und das ist ja gerade die Krux an der Sache. Unsere Kapitalmärkte sind inzwischen dermaßen transparent geworden, dass das Erkennen von Blasen eine Frage von Minuten sein kann, weil dies von der steten Interpretation aktueller Daten anhängig ist. Wir sind Informationsjunkies geworden, die hinter jeder Meldung den Startschuss irgendeiner Erkenntnis wittern, die die Über- oder Unterbewertung offenbart. Eigentlich eine Mischung aus allen diesen obigen Definitionen, die uns permanent umschwirrt. Wie die uns Cineasten bekannte Barbarella traumverloren durch ihr Fantasyland irrt, den Filmstudios und der damaligen Zeit entsprechend, mit viel Ballonen und Rosa und Orange, wie im Traum ihre Abenteuer besteht, sind wir auch manchmal wie in Watte gepackt zwischen Faszination, Erkenntnis und Analyse hin und her gerissen.
Dabei ist es, knallhart gesprochen, gar nicht so schwer, denn man muss sich ja bloß an die fundamentalen und volkswirtschaftlichen Fakten halten und die sehen noch immer sehr gut aus. Die können auch nicht über Nacht in sich zusammenstürzen. Europa bleibt daher attraktiv. Das Dumme daran ist nur, dass wir nicht allein auf diesem Börse-Planeten leben und wir immer mit der Übertreibung an anderen Sektoren oder Börsenplätzen rechnen und argumentieren müssen und daher nicht umhinkönnen diese Schwankungen mit in unser Kalkül der Investitionsströme einzubinden. Am Ende gewinnt natürlich der fundamental Gute, aber der Weg zum Sieg ist lang, steinig und von vielen Fallen begleitet. Barbarellas Welt ist da einfacher. Trotz der vielen Ballons.
Börsepeople im Podcast S22/11: Martina Draper
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