22.02.2018, 3602 Zeichen
Aus dem Börsenbrief. http://www.boerse-social.com/gabb
Am Mittwoch baten mich zwei Fremde in der Wiener Innenstadt um Hilfe. Ganz Fremde, sogar Verständigung auf Englisch war nicht leicht. Jemand hatte ihnen geraten, eine Polizeistation aufzusuchen, um ihre Parkstrafe zu bezahlen. Sie hatten einen Wisch vom Magistrat Salzburg in Händen, "wird gegen Sie eine Geldstrafe erlassen". Parkschein, der sichtlich im bestraften Zeitraum gültig gewesen war, nur wohl nicht an dieser Stelle, hatten sie auch dabei, am Ausdruck des Organs stand das Tatbestandsmerkmal "PS hier nicht gültig, an dieser Stelle Franz-Josef-Kai 1 besteht ein beschildertes Halte- und Parkverbot ausgenommen Ladetätigkeit". Mit einem deutschen Leihauto waren sie zeitweise unterwegs gewesen. Aber sie wollten nicht einmal über die Strafe verhandeln, sie wollten sie nur bezahlen. Man könne nicht einfach das Land verlassen, wenn man noch Schulden hat, so das Argument. Ah ja, anderer Kulturkreis.
Jedenfalls kann man bei der Polizei keine Parkstrafen des Salzburger Magistrats bezahlen, soviel war mir klar. Gut, dass noch eine der vielen Bank-Austria-Filialen der Innenstadt übrig geblieben ist. Leider: "Bareinzahlungen auf andere Banken sind bei uns nicht möglich!" Hellobank detto. Die Lösung: Erste-Bank. Denen gehört ja diese Salzburger Sparkasse. Antwort: "Das kostet 3,50 Euro. Aber nur für Kunden. Sie brauchen ein Girokonto bei uns!" Ich war drauf und dran, die beiden Fremden zu überzeugen, ein Girokonto bei der Erste zu eröffnen, damit sie die 25 Euro dort bar auf die Salzburger Sparkasse einzahlen dürfen, um wohlfeile 3,50 Euro. Aber kann man so böse sein, selbst Fremden gegenüber? George hat uns ja damals alle rausgeschmissen, wozu sollte man dort ein Konto haben wollen? Und: wenn schon ein Konto, wozu dann noch Bareinzahlung? Und: warum nicht ein Konto auf einer anderen Bank, wenn man die Bareinzahlung eh nicht braucht?
Die armen Fremden hatten leider nirgendwo im Euro-Raum ein Konto, von dem sie spesengünstig überweisen hätten können. Sollte der Salzburger Magistrat wirklich um die 25 Euro umfallen, nur weil die Zahlung so schwierig ist? Ich nahm mir ein Herz, als wir bei meiner Bank vorbeikamen, und sah weg, als die Fremden neben mir 25 Euro Eigenerlag auf mein Konto einzahlten. Ich kenne sie nicht, aber ich kann garantieren: noch nie habe ich saubereres Geld gesehen als diese Banknoten! Auch der Herr am Schalter beanstandete nichts, es war wirklich klinisch sauberes Geld. Meine Unterschrift, damit alles seine Richtigkeit hatte.
Und am selben Tag noch überwies ich die 25 Euro nach Salzburg. Gefällt mir natürlich gar nicht, mit einem Zeh in einer Grauzone zu stehen, wo immer schärfer auf die Geldwäsche geschaut wird. Aber hätte ich sie wirklich ziehen lassen sollen, ohne diese 25 Euro für Österreich zu retten? Nach Salzburg kommen sie eh nicht wieder, die Probleme mit dem Parken haben ihnen nicht gefallen. Gut so. Steht eh heute in der Zeitung: "Salzburg stöhnt unter zuviel Fremdenverkehr". Jetzt frage ich mich nur noch, warum die Instruktionen an den "sehr geehrten Fahrzeuglenker" auf der Rückseite des Zahlscheins gar so winzig klein und nur auf Deutsch geschrieben sind, wenn sich diese Worte klar auch an im Ausland wohnhafte Personen richten. Ganz lustig finde ich die vielen Hinweise darauf, dass der Strafschuldner sämtliche mit der Einschaltung eines Kreditinstituts verbundenen Risiken des Überweisungsverkehrs übernehmen muss, und dass alles zu seinen Lasten geht, auch wenn ihn daran kein Verschulden trifft. Irgendwie sittenwidrig. Aber in Österreich sind wir sowas fast schon gewöhnt.
Börsepeople im Podcast S22/17: Thomas Hahn
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