28.08.2018, 2935 Zeichen
Bargeldlos durch den Tag. Nachdem viele Fahrscheinautomaten sowohl der Wiener Linien als auch der ÖBB offenbar oft nicht genug Wechselgeld hatten und daher nur mehr Münzen annahmen (da spielten sich Dramen ab, wenn Fahrgäste lange versucht haben, zu zahlen, und der Zug fuhr dann ohne sie ab!), wurden bei den ÖBB viele Automaten auf "bargeldlos" (hört sich super an, heißt aber nur: ohne Karte braucht man´s gar nicht probieren!) umgerüstet. Z.B. am Wiener Hauptbahnhof vor dem Aufgang zu Bahnsteig 12 großzügig gleich 3 von 6 Automaten. Nun wage ich aufgrund meiner Beobachtungen zu sagen: statistisch wird vielleicht wirklich jede zweite Fahrkarte mit Bankomat- bzw. Kreditkarte bezahlt oder mit Code (vorher online bestellt und bezahlt) am Automaten ausgedruckt. Der Kauf von ÖBB-Fahrkarten am Automaten ist wirklich nicht einfach für jemanden, der es nicht so oft macht. Sehr viele Fahrgäste zahlen sogar doppelt, sie haben eh ein Ticket der Wiener Linien und kaufen am Bahnhof noch einmal die Wiener Kernzone bei den ÖBB. Senioren und Touristen sind oft hilflos. Wo ich helfen kann, helfe ich natürlich. Dumm läuft es für die, die es nach langer Zeit endlich schaffen, dass ihre gewünschte Fahrkarte am Bildschirm erscheint, und dann erst merken sie, dass der Apparat nur mit Karte funktioniert. Auf ein Neues, zu einem der "alten" Automaten, wo Bargeld noch genommen wird. Und die ganze Prozedur von vorne.
Besonders traurig ist die Geschichte von einem der höchsten EU-Politiker Österreichs. Jeder kennt ihn, jeder schätzt ihn, tadelloses Äußeres, im Anzug und mit Aktentasche ging er schnellen Schrittes zur Schrankenanlage des WCs am Wiener Hauptbahnhof. Seine schwarze Karte, gemacht wohl, um den wichtigsten Repräsentanten der EU alle Türen der Welt zu öffnen, drückte er auf den Kartenleser. Der Schranken blieb zu. Die Klofrau kam. Schaute auf die Karte. Machte abweisende Armbewegungen und schüttelte den Kopf. Übersetzt: "Nein, ohne Cash kommen Sie hier nicht rein!" Ein ungleiches Duell, mächtige Klofrau gegen bargeldlosen Spitzenpolitiker. Er gab sich geschlagen und ging hurtigen Schrittes davon. Ich finde das übrigens sehr nobel von ihm: Dass er sich selbst in dieser scheinbar ausweglosen Situation nicht aufgepudelt und "Wissen Sie nicht, wer ich bin?" gesagt hat, wie manch anderer an seiner Stelle das wohl getan hätte. Ich hätte ihm gerne ausgeholfen, aber wer schleppt schon Bargeld mit sich herum, wenn er nicht einkaufen geht? Ihm Ausweichmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe zu nennen ging sich nicht mehr aus, er war zu schnell weg. So dynamisch. Oder dringend. Aber zielstrebig. Ich nehme an und hoffe, er wusste eine Alternative. Verstanden hat das Problem schon ein begnadeter Künstler unter anderem der 80er Jahre. Ein Ohrwurm: Gebt mal auf Youtube "Mike Krüger 20 Pfennig" ein! Hier spürt man übrigens die Inflation: Heute kostet es meist das Fünffache, bei Aida am Stephansplatz sogar das Zehnfache.
kapitalmarkt-stimme.at daily voice: Liebe Wiener Börsebubble - am 29.12. rufen wir an - nicht so überrascht sein wie Wolfgang Matejka jetzt
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