28.06.2019, 3913 Zeichen
Nach einem sehr schwachen Jahresauftakt hat sich der weltweite Markt für Börsengänge im zweiten Quartal deutlich erholt. Wurden in den ersten drei Monaten des Jahres nur 205 Börsengänge gezählt, die gerade einmal 15 Milliarden US Dollar einbrachten, stieg die Zahl der IPOs im zweiten Quartal auf 302. Das Emissionsvolumen legte dank einiger IPOs von Großkonzernen sowie stark wachsender Technologie-Start-ups sogar auf 57 Milliarden US-Dollar zu. Das sind Ergebnisse des aktuellen weltweiten IPO-Barometers der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY.
Nachdem es in Österreich im ersten Quartal bereits den Börsengang der Marinomed Biotech AG gab, wagte im zweiten Quartal das österreichische IT-Unternehmen Frequentis auch den Schritt aufs Wiener (und Frankfurter) Parkett. Die mit Abstand größte Transaktion war der Börsengang des US-Fahrdienstvermittlers Uber mit einem Emissionsvolumen von 8,1 Milliarden US-Dollar, gefolgt vom IPO des US-Laborzulieferers Avantor (3,3 Milliarden US-Dollar) und dem Uber-Konkurrenten Lyft (2,6 Milliarden US-Dollar).
„Der weltweite IPO-Markt ist dabei, sich nach dem außerordentlich schwachen ersten Quartal warmzulaufen“, beobachtet Gerhard Schwartz, Partner und Leiter des Assurance-Bereichs bei EY Österreich. „Im ersten Quartal hatten noch Konjunktursorgen, eskalierende Handelskonflikte und das Brexit-Chaos dafür gesorgt, dass viele potenzielle IPO-Kandidaten ihre Pläne wieder in der Schublade verschwinden ließen. Im zweiten Quartal haben wir ein leicht verbessertes Umfeld für Börsengänge beobachtet. Zum einen hat sich die Brexit-Thematik entspannt – wenngleich nur vorübergehend. Zum anderen haben sich die Konjunkturaussichten nicht so stark eingetrübt wie befürchtet.“
Als Motor des weltweiten IPO-Marktes erwiesen sich die USA, wo im zweiten Quartal bei 66 Transaktionen insgesamt 27,0 Milliarden US-Dollar eingesammelt wurden. In China brachten 72 IPOs insgesamt 11,3 Milliarden US-Dollar ein, in Europa waren es 12,5 Milliarden US-Dollar bei 48 Börsengängen. „In Europa sehen wir einen deutlichen Aufwärtstrend“, so Schwartz. „Die Zahl der IPOs hat sich im Vergleich zum ersten Quartal verdoppelt, einige Großtransaktionen haben dafür gesorgt, dass sich das Emissionsvolumen sogar mehr als verdreißigfacht hat.“
Unter der Bedingung, dass sich die weltweiten Handelskonflikte nicht weiter zuspitzen und geopolitische Schocks ausbleiben, rechnet Schwartz mit einer weiteren Verbesserung der Lage auf dem weltweiten IPO-Markt: „In den USA sorgen vor allem Technologie-Start-ups und Unternehmen aus der Gesundheitsbranche für eine starke Dynamik auf dem IPO-Markt – obendrein entwickeln sich die Kurse der Börsenneulinge gut, was für positive Stimmung unter Investoren sorgt.“ Anleger konnten sich in diesem Jahr im Durchschnitt am Tag der Erstnotiz über Kursgewinne von knapp 16 Prozent freuen.
Auch vom chinesischen Markt dürften wieder Wachstumsimpulse kommen, erwartet Schwartz: „Derzeit warten an den chinesischen Festlandsbörsen mehr als 330 Unternehmen auf eine Zulassung zum IPO, in Hong Kong haben sich mehr als 180 Unternehmen für einen Börsengang registriert. Obendrein dürfte das neue Börsensegment für heimische Technologieunternehmen an der Börse Shanghai einige sogenannte ‚Unicorns‘ aufs Parket locken.“
Auch in Bezug auf Österreich ist Schwartz vorsichtig optimistisch. Er wertet den Börsengang von Frequentis zum Quartalsende als „positives Signal für den österreichischen Markt, das anderen IPO-Kandidaten Mut machen kann für einen Börsengang im zweiten Halbjahr. Ein solches positives Momentum ist wichtig, denn es stehen viele Unternehmen in den Startlöchern, darunter sowohl Wachstumsunternehmen als auch Abspaltungen von Großunternehmen.“
Nach wie vor sei allerdings der Brexit ein kaum zu kalkulierender Unsicherheitsfaktor, warnt Schwartz: „Das Brexit-Thema kommt im Herbst erneut auf uns zu und könnte die Stimmung erheblich beeinträchtigen.“
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