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Privat oder Staat? Wer soll unsere Kinder finanziell erziehen? (Michael Plos)

04.09.2021, 9504 Zeichen

Der Anforderungen an öffentliche Schulen sind groß. Die Bildungsstätten sollen die Schülerinnen und Schüler nämlich auf nicht weniger als “das Leben” vorbereiten. In manchen Bereichen wird man diesem Anspruch durchaus gerecht. In anderen aber überhaupt nicht. Zum Beispiel bei der Finanzbildung. Aber muss man das überhaupt negativ sehen?

Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie Anfang letzten Jahres ist der Ruf nach “mehr Staat” immer lauter geworden. Es gab dabei auch durchaus gute Gründe, warum man von der Politik verlangt hat, diverse Maßnahmen zu setzen. Seien diese nun gesundheits- oder finanzpolitischer Natur.

Was soll unterrichtet werden?

Für alle Eltern mit schulpflichtigen Kindern gibt es aber auch noch einen weiteren zentralen Aspekt. Wie sieht es mit der Bildung aus? Oder konkreter: Welche Inhalte sollen in der Schule vermittelt werden? Also abgesehen von elementaren Dingen wie sinnerfassendem Lesen, Schreiben und Rechnen.

Hier gehen die Meinungen der Eltern in den meisten Bereichen auseinander. Die einen fordern mehr Bewegung, die anderen wollen, dass ihre Kinder mehr Zeit (oder andere Ressourcen) für Schul-Theateraufführungen zugestanden bekommen. Ich persönlich hätte übrigens gerne beides.

Relativ einig ist man sich interessanterweise jedoch, wenn es um das Thema Finanzbildung geht. Hier herrscht nämlich nicht nur Konsens darüber, dass zu wenig getan wird. Sondern auch, dass künftig mehr gemacht werden soll (was übrigens ein klares Zeichen dafür ist, dass sich die allermeisten Eltern/Menschen als nicht kompetent genug erachten, es selbst zu tun). Und auf den ersten Blick spricht wenig dagegen.

Der Status Quo

Doch sehen wir uns zunächst die Ausgangslage an. Wird in den Schulen tatsächlich so wenig Finanzwissen vermittelt, wie gemeinhin angenommen wird? Die Antwortet lautet (leider) JA! Das schreibe ich im Brustton der Überzeugung. Doch wie komme ich zu dieser ernüchternden Diagnose? Schauen wir uns für die Antwort in aller Kürzer meinen persönlichen akademischen Werdegang an. Ich habe im öffentlichen Schulsystem stets den kaufmännischen Zweig gewählt. Sei es nun im Gymnasium, in der Berufsbildenden Höheren Schule (Handelsakademie) oder schließlich im Studium (Bachelor in Bank- und Finanzwirtschaft / Master in Banking & Finance). 

Klar, ich habe im Laufe meiner Schul- und Studienzeit so einiges über Finanzen gelernt. In erster Linie jedoch, WIE man in der Finanzbranche Geld verdienen kann. Das ist zwar hilfreich. Jedoch darf man dieses Wissen nicht mit dem Begriff der Finanzbildung gleichsetzen. 

In dieser dreht sich nämlich alles darum, als Privatperson gute finanzielle Entscheidungen zu treffen. Im Englischen fasst man das eben Genannte unter “personal finance” zusammen. Die direkte Übersetzung “persönliche Finanzen” ist mir persönlich jedoch zu sperrig. Deshalb bleiben wir bei in weiterer Folge dieses Beitrags einfach bei Personal Finance. Jedoch mit großen Anfangsbuchstaben.

Personal Finance als Schulfach?

Nun haben wir also einen Begriffsdefinition für Finanzbildung gefunden. Damit sollten ja alle Probleme aus dem Weg geräumt sein, um ein Schulfach daraus schnitzen zu können. Doch ist das wirklich so einfach? Ja und nein. 

Ja, denn bei Personal Finance handelt es sich um ein Fachgebiet, das auf einigen wichtigen Grundprinzipien aufbaut. Hat man diese erst einmal verinnerlicht, steht einem Leben voller kompetenter Geld-Entscheidungen eigentlich nichts mehr im Wege. Doch es gibt auch Gegenargumente. Und das bringt uns zum oben angeführten “nein”.

Ein Schulfach “finanzielle Erziehung” ist nicht so einfach umzusetzen, wie es auf den ersten Blick scheint. So basiert Personal Finance nicht nur auf Prinzipien der Mathematik, sondern auch auf jenen der Marktwirtschaft. Marktwirtschaft? Da war doch was. Ja, genau. So lautet ein anderes Wort für Marktwirtschaft nämlich Kapitalismus. Ein in unseren Breiten belasteter Begriff. Und genau hier lauert das Problem.

Überzeugtes Lehrpersonal gesucht

Lehrer und Lehrerinnen eint in der Regel die Begeisterung für ihr jeweiliges Schulfach. So schwärmen Mathematik-Lehrer im Normalfall für die Zahlenlehre während Deutsch-Lehrerinnen einen ausgeprägten Sinn für Literatur haben. Turnlehrer sind oft sportlich, Musiklehrerinnen musikalisch. Ich denke, die Idee hinter der Aussage ist soweit verständlich.

Doch wie sieht das bei Lehrern aus, die Finanzbildung vermitteln sollen? Es ist schwierig. Denn in der Regel ergibt sich folgendes Bild: Wenn man versteht, wie man gute finanzielle Entscheidungen trifft, entwickelt man entsprechende Gewohnheiten. Diese Gewohnheiten führen wiederum fast zwingend dazu, dass man langfristig Wohlstand aufbaut.

Wer soll unterrichten?
Wer soll unterrichten?

 

Nun stellt sich jedoch folgende, durchaus provokante Frage: Wie viele wohlhabende Lehrer und Lehrerinnen kennst du? Wenige? Ich auch. Genau das lässt den Umkehrschluss zu, dass diese wohle keine guten finanziellen Gewohnheiten an den Tag legen. Das wiederum lässt darauf schließen, dass sie die Grundzüge der Geldkompetenz nicht verinnerlicht haben. Und daraus ergibt sich gleich das nächste Problem.

Ich frage dich: Denkst du, dass ausreichend Lehrpersonal vorhanden ist, um flächendeckend authentischen Personal Finance Unterricht zu gewährleisten? Ich habe da meine Zweifel. Und dann kommt sogar noch ein dritter Punkt dazu:

Als Elternteil wünsche ich mir für meine Kinder sportliche Turnlehrerinnen, musikalische Musiklehrer, begeisterte Mathematik- und Deutschlehrerinnen. Hand aufs Herz: Wie viele Lehrer und Lehrerinnen fallen dir ein, die das Thema Personal Finance mit Herzblut unterrichten könnten? Mir nicht so viele. Das liegt nicht zuletzt an der gerade unter Lehrern und Lehrerinnen weit verbreiteten Ablehnung gegenüber dem Kapitalismus, den es bei uns in seiner Reinform ja überhaupt nicht vorhanden ist. 

Kurzer Exkurs: Wer bei einer Staatsquote von 54,8 Prozent in Österreich bzw. 51,3 Prozent in Deutschland die “neoliberalen Auswüchse” des Kapitalismus als Problem identifiziert, hat nicht ganz verstanden, was die ökosoziale Marktwirtschaft (die bei uns herrscht) eigentlich ist. Doch wir schweifen ab.

Ein Lösungsansatz

Ich denke, dass der Wunsch nach Finanzbildung in den Schulen berechtigt ist. Vor allem, weil Personal Finance Unterricht für Kinder aller Gesellschaftsschichten die Grundlage für wirtschaftlichen Aufstieg darstellen kann. Und in der Theorie klingt das Alles ganz wunderbar. Doch in Finanzfragen kommt es eben auf die Praxis an. (kurze Anmerkung: sonst wären die wohlhabendsten Menschen der Welt ja Wirtschaftslehrer). Das bedeutet jedoch nicht, dass man das Thema gleich wieder zu den Akten legen muss.

 

Es heißt bloß, dass man kreativ werden sollte. Zum Beispiel indem sich das Lehrpersonal mit Praktikern zusammenschließt. Ich meine damit echte Unternehmer und Unternehmerinnen und keine Konzern-Mitarbeiter (etwa von Banken), die Schülerinnen und Schülern ihre Produkte verkaufen wollen. Gut geeignet wären beispielsweise die Eigentümer von Handwerksbetrieben aus der Region. Diese sollte man für Gast-Vorträge in den Personal Finance Unterricht holen.

Passende Lehrer
Passende Lehrer

 

Doch warum gerade Unternehmerinnen aus der Region? Nunja, weil diese alles mitbringen, was es braucht. Und das mit reichlich Praxisbezug. Sie verstehen, dass Geld eine endliche Ressource ist, die gut eingeteilt werden muss. Sie verstehen, was gute Schulden (Investitionen) und was schlechte Schulden (Konsum) sind. Sie kennen den Unterschied zwischen Bedürfnissen und Wünschen. Sie wissen aus erster Hand, dass man für seine Taten auch Verantwortung tragen muss.

Und nicht zuletzt sind sie ein tolles Beispiel dafür, was Marktwirtschaft im Positiven bewirken kann. Wie funktioniert das mit den Produkten (oder den Dienstleistungen), die eine Nachfrage befriedigen? Wie führt dies in weiterer Folge zu mehr Arbeitsplätzen und schließlich zu mehr Wohlstand für alle? Wie läuft das mit den Kosten-Kalkulationen, wenn man berücksichtigen muss, dass auch Vater Staat seinen Anteil haben will? Auf all diese Fragen haben zwar vielleicht auch Lehrer Antworten. Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist jedoch groß. Zu groß.

Meine Vision

Ich bin fest davon überzeugt, dass Finanzbildung in der Schule funktionieren kann. Allerdings nur auf einer sehr individuellen Basis und nicht standardisiert. Findet man Lehrpersonal, das mit Feuereifer bei der Sache ist und holt auch noch externe Praktiker/Unternehmerinnen dazu, kann das Ganze sogar zu einem Riesenerfolg werden.

Finanzbildung: Eine Vision
Finanzbildung: Eine Vision

 

Stand heute, bezweifle ich jedoch, dass es jemals soweit kommt. Und aus diesem Grund, ermutige ich alle Eltern, das Thema Finanzbildung selbst in die Hand zu nehmen. Das wird auch nötig sein. Denn tatsächlich findet der Personal Finance Unterricht (zumindest gegenwärtig) fast ausschließlich zu Hause statt.

Dabei gibt es eine Handvoll zentraler Punkte zu beachten. So ist es unabdingbar, dass zu Hause regelmäßig und selbstverständlich über Geld gesprochen wird. Finanzen dürfen also kein Tabu-Thema sein. Außerdem ist es wichtig, dass zunächst die Eltern lernen, wie  man kompetente Geld-Entscheidungen trifft. Nur dann kann man seinen Kindern nämlich auch ein authentisches Finanzvorbild sein.

Warten wir also nicht darauf, dass die Politik das Thema Finanzbildung vorantreibt. Kümmern wir uns selbst darum!

Der Beitrag Privat oder Staat? Wer soll unsere Kinder finanziell erziehen? erschien zuerst auf Michael Plos - Finanzbildung, Sparen und Investieren.

Im Original hier erschienen: Privat oder Staat? Wer soll unsere Kinder finanziell erziehen?


(04.09.2021)

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    Der Anforderungen an öffentliche Schulen sind groß. Die Bildungsstätten sollen die Schülerinnen und Schüler nämlich auf nicht weniger als “das Leben” vorbereiten. In manchen Bereichen wird man diesem Anspruch durchaus gerecht. In anderen aber überhaupt nicht. Zum Beispiel bei der Finanzbildung. Aber muss man das überhaupt negativ sehen?

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    Für alle Eltern mit schulpflichtigen Kindern gibt es aber auch noch einen weiteren zentralen Aspekt. Wie sieht es mit der Bildung aus? Oder konkreter: Welche Inhalte sollen in der Schule vermittelt werden? Also abgesehen von elementaren Dingen wie sinnerfassendem Lesen, Schreiben und Rechnen.

    Hier gehen die Meinungen der Eltern in den meisten Bereichen auseinander. Die einen fordern mehr Bewegung, die anderen wollen, dass ihre Kinder mehr Zeit (oder andere Ressourcen) für Schul-Theateraufführungen zugestanden bekommen. Ich persönlich hätte übrigens gerne beides.

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    Personal Finance als Schulfach?

    Nun haben wir also einen Begriffsdefinition für Finanzbildung gefunden. Damit sollten ja alle Probleme aus dem Weg geräumt sein, um ein Schulfach daraus schnitzen zu können. Doch ist das wirklich so einfach? Ja und nein. 

    Ja, denn bei Personal Finance handelt es sich um ein Fachgebiet, das auf einigen wichtigen Grundprinzipien aufbaut. Hat man diese erst einmal verinnerlicht, steht einem Leben voller kompetenter Geld-Entscheidungen eigentlich nichts mehr im Wege. Doch es gibt auch Gegenargumente. Und das bringt uns zum oben angeführten “nein”.

    Ein Schulfach “finanzielle Erziehung” ist nicht so einfach umzusetzen, wie es auf den ersten Blick scheint. So basiert Personal Finance nicht nur auf Prinzipien der Mathematik, sondern auch auf jenen der Marktwirtschaft. Marktwirtschaft? Da war doch was. Ja, genau. So lautet ein anderes Wort für Marktwirtschaft nämlich Kapitalismus. Ein in unseren Breiten belasteter Begriff. Und genau hier lauert das Problem.

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    Doch wie sieht das bei Lehrern aus, die Finanzbildung vermitteln sollen? Es ist schwierig. Denn in der Regel ergibt sich folgendes Bild: Wenn man versteht, wie man gute finanzielle Entscheidungen trifft, entwickelt man entsprechende Gewohnheiten. Diese Gewohnheiten führen wiederum fast zwingend dazu, dass man langfristig Wohlstand aufbaut.

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    Nun stellt sich jedoch folgende, durchaus provokante Frage: Wie viele wohlhabende Lehrer und Lehrerinnen kennst du? Wenige? Ich auch. Genau das lässt den Umkehrschluss zu, dass diese wohle keine guten finanziellen Gewohnheiten an den Tag legen. Das wiederum lässt darauf schließen, dass sie die Grundzüge der Geldkompetenz nicht verinnerlicht haben. Und daraus ergibt sich gleich das nächste Problem.

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    Ich denke, dass der Wunsch nach Finanzbildung in den Schulen berechtigt ist. Vor allem, weil Personal Finance Unterricht für Kinder aller Gesellschaftsschichten die Grundlage für wirtschaftlichen Aufstieg darstellen kann. Und in der Theorie klingt das Alles ganz wunderbar. Doch in Finanzfragen kommt es eben auf die Praxis an. (kurze Anmerkung: sonst wären die wohlhabendsten Menschen der Welt ja Wirtschaftslehrer). Das bedeutet jedoch nicht, dass man das Thema gleich wieder zu den Akten legen muss.

     

    Es heißt bloß, dass man kreativ werden sollte. Zum Beispiel indem sich das Lehrpersonal mit Praktikern zusammenschließt. Ich meine damit echte Unternehmer und Unternehmerinnen und keine Konzern-Mitarbeiter (etwa von Banken), die Schülerinnen und Schülern ihre Produkte verkaufen wollen. Gut geeignet wären beispielsweise die Eigentümer von Handwerksbetrieben aus der Region. Diese sollte man für Gast-Vorträge in den Personal Finance Unterricht holen.

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    Doch warum gerade Unternehmerinnen aus der Region? Nunja, weil diese alles mitbringen, was es braucht. Und das mit reichlich Praxisbezug. Sie verstehen, dass Geld eine endliche Ressource ist, die gut eingeteilt werden muss. Sie verstehen, was gute Schulden (Investitionen) und was schlechte Schulden (Konsum) sind. Sie kennen den Unterschied zwischen Bedürfnissen und Wünschen. Sie wissen aus erster Hand, dass man für seine Taten auch Verantwortung tragen muss.

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