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Fußball und Geldanlage: Die Gemeinsamkeiten (Alois Wögerbauer)

Autor:
Alois Wögerbauer

Fondsmanager und Chef der 3 Banken Generali Investment

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01.06.2016, 5767 Zeichen

Sehr geehrte Damen und Herren!

Fußball und Geldanlage haben auf den ersten Blick wenig gemeinsam. Während Emotion, so lange sie im Rahmen bleibt, beständiger und wünschenswerter Teil eines Fußballspiels ist, so ist in der Geldanlage Emotion meist die erste Stufe zur Falschentscheidung – egal ob man Dinge zu optimistisch oder zu negativ sieht. Auf den zweiten Blick gibt es aber doch Gemeinsamkeiten. Man muss nicht elf Superstars haben, um ein Spiel zu gewinnen, solange sich Starke und weniger Starke zu einem sinnvollen Ganzen zusammenfügen und ein klarer Plan dahintersteht. Auch in der Geldanlage wird man nicht nur „Kracher“ im Depot haben – entscheidend ist das Ergebnis in Summe. Wie im Fußball wird auch in der Geldanlage viel geredet. Zeitungen und Bücher sind voll mit Erklärungen, was man hätte alles anders machen müssen. Allerdings werden diese Erklärungen immer erst nach dem Spiel geliefert. „Die Wahrheit liegt auf dem Platz“ (Fußball-Trainerlegende Otto Rehagel). Auch in der Geldanlage ist die Per- formance die einzige Wahrheit – und nicht die Geschichten, die erzählt werden. Und sowohl im Fußball wie auch bei Geldanlagestrategien ist eine klare Unterscheidung zwischen Strategie und Taktik wichtig.

Strategie und Taktik

Man braucht eine Strategie, einen Plan, eine klare Idee und Spielphilosophie – nicht für das nächste Spiel, son- dern für die kommenden Jahre. Taktisch kann man sich ab und zu auf das aktuelle Umfeld, auf den aktuellen Geg- ner einstellen und defensiver oder offensiver agieren. Der langfristig definierte Grundplan sollte erhalten bleiben. Eine gewisse Flexibilität ist wohl der sinnvollste Weg. Wer stur nur auf Strategie setzt und sich nicht um Taktik küm- mert, wird ab und zu von einem Gegner überrascht wer- den. Wer dagegen nur auf Taktik setzt ohne einen klaren Plan zu haben, wird früher oder später kein Langfristziel mehr definieren können und in der Tagesaktualität gefan- gen sein, ohne zu wissen wofür man steht.

Auch in der Geldanlage ist klar zu unterscheiden: Treffe ich eine strategische oder treffe ich eine taktische Ent- scheidung. Leider zeigt die Erfahrung, dass Anleger sich den tagesaktuellen taktischen Fragen zu viel widmen und strategischen zu wenig. Erst wenn ein Plan für die kom- menden Jahre festgelegt ist, kann man sich mit kurzfristi- gen Dingen beschäftigen. Natürlich kann man abwarten, ob sich die Briten in wenigen Wochen für oder gegen Eu- ropa entscheiden. Natürlich kann man abwarten, wie die US-Wahl ausgeht. Aber hat es nicht immer einen Grund gegeben etwas abzuwarten? Vor einem Jahr war es Grie- chenland, vor zwei Jahren Russland-Ukraine und in den Jahren zuvor die Sorge um Italien und Spanien. Manche wollen sogar den Fortgang der Finanzkrise abwarten. Das Wort „Krise“ wird aber mittlerweile sehr sorglos verwendet und ist oft auch willkommene Ausrede. Haben wir wirklich eine Dauerkrise oder nicht vielmehr einfach eine neue Normalität? Wer sich in den vergangenen Jah- ren nur mit tagesaktuell taktischen Fragen beschäftigt hat, wird bis heute keine langfristig tragbare Strategie auf- gebaut haben.

Die langfristige Strategie ...

• Die aufgeregte Diskussion, ob und wann weitere Zins- erhöhungen in den USA anstehen, kommt doch ir- gendwie bekannt vor. Auch vor der ersten Zinserhö- hung gab es monatelange Spekulationen. Zur Erinne- rung: Aktuell liegt der US-Leitzins bei 0,25 % bis 0,50 %. Ist eine Zinserhöhung im Laufe des Jahres wahrscheinlich? JA. Sehen wir einen mehrjährigen Er- höhungszyklus? Wir bleiben bei einem klaren NEIN. Weder die Wirtschaft der USA noch das weltwirt- schaftliche Gefüge sind in einem Wachstumsmodus, den man mit steigenden Zinsen bremsen müsste. Dass die FED aber eine gewisse Normalisierung ein- leitet, tut ihrer Glaubwürdigkeit gut.

• Die EZB ist von ihrem Inflationsziel von nahe 2 % weit entfernt und bleibt dementsprechend aktiv. Und ob- wohl das Inflationsziel klar unerreicht ist, liegt in Öster- reich die Inflationsrate seit nunmehr sechs Jahren über dem Niveau für kurzfristige Geldanlagen. Es wer- den noch weitere Jahre folgen und die Dimension die- ser sogenannten negativen Realverzinsung wird wei- ter zunehmen. Höhere Zinsen sind weit und breit nicht in Sicht.

• Was das Wachstum der Weltwirtschaft angeht, wer- den wir uns etwas bescheiden müssen. 3 % global und gut 1,5 % im Euro-Raum sind wohl eher normal als außergewöhnlich schwach. Aber auch in diesem Um- feld finden wir eine Vielzahl von Unternehmen, denen es gelingt ihre Gewinne jährlich um 5 % und mehr zu steigern. Wenn sich mittelfristig dieses Gewinnwachs- tum als Kurswachstum zeigt, was eine seriöse An- nahme ist, dann ergibt sich für die Aktie eine solide Ertragserwartung. Zudem sind in vielen Fällen Divi- dendenrenditen von 2 % bis 3 % und teilweise mehr gut darstellbar.

•  Angesichts der überschaubaren Alternativen im Zins- markt ist daher eine im Vergleich zur Vergangenheit höhere Aktienquote strategisch zwingend – abhängig von der jeweils persönlichen Risikotoleranz. Daneben bleibt auch eine Goldbeimischung angesagt – als Ab- rundung und nicht als Kern. In einem insgesamt kom- plizierten Gesamtgefüge aus mächtigen Notenbanken mit Inflationswünschen und der völlig offenen Frage wie ein Ausstieg aus den jüngsten Aktivitäten ausse- hen sollte, bleibt Gold eine Alternative. Viele wirt- schaftliche Entwicklungen wurden in den vergangenen Jahren erkauft durch eine neuerliche Ausweitung der Schulden – nicht nur, aber vor allem auch in China. Soweit zur Strategie...

... und die kurzfristige Taktik!

Ausgehend von den USA befinden sich die globalen Aktienmärkte seit gut einem Jahr im Seitwärtstrend. Die widersprüchlichen Signale aus China und nicht wirklich überzeugende Konjunkturindikatoren hemmen. Auch längere Seitwärtstrends sind historisch nichts Ungewöhnliches. Für deutliche höhere Kurse und auch für deutlich tiefere Kurse fehlen derzeit die klaren Argumente.


(01.06.2016)

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    Man braucht eine Strategie, einen Plan, eine klare Idee und Spielphilosophie – nicht für das nächste Spiel, son- dern für die kommenden Jahre. Taktisch kann man sich ab und zu auf das aktuelle Umfeld, auf den aktuellen Geg- ner einstellen und defensiver oder offensiver agieren. Der langfristig definierte Grundplan sollte erhalten bleiben. Eine gewisse Flexibilität ist wohl der sinnvollste Weg. Wer stur nur auf Strategie setzt und sich nicht um Taktik küm- mert, wird ab und zu von einem Gegner überrascht wer- den. Wer dagegen nur auf Taktik setzt ohne einen klaren Plan zu haben, wird früher oder später kein Langfristziel mehr definieren können und in der Tagesaktualität gefan- gen sein, ohne zu wissen wofür man steht.

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