31.10.2023,
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Graz (OTS) - Der Klimawandel hat auch heuer wieder voll zugeschlagen
und er hat sich in der Steiermark im Ackerbau mit einem neuen
grimmigen Gesicht gezeigt. "Haben im Vorjahr Hitze und Trockenheit
die Ernte wichtiger Kulturen erheblich dezimiert, stand sie heuer
durch den anhaltenden Dauerregen und den viel zu tiefen Temperaturen
teils auf Messers Schneide", analysiert Landwirtschaftskammer
Steiermark-Präsident Franz Titschenbacher die bisher noch nie so
herausfordernde Anbau- und beginnende Vegetationszeit wie im Jahr
2023. Diese extreme Witterung hat massive Spuren bei wichtigen
Kulturen hinterlassen. Sie führte zu einer Ertragsmisere bei Mais.
Bei den wärmeliebenden Kürbiskulturen hat die Kombination aus
nass-kühler Witterung und fehlendem Beizschutz die Kernerträge
drastisch einbrechen lassen. Schlecht ausgefallen ist auch die
Gerstenernte, bei Erdäpfeln gab es teils Totalausfälle. Einmal mehr
haben Spätfröste die Apfelernte um 40 Prozent reduziert. Vom vielen
Regen profitiert hat hingegen das Grünland, das in den vergangenen
fünf Jahren ständig unter starker Trockenheit gelitten hat,
allerdings war die Heuernte und Silage-Bereitung meist in nur kleinen
Zeitfenstern möglich. Auch gentechnikfreies Soja hat die Witterung
erfreulicherweise gut verkraftet.
Klimakrise schreitet rasanter voran als angenommen: Winter viel zu
warm, Frühjahr viel zu kalt und dazu anhaltender Dauerregen, der
Anbau und Aufgang der Kulturen beeinträchtigte.
Noch nie waren die heimischen Bäuerinnen und Bauern mit derart
lange anhaltenden Niederschlagsphasen konfrontiert wie heuer. Das
Problemfenster hat sich erweitert: Im Großraum Bad Radkersburg zogen
sich die anhaltenden Niederschläge über die Monate April, Mai, Juni
und Juli - es fiel mehr als die doppelte Niederschlagsmenge
verglichen mit dem langjährigen Schnitt. Im Raum Fürstenfeld waren es
im April und Mai um 70 Prozent mehr Regen. "In den
Hauptackerbauregionen konnten folglich die Äcker vielfach nicht
befahren werden, eiskalter Regen beeinträchtigte Aufgang und Wachstum
der Kulturen, vielfach müsste kostenintensiv nachgesät werden oder
die Kulturen wurden teuer neu angebaut", gibt Titschenbacher Einblick
in die sehr schwierige Anbau- und Vegetationszeit im gesamten
Frühjahr. Im Schnitt war es im Winter um rund 4 Grad Celsius zu warm
sowie im April und Mai um rund 2 Grad Celsius zu kalt. Auch die
Zahlen der Österreichischen Hagelversicherung bescheinigen diese
Problematik: 2.538 Überschwemmungsmeldungen haben ein noch nie
dagewesenes Ausmaß erreicht. Der Gesamtschaden durch Wetterkapriolen
lag 2023 in der Steiermark bei 39 Millionen Euro, wovon 23 Millionen
durch Frost (Obst) und 16 Millionen durch Hagel entstanden sind.
Bauern steuern gegen Klimawandelfolgen: Schlüsselrolle Boden - auf
gutem Weg!
"Eine Schlüsselrolle nimmt dabei der Boden ein. Hier sind die
steirischen Bäuerinnen und Bauern auf einem guten Weg, die
Widerstandskraft der Böden gegen Niederschläge zu verbessern", betont
Kammerpräsident Franz Titschenbacher und verweist in diesem
Zusammenhang auf das von der Landwirtschaftskammer in Feldbach
(Bezirkskammer Südoststeiermark) eingerichtete Kompetenzzentrum für
Acker, Humus und Erosionsschutz. Und weiter: "Unsere Humusberater
unterstützen die Ackerbauern beim Humusaufbau beispielsweise durch
Begrünungen. Mehr Humus am Acker schützt Pflanzen und Böden vor Regen
und Trockenheit, unterstützt die Bodenfruchtbarkeit und verhindert
Abschwemmungen von wertvollsten, obersten Bodenschichten, Erosionen
sowie Erdanlandungen auf Straßen". Im Jahr 2023 haben sich 2.638
steirische Ackerbauern mit 25.906 Hektar sich besonders dem
Humusaufbau durch Begrünungen von Ackerflächen verschrieben.
Vizepräsidentin Maria Pein: Klimaanpassung in der Praxis -
Gemeinden, Ackerbauern und Humusberater verhindern
Erd-Abschwemmungen.
Auch mehrere steirische Gemeinden im steirischen Ackerbaugebiet
setzen auf die Kompetenz der Humusberater der Landwirtschaftskammer.
Dazu Vizepräsidentin Maria Pein: "Wir unterstützen nicht nur
Landwirte, sondern auch Gemeinden, um Erosionen durch Starkregen zu
verhindern. Neu ist, dass Ackerbauern, Humusberater und
Gemeindeverantwortliche gemeinsame Erosionshotspots identifizieren
und ein Maßnahmen-Programm entwickeln, um künftig die Abschwemmung
und Anlandung von Erde auf Straßen, Wasserdurchlässen sowie
Straßengräben stark zu reduzieren."
Erste positive Praxiserfahrungen gibt es bereits mit den Gemeinden
Paldau, Gleichenberg und Kirchberg/Raab. Im kommenden Jahr kommen
acht weitere Gemeinden dazu. Dazu Pein: "Bauern und Gemeinden
profitieren - bester Boden und fruchtbare Humusschichten bleiben am
Acker und die Gemeinden ersparen sich erhebliche Kosten in der
Straßenerhaltung."
Brugner: Immer mehr Betriebe erzeugen deutlich mehr Eiweiß am
hofeigenen Grünland.
Eiweiß selbst zu erzeugen, um die internationale Abhängigkeit zu
reduzieren und damit Klimaschutz zu betreiben, ist ein wichtiges Ziel
der steirischen Grünlandbauern. Auch hier tragen die Anstrengungen
der Grünlandfachberater und Experten im von der Landwirtschaftskammer
geschaffenen Kompetenzzentrum "Grünland" in der Bezirkskammer Murtal
(Judenburg) wichtige Früchte. Seit 2017 läuft das Projekt "Mehr
Eiweiß vom Grünland durch abgestufte Wiesennutzung". Kammerdirektor
Werner Brugner: "Die Grünlandfachberatung und die Arbeitskreise Milch
und Rinder zeigen, dass die Landwirtschaft mit gezielten
Weichenstellungen die Eiweißproduktion vom hofeigenen Grünland
erhöhen kann." Gleichzeitig wird die Biodiversität erhöht, indem
magere Wiesen gezielt extensiviert und gute Standorte intensiver
bewirtschaftet werden. So werden Wildinsekten gefördert, Kräuter und
Gräser können aussamen. Nur ein Beispiel: Ein
25-Hektar-Grünlandbetrieb kann durch die abgestufte Wiesennutzung
seine Eiweißproduktion um 200 Kilo Rohprotein pro Hektar steigern.
Das entspricht einem Eiweißertrag von 14 Tonnen Soja oder
durchschnittlich 4 Hektar bestens kultivierte Sojabohnen.
Zwei Fliegen auf einen Streich: Unabhängiger von Zukauffutter und
Kosten sparen
Andreas Steinegger jun., Jungbauer, Biomilchbetrieb, Niklasdorf:
"Das Eiweiß für meine Rinder wächst auf den Wiesen und Weiden vor der
Haustür. Den Eiweißanteil auf der Weide und in der Silage habe ich um
zehn Prozent gesteigert. Damit mache ich mich von Zukauffutter
unabhängiger und spare erhebliche Kosten. Außerdem bleiben die
Ackerflächen frei für die Lebensmittelproduktion." Und weiter: "Die
Weide im Frühjahr ist für meine Rinder wie eine Delikatesse, weil sie
alle Nährstoffe und den notwendigen Eiweißanteil bereithält. Durch
regelmäßige Übersaaten mit Klee und saubere Ernteverfahren wird auch
unser Silage-Futter für den Winter sehr eiweißreich".
Dauerhafte Begrünung bringt mehr Humus und die nährstoffreiche
Erde wird bei Dauer- und Starkregen nicht abgeschwemmt
Herbert Lebitsch, Ackerbauer und Direktvermarkter, Altenmarkt:
"Meine Äcker sind das ganze Jahr über mit Pflanzen bedeckt. Nach der
Getreide-, Kürbis- sowie Ackerbohnen-Ernte säe ich rasch
Begrünungssaatgut, sodass auch im Herbst und Winter die Flächen mit
Pflanzen begrünt sind - eine wichtige Nahrung für das vielfältige
Bodenleben." Und weiter: "So wird Humus aufgebaut, der Boden kann bei
Dauer- oder Starkregen das Wasser besser aufnehmen, bei Trockenheit
die gespeicherte Feuchtigkeit besser den Pflanzen zur Verfügung
stellen und die Bodenfruchtbarkeit erhöht sich." Weitere Vorteile
sind, so Lebitsch: "Die nährstoffreiche Erde wird bei Dauer- und
Starkregen nicht abgeschwemmt, der Humus bleibt am Feld und landet
nicht auf der Straße." (Schluss)
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