11.04.2024, 5391 Zeichen
Die Qual der Wahl. Wenn am 5. November dieses Jahres in den USA die Wahl zum Präsidenten geschlagen wird, wird die Welt kurz einmal den Atem anhalten. Es steht viel auf dem Spiel und Vieles wird von diesem Wahlausgang abhängig gemacht. Die Antizipation dessen, was mit den einzelnen Kandidaten an danach zu erwartender Politik verbunden ist wird voraussichtlich die Märkte und die Politik auf längere Zeit dominieren (jedwede zwischenzeitlichen exogenen Schocks als Spielverderber natürlich ausgenommen). Im Zusammenhang mit dieser Wahl haben sich die Märkte im Vorfeld über Dinge Gedanken gemacht und sie analysiert, die man so zuvor noch nicht erlebt hatte. Beispielsweise die unterschiedlichen Alter der beiden Kandidaten. Beiden wurde eine Berechnung zur Wahrscheinlichkeit des Eintretens körperlicher Probleme während des Wahlkampfes geleistet. Die eine Was-Wäre-Wenn-Analogie die natürlich Joe Biden, als Älterem, ein höheres Risiko zuwies, aber auch logistische Fragen die das „Timing“ einer Erkrankung beleuchteten, adressierte. Man geht hier offensichtlich jeder Variante bereits im Vorfeld nach.
Und Gedanken über die Chancen und Wahrscheinlichkeiten in diesem Zusammenhang sind, selbst bei auf den ersten Blick so absurd anmutenden Analysen, offensichtlich wichtig um einfach am 6.November nicht überrascht und vielleicht sogar unvorbereitet zu sein. Die Märkte und auch die Geopolitik sind in ihren Reaktionen sicher sehr schnell. Also wie sehen die Erwartungen aus heutiger Sicht aus?
In den aktuellen Umfragen führt Donald Trump. Und das eigentlich schon länger. Er hat einen Vorsprung von knapp 2%, aber das seit Monaten. Natürlich kann man einwenden, dass Wahlumfragen zu den am meisten fehlerhaften Orientierungshilfen zählen weil gerade bei Wahlen am Ende sehr oft die kurzfristige Emotion das persönliche Ergebnis bestimmt, aber Futter für die Medien geben sie allemal. Ein weiterer Freund der Analysen sind die historischen Ereignisse, die als Basis künftiger Erwartungen herangezogen werden. Interessant, dass man keinem Politiker hier zutraut, sich zu ändern, geschweige denn zu bessern. Die Vehemenz mit der sich Mr. Trump seinen Klagen versucht zu entziehen deutet genau darauf hin, genauso die stille Effizienz mit der Joe Biden seine Klagsandrohungen bisher abschmettern ließ. Nun, diese Historie lässt im Falle eines Sieges von Donald Trump eine Rückkehr in „alte Muster“ erwarten. Es wird wieder mit Zöllen gearbeitet werden, Geopolitik wird sich stärker gegen China und weniger gegen Russland richten, Steuern dürften gesenkt werden und heimischen Industrien, wie der Ölindustrie, der Rücken gestärkt werden. Interessant dabei, dass dies vorerst für die Aktienmärkte gar nicht einmal so schlecht wäre. Alles Bewegungen die Gewinntrends unterstützen müssten. Der Teufel steckt aber im Detail und in der Zeitachse. Eine solche Politik würde die USA wieder stärker isolieren, die Verschuldung noch deutlicher erhöhen und die Inflation antreiben. Mit Zinssenkungen wäre dann wohl nichts mehr, es sei denn Mr. Präsident feuert den FED-Chef Jerome Powell, der von ihm selbst vor 5 Jahren eingesetzt wurde und setzt einen Trump-Dummy auf dessen Posten. Eher unwahrscheinlich, aber der Faktor „Trump“ ist auch mit einer Erhöhung der Unwägbarkeiten verbunden. Im Falle eines Sieges von Joe Biden würde wohl alles irgendwie sanfter verlaufen. Die Wirtschaft würde weiter wachsen, Inflation ok, aber nicht so hoch , die Verschuldung bleibt ein Problem und die Geopolitik bleibt weniger oberflächlich aggressiv.
Aus Sicht der USA wird Geopolitik wohl restriktiver werden. Selbst ein Sieg der Demokraten wird eine Stärkung der amerikanischen Interessen nicht torpedieren. Die Schwächen der anderen sind die Chance der USA, und diese zu nutzen, haben sie bewiesen zu können. Bei einem Wahlsieg Donald Trumps wird sich die Gangart nur ziemlich beschleunigen. China wird mit Zöllen zu kämpfen haben. Selbst mit Gegenzöllen antworten. Europa wird auf der Seite stehen und hoffen, dass es selbst nicht zum Ziel wird. Russland wird sich im Schulterklopfen üben und in den Emerging Markets wird man das wachsende globale Gewicht ihrer Rolle als Hersteller billiger Waren oder Lieferant von Rohstoffen beleuchtet wissen. Der Verlierer dieser Politik steht noch(!) nicht fest, ein Kandidat dafür ist aber auf jeden Fall die Eurozone. Mit der Ukraine, einem China das die hilfreiche Hand mit einem Grinsen reicht, einem UK das sich nicht und nicht aus seiner eigenen Krise herausarbeitet, einer Bürokratie die in der EU jedes noch so kleine Pflänzchen Wachstum und Kreativität schwer unter Druck bringt, einem Verständnis für Maßnahmen gegen den Klimawandel das selbst die hartgesottensten Öko-Gläubigen Kopfkratzen lässt und einer Verteidigungspolitik die bis dato keine war ist sie der kranke Patient am Globus. Allein die Tatsache, dass man sich vor der Wahl eines Donald Trump in Europa fürchten muss ist für die Märkte bereits Anlass zu erwarten, dass sich jetzt, vor allem in Deutschland, noch einem der reichsten Länder der Welt, endlich proökonomische und logisch unterstützte Prozesse in Gang setzen die zumindest ein wenig der in den letzten Jahren verlorenen Wirtschaftskraft und Eigenständigkeit wieder einholen könnten.
Wunschdenken unterstützt durch eine Analyse der Furchtpotentiale.
(Der Input von Wolfgang Matejka für den http://www.boerse-social.com/gabb vom 11.04.)
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