11.11.2016, 3992 Zeichen
Während die meisten Anleger sich angesichts der Kurskapriolen an den Aktienmärkten die Augen reiben, ging ein wichtiges Signal in dieser Woche fast unter. Die Zinsen steigen und zwar deutlich. Mehrjährige Abwärtstrends sind Geschichte.
Eine unglaubliche Handelswoche mit enormen Volatilitäten an den Aktienmärkten geht zu Ende. In aller Munde ist das neue Allzeithoch im Dow Jones. Gold und EUR/USD mussten dagegen kräftig Federn lassen. Doch ein Signal in dieser Woche, dass all diese Entwicklungen meiner Ansicht nach in den Schatten stellt, ging bei dem ganzen Hin und Her unter: Die Anleiherenditen sind weltweit sprunghaft angestiegen.
Steigende Zinsen, fallende Anleihekurse
Auf unserer Investment- und Analyseplattform Guidants haben wir für Sie auch einen Anleiherenditendesktop integriert, der einen wunderbaren Überblick über die weltweiten Zinsentwicklungen gibt.
Zur Erklärung für Anleger, die in dem Thema nicht so bewandert sind: Die Zinsen entwickeln sich konträr zu den Anleihekursen. Fallen die Zinsen, wie man es in den vergangenen Jahren deutlich gesehen hat, steigen die Anleihekurse. Steigt dagegen der Zinssatz, sinken Anleihen. Ein gutes Barometer in Deutschland, um sich einen Überblick über die Hauptrichtung am Anleihemarkt zu verschaffen, ist der Bund Future.
Mein Kollege Harald Weygand hat gestern eine Analyse zum Bund Future veröffentlicht. Er sieht eine Topbildung in diesem Basiswert, also fallende Anleihekurse auf uns zukommen. Seine Analyse finden Sie hier. Den Bund Future können Sie direkt als Futuretrader, aber natürlich auch über Hebelzertifikate oder CFDs handeln.
Der Blick auf die Anleiherenditen verdeutlicht, dass sich aus technischer Sicht in der Tat Wichtiges getan hat. Sowohl in Deutschland als auch in den USA haben die 10-Jahres-Zinssätze in dieser Woche ihre seit dem Jahr 2014 etablierten steilen Abwärtstrends durchbrochen.
Auf Sicht mehrerer Monate, eventuell auch Jahre, ist damit eine Rückkehr zu den Niveaus des Jahres 2013 denkbar. Das würde in Deutschland einer Rendite von rudn 1,97 % entsprechen, in den USA einem Wert von 3,00 %. Markante Widerstände in Form der 2015er Zwischenhochs notieren bei 0,93 % (Deutschland) und 2,45 % (USA).
Steigende Zinsen, fallende Aktienkurse?
Auf meinem Expertenstream auf Guidants kam heute bereits die Frage auf, ob steigende Zinsen negativ für den Aktienmarkt sind. Dies ist eine durchaus weitverbreitete Meinung, die auch plausibel erklärbar ist. Steigende Zinsen bedeuten einen attraktiveren Geldmarkt. Aktien verlieren gegenüber festverzinslichen Anlagen an Attraktivität.
In dem aktuellen Fall sehe ich das allerdings etwas differenzierter. Wir haben eine extreme Übertreibung hin zur Unterseite gesehen. Dass Negativzinsen keine Dauerlösung darstellen können und dürfen, ist klar. Die nun steigenden Renditen bedeuten meiner Meinung nach nur eine Rückkehr zur Normalität. Was den Aktienmarkt anbelangt, gab es durchaus Phasen, in denen Zinsen UND Aktien parallel gestiegen sind.
Auch muss man bei den Branchen unterscheiden. Bankaktien dürften profitieren. Der Sektor wird ja bereits seit Wochen und in dieser Woche noch einmal verstärkt gespielt. Immobilienaktien dagegen werden verkauft. Höhere Zinsen schmälern den Wert der jeweiligen Immobilienportfolios, es besteht Abschreibungsbedarf. Bei Versicherern muss man zwei Seiten der Medaille betrachten. Höhere Zinsen bedeuten natürlich auch höhere Prämieneinnahmen. Versicherer halten aber auch hohe Anleihebestände, die sie, sollten diese nicht abgebaut werden, abschreiben müssten.
Insgesamt könnte mit der Entwicklung in dieser Woche der Startschuss für eine mehrjährige Trendwende an den Anleihemärkten gefallen sein. Zumindest sollten Anleger auf ein Szenario steigender Zinsen vorbereitet sein.
Autor: Bastian Galuschka, Technischer Analyst und Stv. Chefredakteur bei GodmodeTrader.de.
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