21.02.2024,
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Wien (OTS) - Der Handel zählt in Europa zu den am strengsten
regulierten Branchen, milliardenschwere eCommerce-Plattformen aus
Fernost können in der EU allerdings weiterhin frei wie ein Vogel
agieren. Mit zweifelhafter Qualität, Zollumgehungen und einer
aggressiven Preispolitik gewinnen Webshops wie Shein oder Temu auch
hierzulande Tag für Tag Marktanteile, während die heimischen
Onlinehändler von einer beispiellosen Bürokratielawine und
Regulierungslast ausgebremst werden.
Brüssel: Zeit, aufzuwachen!
"Wir stehen für Fair Commerce statt Schrott Commerce. Als
wichtigste Maßnahme fordert der Handelsverband die Abschaffung der
EU-Zollfreigrenze von 150 Euro bis allerspätestens 2026. Die
EU-Kommission schläft hier leider in der Pendeluhr und hat das Aus
für die Zollfreigrenze erst für 2028 vorgesehen. So lange kann kein
europäischer Handelsbetrieb warten. Es ist höchste Zeit,
aufzuwachen", appelliert Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will
an die politischen Entscheidungsträger in Brüssel. Dies ist auch eine
der Kernforderungen des HV-Zukunftspapiers [ÖSTERREICH HANDELT]
(
https://www.handelsverband.at/fileadmin/content/images_publi...
/OESTERREICH_HANDELT_final.pdf), welches Ende Jänner veröffentlicht
wurde.
Der Hintergrund? Kein einziger europäischer Webshop ist 2023 auch
nur annähernd so schnell gewachsen wie die chinesische Shopping-App
Temu. Im Vorjahr lag der weltweite Umsatz dem Vernehmen nach bei 16
Milliarden Dollar. Der chinesische Ultra-Fast-Fashion-Anbieter Shein
erwirtschaftete sogar über 25 Milliarden Dollar. Ermöglicht wird
dieses rasante Wachstum vielfach durch fragwürdige Methoden und ein
zahnloses Regulativ in Europa.
Unfairer Wettbewerb massives Problem für viele Handelsbranchen
"Plattformen wie Temu kassieren eine Provision von den
Herstellern, nach Ungarn wird geliefert und auch verzollt. Für die
Zielländer ist das ein schönes Geschäftsmodell. Es gibt Gebühren für
die landenden Flugzeuge, die Verzollung, Einnahmen wegen der
Lagerhäuser und der gesamten Logistikkette. Durch den freien
Warenverkehr wird nur das Eintrittsgate in die EU kontrolliert, dann
nicht mehr. Die EU-Einfuhr-Vorschriften in Ungarn können mehr oder
weniger streng ausgelegt werden, ein Durchwinken ohne strenge
Kontrollen ist möglich. Für uns ist das ein massives Problem", sagt
Otto/Unito-Geschäftsführer und Handelsverband-Vizepräsident Harald
Gutschi. "Ich wehre mich nicht gegen den Wettbewerb, mehr davon hilft
immer. Allerdings braucht es faire Spielregeln, an die sich alle
halten müssen. Wenn wir nur Waren nach europäischen Standards
importieren dürfen und Zoll zahlen müssen, muss das auch für
Fernost-Händler gelten. Sonst ist das nicht fair.“
Nicht nur der Onlinehandel ist Leidtragender dieser Entwicklung,
auch viele andere Einzelhandelsbrachen spüren den neuen, unfairen
Wettbewerb – entsprechend dem Angebot, das auf Temu, Shein & Co. zu
finden ist. Das reicht von Bekleidung über Spielwaren oder
Elektrogeräten bis hin zu Dekorationsbedarf oder Parfüm und
Kosmetika.
2 Milliarden „zollfrei“-Pakete pro Jahr
Die EU selbst geht für 2023 von rund 2 Milliarden Paketen aus, die
aus China unter dem Titel „zollfrei“ nach Europa geliefert wurden,
Tendenz weiterhin stark steigend. Rund zwei Drittel dieser als
zollfrei deklarierten Päckchen könnten falsch ausgewiesen sind, um
Zollgebühren zu umgehen und Einfuhrumsatzsteuer zu sparen. Und nicht
nur das: "Uns sind Fälle bekannt, in denen selbst bei Rücksendungen
die europäischen Kunden aufgefordert werden, den Wert der Rücksendung
bewusst falsch anzugeben, um sich den Zoll zu sparen. Das ist quasi
eine schriftliche Anleitung zum Zollbetrug", erklärt Rainer Will.
Damit ist klar: Mit den derzeitigen Ressourcen lässt sich nur ein
kleiner Teil kontrollieren, und auch das nur oberflächlich. Die
Ressourcen müssen also rasch aufgestockt werden, vor allem aber muss
die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Zoll- und Steuerbehörden
dringend verbessert werden. Auch die IT-Systeme hinken der Realität
der neuen Geschäftsmodelle hinterher. Der österreichische Zoll hat
2022 übrigens auch Fake-Produkte im Wert von 6,7 Mio. Euro
beschlagnahmt. Der HV fordert daher dringend mehr Zollbeamte, die
Verhinderung von Zollumgehungen durch Webshops aus und ein strenges
Vorgehen gegen Produktpiraterie.
Die Kritikpunkte reichen aber noch deutlich weiter: "Inzwischen
sind unzählige Fälle dokumentiert, bei denen gefälschte, nicht in
Europa zugelassene und gesundheitsgefährdende Produkte in Verkehr
gebracht werden, dazu kommen datenschutzrechtliche Bedenken. Laut
einer aktuellen Erhebung stellen 95% der auf Temu gekauften
Spielwaren ein Sicherheitsrisiko für Kinder dar. Daher raten wir
allen österreichischen Konsumenten ganz klar davon ab, bei Anbietern
dieser Art zu bestellen", so Handelssprecher Rainer Will
abschließend.
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