05.02.2018, 5824 Zeichen
China hat eine sehr beeindruckende wirtschaftliche Entwicklung hinter sich. Nun droht das Land in eine Falle zu geraten, aus der es nicht mehr herauskommt.
- China blickt auf Jahrzehnte sehr starken Wachstums zurück
- Einige Effekte, die Chinas Wachstum befördert haben, ebben nun ab
- China befindet sich in einer Übergangsphase. Das Bevölkerungswachstum geht zu Ende, es folgt die Überalterung der Gesellschaft
- Es „droht“ eine ähnliche Entwicklung wie in Japan
- China muss seine Wirtschaft umbauen, zumal die Arbeitskosten für die „Werkbank der Welt“ inzwischen zu hoch sind
Viele Entwicklungsländer blicken neidisch auf China. Es ist eines der wenigen Länder, welches über Jahrzehnte rapides Wachstum ausweisen konnten. Hunderte Millionen Menschen wurden so aus der Armut geholt und können sich nun zur globalen Mittelklasse zählen.
Diese Entwicklung ist nicht nur Zufall. Einen Teil kann man der rigiden Politik durchaus zuschreiben. Es gibt aber auch einen Teil, der mehr dem Zufall zu verdanken ist. Diese zufälligen positiven Effekte ebben jetzt ab und damit könnte China in eine Falle tappen. Es handelt sich dabei um die mittlere Einkommensfalle (middle income trap).
Grafik 1 zeigt, was unter dieser Falle zu verstehen ist. Es ist die Stagnation der Einkommen relativ zu weit entwickelten Ländern. Mexiko hat es zum Beispiel nicht geschafft, den Abstand zu den USA zu verkleinern. Obwohl Mexiko solides Wachstum vorweisen kann, hat es das Land nicht geschafft, zu Staaten mit hohen Einkommen aufzuschließen.

Es gibt eine ganze Reihe an Ländern, die ihre Einkommen und damit auch den Lebensstandard im Vergleich zu weit entwickelten Ländern nicht schließen können. Ihr relatives Einkommen stagniert seit Jahrzehnten. So sind etwa Argentinien und Südafrika heute immer noch dort, wo sie schon vor fast 30 Jahren waren.
China ist eines der wenigen Länder, die den Abstand seit Jahrzehnten verringern konnten. Nun befindet sich das Einkommen jedoch auf dem Niveau vieler anderer Länder und es muss sich erst noch zeigen, ob der positive Trend eine Fortsetzung finden kann.
Ein Grund für die Stagnation in vielen Ländern ist einfach gefunden. Der Aufstieg von niedrigen zu mittleren Einkommen wird durch Produktion erreicht. Die Löhne sind niedrig und solange es die Infrastruktur und Institutionen hergeben, werden diese Länder zur Werkbank. Dies ermöglicht hohes Wachstum. Irgendwann aber sind die Löhne soweit gestiegen, dass sie keinen Wettbewerbsvorteil mehr darstellen. Die Produktion wandert weiter.
Geschieht das und hat das Land nicht ausreichend in Bildung, Innovation, Forschung und Entwicklung usw. investiert, bleiben die Einkommen, wo sie sind. Die Entwicklung ist festgefahren. China hat viel investiert, um dies zu vermeiden. Die Voraussetzungen für eine weiterhin robuste Entwicklung sind gegeben. Trotzdem zeigen sich erste Probleme.
Viele Güter werden global zu absoluten Schleuderpreisen auf den Markt geworfen. Produkte sind teils subventioniert oder werden gar unter den Produktionskosten verschleudert. Das zeigt die Not. Viel zu viele Jobs hängen an der Produktion von relativ einfachen Produkten, die eigentlich in anderen Ländern kostengünstiger hergestellt werden könnten.
China befindet sich in einer Übergangsphase. Ob der Übergang schnell genug gelingt, muss man abwarten. Gegenwind gibt es jedenfalls. Chinas Bevölkerung wird voraussichtlich bis in die späten 20er Jahre hinein wachsen und dann schrumpfen, doch schon jetzt zeigen sich die ersten Schwierigkeiten.
Grafik 2 zeigt dazu die Altersgruppen. Die Erwerbsbevölkerung (15-65-Jährige) hat gerade ihren Zenit überschritten, nachdem sie jahrzehntelang stark wuchs. Das war die Zeit der demographischen Dividende. Dabei stiegt die Zahl der Erwerbstätigen im Verhältnis zu Kindern und Personen über 65 schnell an.

Diese Phase wird als Dividende bezeichnet, weil ein immer kleinerer Teil der Bevölkerung von der Erwerbsbevölkerung abhängig ist. Im Jahr 2010 kamen 2,8 arbeitende Personen auf eine nicht arbeitende Person (Grafik 3). Das ist rekordverdächtig hoch. Japan und Deutschland hatten das in ihren besten Jahren nicht.

Nun beginnt die Bevölkerung aber zu altern. Immer weniger junge Menschen kommen nach. Dafür steigt die Zahl der Rentner. Immer weniger Arbeitnehmer kommen auf immer mehr nicht arbeitende Menschen.
Steigt das Verhältnis an, kann mehr gespart und investiert werden. Beginnt das Verhältnis zu sinken, kommt es zu immer geringerem Produktivitätswachstum und dem Abbau von Ersparten. Der Konsum wächst immer langsamer und Investitionen lassen sich schwerer finanzieren.
Chinas Bevölkerung beginnt gerade in extremen Tempo zu altern. Die Schulden sind allerdings schon jetzt sehr hoch. Im Normalfall verläuft es wie in Japan. Erst kommt der Boom und dann die große Stagnation mit sich auftürmenden Schulden. Die Schulden hat China bereits. Immerhin boomt das Land noch.
In den kommenden Jahren wird eine kleiner werdende Erwerbsbevölkerung zur Belastung. Gleichzeitig muss es China gelingen, die Wirtschaft umzubauen. Die Löhne sind für eine Werkbank einfach zu hoch. Das wird ein schwieriges Unterfangen. Der Falle zu entkommen ist die größte Herausforderung der nächsten Jahre. Gelingt dies nicht, sitzt China in der Falle. Das ganze System ist aber so aufgebaut, dass die Politik für Entwicklung sorgen muss. Gelingt das nicht mehr und ist keine Verbesserung des Lebensstandards mehr erkennbar, wird auch die Politik unter Druck kommen.
Sie interessieren sich für Makrothemen und Trading in exotischen Basiswerten? Dann folgen Sie mir unbedingt auf Guidants!
Autor: Clemens Schmale, Finanzmarktanalyst bei GodmodeTrader.de
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die CASMOS Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.
Bildquelle: markteinblicke.de
Wiener Börse Party #1052: ATX TR nach Rekord 50 heute etwas leichter, gute Phase für RBI, VIG und Uniqa, Opening Bell Petra Heindl
Bildnachweis
Aktien auf dem Radar:VIG, UBM, RBI, Pierer Mobility, OMV, RHI Magnesita, DO&CO, Kapsch TrafficCom, FACC, AT&S, CA Immo, Lenzing, Austriacard Holdings AG, Frequentis, Gurktaler AG Stamm, Oberbank AG Stamm, Amag, Flughafen Wien, Österreichische Post, Strabag, Telekom Austria, Deutsche Bank, BMW, Porsche Automobil Holding, Fresenius Medical Care, Deutsche Boerse, Vonovia SE, Allianz, Bayer, Beiersdorf, Rheinmetall.
Random Partner
wienerberger
wienerberger ist einer der führenden Anbieter von innovativen, ökologischen Lösungen für die gesamte Gebäudehülle in den Bereichen Neubau und Renovierung sowie für Infrastruktur im Wasser- und Energiemanagement.
>> Besuchen Sie 62 weitere Partner auf boerse-social.com/partner
Latest Blogs
» Wiener Börse Party #1052: ATX TR nach Rekord 50 heute etwas leichter, gu...
» Wiener Börse zu Mittag schwächer: Frequentis, UBM und RBI gesucht
» Börse-Inputs auf Spotify zu u.a. Strabag, Bernhard Heinzle, EZB, Znüni, ...
» Börsepeople im Podcast S22/11: Martina Draper
» ATX-Trends: Erste Group, wienerberger, VIG ...
» Österreich-Depots: Knapp unter High (Depot Kommentar)
» Börsegeschichte 9.12.: Extremes zu SBO (Börse Geschichte) (BörseGeschichte)
» Nachlese: Aktienferne Stiftungsvorstände, Ina Sabitzer PIR (audio cd.at)
» PIR-News: Research zu EVN, VIG, Aktienkäufe bei AT&S, Uniqa feiert (Chri...
» Zur Ausgabe 1997 die 1997er-IPOs (Christian Drastil)
Useletter
Die Useletter "Morning Xpresso" und "Evening Xtrakt" heben sich deutlich von den gängigen Newslettern ab.
Beispiele ansehen bzw. kostenfrei anmelden. Wichtige Börse-Infos garantiert.
Newsletter abonnieren
Runplugged
Infos über neue Financial Literacy Audio Files für die Runplugged App
(kostenfrei downloaden über http://runplugged.com/spreadit)
per Newsletter erhalten
- Wiener Börse Party #1052: ATX TR nach Rekord 50 h...
- Wiener Börse zu Mittag schwächer: Frequentis, UBM...
- Frisches Reserch zu DO & CO, Porr und Polytec
- Palfinger etabliert Global Development Center in ...
- SBO: Judit Helenyi übernimmt IR-Agenden
- Fonds der Erste Asset Management erhalten erneut ...
Featured Partner Video
kapitalmarkt-stimme.at daily voice: Introducing Golden Finance Cut 26 im Cineplexx Village am Vorabend des 2. Österreichischen Aktientags
kapitalmarkt-stimme.at daily voice auf audio-cd.at. Introducing the "Golden Finance Cut 26" im Cineplexx Village am Vorabend des 2. Österreichischen Aktientags
Books josefchladek.com
Ció Prat i Bofill
Milions d’estels i un somni
2025
Self published
Adriano Zanni
Estratti di giorni cupi
2025
Boring Machines
Robert Frank
Os Americanos (first Brazilian edition)
2017
Instituto Moreira Salles
