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Die größte verpasste Chance aller Zeiten? (Gastautor, Marc Schmidt)

Bild: © www.shutterstock.com, Yahoo, Ken Wolter / Shutterstock.com , Ken Wolter / Shutter

Autor:
Marc Schmidt

Die Börsenblogger ist das einfache und direkte Sprachrohr von Journalisten und deren Kollegen, die teils schon mit jahrzehntelanger Arbeits- und Börsenerfahrung aufwarten können. Auch als professionelle Marktteilnehmer. Letztlich sind wir alle Börsenfans. Aber wir vertreten in diesem Blog auch eine ganz simple Philosophie: Wir wollen unabhängig von irgendwelchen Analysten, Bankexperten oder Gurus schreiben, was wir zum aktuellen (Börsen-)Geschehen denken, was uns beschäftigt. Das kommt Ihnen, dem Leser, zu Gute.

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02.08.2016, 4661 Zeichen

Die Börse ist ein hartes Pflaster. Das merken auch Unternehmen, die eigentlich wissen sollten, wie es geht.

Es wird an der Börse gerne vergessen, aber letztlich geht es darum Wert zu generieren, indem investiert wird. Anleger kaufen Aktien von Unternehmen, von denen sie erwarten, dass sie zukünftig Wert stiften können. Das kann auf verschiedene Arten geschehen, z.B. über neue Produkte, Services oder auch Zukäufe.

Jedes Unternehmen beginnt einmal klein und ist im Anfangsstadium auf Fremdfinanzierung angewiesen. Die wenigsten Gründer haben selbst das Geld, um ihr Geschäft jahrelang zu entwickeln, während sie Verluste schreiben. Investoren leihen den Startups Geld, entweder in Form von Fremdkapital oder in Form von Eigenkapital.

Eigenkapital ist von Investoren eine bevorzugte Finanzierungsart. Nehmen junge Unternehmen Kredite auf, können sie bei fehlenden Umsätzen und Gewinnen kaum die Zinsen zahlen. Das Verlustrisiko für Investoren ist groß. Für das Risiko müssten sie hohe Zinsen verlangen, doch diese können sich junge Unternehmen oftmals nicht leisten.

Bei Eigenkapital ist das Risiko auch hoch. Dafür ist auch die Gewinnchance sehr viel höher. Viele Startups brauchen keine hohen Millionenbeträge, sondern oftmals ein paar tausend oder hunderttausend Dollar, um loslegen zu können. Finanziert man diese vergleichsweise kleinen Beträge und erhält dafür nennenswerte Anteile am Unternehmen, kann sich das langfristig auszahlen.

Nicht jedes Investment endet im neuen Alphabet/Google (WKN: A14Y6H / ISIN: US02079K1079) oder Facebook (WKN: A1JWVX / ISIN: US30303M1027). Von dieser Vorstellung muss man sich verabschieden. Erfolgsgeschichten wie die von Google sind sehr selten, aber sie kommen vor. Die Google Gründer sind heute Multimilliardäre und gehören zu den reichsten Menschen der Welt. Das war Glückssache, nicht nur, weil keiner den Erfolg erahnen konnte, sondern auch, weil die Gründer ihr Startup verkaufen wollten.

Die Google-Gründer wollten ihr Start-up für 1 Mio. Dollar an Yahoo verkaufen!

Die Gründer wollten wieder mehr Zeit für ihr Studium haben und das Unternehmen daher losschlagen. Es gelang ihnen jedoch nicht. Yahoo lehnte die Möglichkeit ab. Die Investition wäre dabei nicht einmal der Rede wert gewesen. Yahoo war damals 9 Mrd. Dollar wert. 1 Mio. für einen Zukauf auszugeben, das wäre gar nicht aufgefallen. Yahoo tätigte zudem damals schon Zukäufe in der Höhe bis zu knapp 100 Mio.

Vier Jahre später, 2002, gab es erneut die Gelegenheit, Google zu kaufen. Der Preis lag damals schon bei 5 Mrd. Dollar. Yahoo empfand diesen Preis als zu hoch und lehnte letztlich ab. Der Zukauf wäre wirklich groß gewesen, denn Yahoo selbst war 2002 nur knapp doppelt so viel wert (9 Mrd.).

Vom Jäger wurde Yahoo zum Gejagten. Microsoft machte eine Offerte von knapp 45 Mrd. an Yahoo-Aktionäre. Das Management lehnte diesen Kaufpreis als zu niedrig ab, obwohl der Aufschlag auf den damaligen Marktwert (29 Mrd.) ziemlich hoch war.

Noch einmal 8 Jahre später ist Yahoo am Ende. Man holte zwar die ehemalige Google Managerin Mayer an Board, doch sie konnte den historischen Fehler (Google nicht zu kaufen) auch nicht wettmachen. Yahoos Kerngeschäft wurde von Verizon für 4,8 Mrd. Übernommen. Das ist im Vergleich zur Historie nichts mehr. Das Kerngeschäft von Yahoo (Technologieblase und Alibaba-Anteile ausgeschlossen) war einmal das Zehnfache wert.

Der Kaufpreis zeigt zudem, wie viel Wert Yahoo über die Zeit vernichtet hat. Dabei geht es nicht nur um den Wert des eigenen Kerngeschäfts. Yahoo übernahm im Laufe der Jahre Unternehmen im Wert von mindestens 20 Mrd. Dollar. Diese Übernahmen stifteten keinen Wert, wenn all diese Zukäufe indirekt in dem jetzt vereinbarten Verkaufspreis des Unternehmens von 4.8 Mrd. enthalten sind.

Das zeigt wie schwierige Unternehmensführung sein kann. Viele Anleger interessiert Unternehmensführung herzlich wenig. Sie sind auf hohe Renditen fokussiert. Hohe Renditen gibt es jedoch nur, wenn man versteht, was Wert kreiert. Yahoo verstand es offenbar nicht. Dummheit war es vielleicht nicht, aber reines Pech auch nicht. Dazu wurden zu viele Zukäufe getätigt, die langfristig den Wert des Unternehmens offensichtlich nicht steigerten.

Besonders frustrierend dürfte die Historie für Yahoo sein, weil sie selbst nur wenige Jahre vor Google gegründet wurden und eigentlich ein gutes Verständnis dafür gehabt haben müssen, was Erfolg bringt und was nicht. Die beiden Unternehmen waren praktisch im gleichen Segment tätig: der Suche im Internet.

Autor: Clemens Schmale, Finanzmarktanalyst bei GodmodeTrader.de

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(02.08.2016)

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