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Peinliches im Zusammenhang mit einem Börsenbrief (Günter Luntsch)

Bild: © Michaela Mejta, photaq.com , Günter Luntsch (BSN)

29.11.2019, 3069 Zeichen

Peinliches. Weil heute Freitag ist und weniger Leser anwesend sind, erzähle ich einmal von etwas total Peinlichem, das mir heuer passiert ist: Wie Sie als treuer Leser dieses Mediums wissen, gibt es durchaus Börseletter, für die man gerne zahlt. Diese leben davon, dass möglichst viele Menschen zahlen. Dass ein guter Börsebrief mal von einem Abonnenten an Freunde weitergeleitet wird, ist für den Ersteller ärgerlich. Dem Weiterleiter fehlt hier meist das Unrechtsbewusstsein, er denkt an seine lieben Freunde, denen er etwas Gutes tun will.

Ich bin/war auch so ein guter Mensch. Als wir im kleinen Kreise über so einen Börsebrief gesprochen haben, hat ein Bekannter gemeint: "Lass mich das mal anschaun, schick mir diesen Brief!" Ich habe mich kurz gewehrt, vielleicht mehr aus Faulheit als aufgrund schlechten Gewissens: "Die haben eh ein Gratis-Probeabo auch, brauchst nur anklicken!". Antwort: "Das dauert mir zu lang! Schick mir einfach einen, den Du schon hast!" Das war mir natürlich nicht recht, weil das bedeutete Arbeit für mich. Aber als guter Lotsch kann ich die Bitte eines Mitmenschen schwer abschlagen, auch wenn mir das Begehren noch so dumm (weil er es ja anders auch machen könnte, aber das wäre dann SEINE Arbeit, nicht meine) erscheint.

So habe ich bei der nächsten Ausgabe des Börsebriefs, den ich bekam, auch an ihn gedacht und diesen Brief mit einem halben Tag Verspätung an ihn weitergeleitet. Beim nächsten Mal war ich es schon gewöhnt: Brief öffnen - überfliegen - weiterleiten - löschen. Ja, Löschen muss leider auch sein, sonst geht mein Postfach über. Löschen dann, wenn ich Wichtiges auf Papier übertragen habe, oder wenn nichts Wichtiges für mich dabei ist. Für manche Branchen interessiere ich mich weniger, weil es auch gute Aktien in Branchen gibt, die mir näher stehen. Aber aufmachen tu ich jeden Brief, schließlich zahlt man ja dafür, und Wichtiges will man nicht versäumen.

Was ich bei dieser kleinen Gefälligkeit nicht bedacht habe: Dieser Börsebrief ist personalisiert. Ein seriöser Börsebrief macht dem Abonnenten nämlich das Abbestellen so einfach wie möglich, einfach unten anklicken, alles weitere geschieht für den Abonnenten unsichtbar und automatisch. Und dieser Herr hat sich nach etwa fünf Ausgaben dazu entschlossen, den Börsebrief doch nicht zu abonnieren. Ist ja sein gutes Recht. Aber wie storniert man ein Börsebriefabo, das man nie offiziell bestellt hat? Man drückt unten auf "Abbestellen". Und was bestellt man ab, wenn man gar nichts bestellt hat?

Richtig! Dieser Mann hat doch tatsächlich MEIN Abo storniert! Ich muss Euch gar nicht sagen, wie peinlich das ist, wenn man die ganze Sache aufklären muss. Also dass man das Abo doch noch will, dass ein Unbefugter das Abo abbestellt hat. Ich kam mir vor wie der Pate einer Börsebriefweiterleitermafia, also einer von den Allerschlimmsten, auf einer Ebene mit Drogendealern und Schwarzfahrern. Und das nur, weil ich zu gut bin. Also diese Gefälligkeit mach ich jedenfalls keinem mehr.

(Der Input von Günter Luntsch für den http://www.boerse-social.com/gabb vom 29.11.)


(29.11.2019)

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