Die Analysten von Raiffeisen Research sind in ihrem Aktienkompass Q4 aufgrund der Coronalage, der Konjunkturdynamik, der Geldpolitik und des Gewinnwachstums für die kommenden Quartale optimistisch gestimmt. Sie fassen zusammen: Im Gesamten sprechen viele Faktoren für eine Fortsetzung des Bullenmarktes. Die solide Konjunkturdynamik sollte im kommenden Jahr – wenn auch in leicht abgeschwächter Form – anhalten. Auf Ebene der Fundamentaldaten ist nach wie vor mit überdurchschnittlichen Gewinnwachstumsraten zu rechnen. Aufgrund der dicken Cashpolster der Unternehmen erwarten wir zudem eine deutliche Unterstützung der Märkte durch Aktienrückkaufprogramme. Die Bewertungsniveaus in den USA wirken mittlerweile nicht mehr ganz so alarmierend. Wir gehen nicht davon aus, dass sich auf Jahressicht die Attraktivität bewertungsseitig deutlich ändern wird. In Erwartung, dass die Gewinnwachstumsraten auch in den nächsten Monaten noch überdurchschnittlich ausfallen, sollten sich die Bewertungskennzahlen aber zumindest noch ein Stück weit vergünstigen. Auch vor dem Hintergrund von Niedrigzinspolitik und "Anlagenotstand" erscheinen höhere Bewertungsniveaus angesichts der sonstigen Datenlage aktuell rechtfertigbar. Im Falle der USA lässt sich des Weiteren argumentieren, dass eine Prämie bei den Bewetungskennzahlen relativ zu Europa oder Emerging Markets auch aufgrund der höheren Profitabilität der Unternehmen und der Sektorkomposition gerechtfertigt ist.
Wir zeichnen daher den Pfad der prognostizierten steigenden Aktienmarktentwicklung weiter fort und ändern einhergehend mit der aktuellen Marktschwäche unsere Empfehlungen für alle Aktienmärkte auf KAUF. Für Europa spricht, dass die hoch gewichteten konjunktursensitiven Industrien weiterhin vom breiter werdenden Aufwind der Wirtschaft getragen werden sollten. Auch ein Umfeld steigender Anleiherenditen, wie sie von unseren Ökonomen prognostiziert werden, sollte finanzlastige Indizes wie den ATX, oder den Euro STOXX 50 über eine steilere Zinskurve und damit bessere Aussichten für die Nettozinsmargen stützen. Der von unseren Kollegen erwartete Renditeanstieg würde grundsätzlich nicht für technologielastige Märkte wie die USA sprechen. Das wird aber aus unserer Sicht durch die dynamischeren Gewinnwachstumsraten und die höhere Profitabilität dieser Branchen ausgeglichen. Insofern erwarten wir für den breiten US-Aktienmarkt ähnliche Anstiege.
Wenngleich neue und vor allem ansteckendere Mutationen nicht ausgeschlossen werden können, so stimmen uns die aktuellen Entwicklungen, wie die seit Mitte September rückläufigen COVID-19Fallzahlen in den USA optimistisch. Daher stufen wir die Wahrscheinlichkeit flächendeckender harter Lockdowns wie 2020 als gering ein.
Vonseiten der Geldpolitik sehen wir kurzfristig noch keinen markanten Gegenwind. Da diese in den USA bis auf Weiters in Summe weiterhin expansiv bleibt ist immer noch von einem günstigen Liquiditätsumfeld auszugehen. Dies soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die USA durch das Tapering einer geldpolitischen Normalisierung annähern und Spekulationen einer ersten Zinserhöhung Ende 2022 / Anfang 2023 in den Fokus rücken können.
Auch konjunkturseitig identifizieren unsere Ökonomen derzeit einige Mittel- bis Langfristrisikenmit Relevanz für das Ertragspotenzial von risikoreichen Veranlagungen. Vor allem in den USA sehen wir gewisse Risiken, dass eine Wirtschaftspolitik des bewussten „Heißlaufens“ letztendlich zu einem Boom-Bust-Zyklus (nicht nur am Aktienmarkt) führen könnte. Dies sollte sich, trotz unterschiedlicher Position im Konjunkturzyklus, auch auf die europäischen Aktienmärkte auswirken. Zudem sehen wir ein Risiko, dass sich in solch einem Szenario – durchaus toleriert von Notenbankseite – gewisse Vermögenswertpreisblasen in öffentlich gehandelten Marktinstrumenten zurückbilden können."