15.03.2018, 4079 Zeichen
Aus dem Börsenbrief im Sinne des Börse Social Network Club. http://www.boerse-social.com/gabb
Investmentclub Hardcore. Ja, es gibt sie noch, die "echten" Wertpapierclubs der Neunziger Jahre und davor. Unvorstellbar heute im Zeitalter der Internetbroker, wo jeder Anleger kostengünstig sein eigenes Depot aufmachen kann, dass man sich zu einem förmlichen Club mit gemeinsamen Veranlagungen zusammenschließt. Braucht der aufgeklärte Anleger so etwas? Interessanterweise ist die Aktionärsquote in Österreich auch nach 25 Jahren nicht gestiegen. Was man so liest, liegt sie immer noch bei nur 4% wie zu Zeiten des "Wildwestbörse" der 90er, wo es noch nicht so strenge Regeln gab wie heute.
Der Investmentclub Austria hat das alles mitgemacht. Vom "Goldrausch" der 90er bis zur gefesselten Börse von heute. Natürlich hat das Investieren früher sehr viel mehr Spaß gemacht. Aus dieser Zeit kommen auch die meisten Clubmitglieder, glaube ich, ganz junge Leute finden den Weg zum monatlichen Treffen im Hotel Stefanie in der Taborstraße nicht. Sie wissen wohl gar nicht, dass es diesen doch recht großen Club (mehrere Hundert Mitglieder aus ganz Österreich) gibt, bzw. dass jeder Interessierte beitreten kann, nicht nur Reiche oder Börseprofis. Unterteilt in verschiedene Veranlagungsgruppen. Schwerpunkt IT, Schwerpunkt USA, Schwerpunkt Österreich, Schwerpunkt Fonds, jeder findet die zu ihm passende Gruppe. Ich erinnere mich an die Anfänge: die Bank Austria hat sehr viel bei der Gründung geholfen, und dabei, alles auf rechtlich einwandfreie Basis zu stellen. Und die Regeln des Clubs haben sich auch den geänderten Gesetzen anpassen müssen. Wo alles einwandfrei laufen muss, sind Formalitäten halt notwendig.
Am 14.3.2018 war wieder so ein netter Clubabend. Wir wurden über Zukunftstrends und die passenden Fonds kompetent informiert. Gern gesehen sind Vortragende aus der Fondsbranche, die den Hauptakt bestreiten, manchmal stellt sich auch eine AG selbst vor, oder wir werden zu steuerlichen Themen informiert. Das eigentliche Clubgeschehen besteht aus der Diskussion, welche Aktien ge- und verkauft werden sollen. Manchmal gibt es keinen Transaktionsbedarf, manchmal wird über eine Problemaktie auf dem Depot diskutiert, oder über eine Aktie, die genug gestiegen zu sein scheint, und manchmal wird eine neue Aktie vorgestellt. Der Club darf nur in börsenotierte Wertpapiere investieren.
Dann redeten wir unter Gleichgesinnten über sonstige Geschehnisse rund um die Geldanlage, über unsere privaten Veranlagungserfolge. Ja, sowas tut dem geprügelten Anlegerherz gut, der aus Politik und Gesellschaft so viele negative Emotionen dem Kapitalmarkt und den Anlegern gegenüber vernehmen muss. Hier gibt es keinen Neid. Hier gibt es Anerkennung. Oder Trost. Jedenfalls trifft man hier Menschen, die den Anleger verstehen.
Ich habe großen Respekt vor Menschen, die so einen "Hardcore"-Club, also so einen Club von durch und durch überzeugten Aktionären, gründen und managen. Mich würde interessieren, wie viele Hardcore-Wertpapierclubs es in Österreich noch gibt. In den 90ern, als die Börse eine Zeitlang "hip" war, haben ja viele Banken solche Clubs initiiert. Haben alle überlebt? Wäre schade, wenn sie unentdeckt blieben. Egal bei welcher Bank, der Kapitalmarkt muss zusammenhalten. Ich kann mir schon vorstellen, dass diese Clubs kein Geschäft für die Depotbank sind, sie brauchen ja einiges an Betreuung bis hin zu Rechtsberatung, denke ich. Umso mehr wäre es wichtig, dass die Clubs nicht dahinschmelzen, sondern dass sie auch Neuzugänge haben, damit die Weiterführung sich eher lohnt. Und vielleicht ein bisschen mehr Öffentlichkeit. Ist ja was Ehrenwertes, einen Wertpapierclub zu unterhalten.
Unser Boerse Social Network Club ist keine Konkurrenz, gerne wollen wir zB die Kollegen von weit entfernten Clubs, wenn sie die HV ihrer AG in Wien nicht besuchen können, vertreten. Wie ich von Christian Drasti und Josef Chladek höre, soll es bald losgehen mit unserem "Wertpapierclub 2.0" (wie sie sagen) und Mitte Mai der grosse Kick-Off sein auch mit der Vernetzungsplattform. VIelleicht auch schon früher.
Börsepeople im Podcast S22/11: Martina Draper
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