Ich stimme der Verwendung von Cookies zu. Auch wenn ich diese Website weiter nutze, gilt dies als Zustimmung.

Bitte lesen und akzeptieren Sie die Datenschutzinformation und Cookie-Informationen, damit Sie unser Angebot weiter nutzen können. Natürlich können Sie diese Einwilligung jederzeit widerrufen.






Zum Zertifikate Award 2017: Sechs Pistols of Structured Products

24182 Zeichen

Am 18. Mai heisst es: Zertifikate Award Austria. Das Magazine sprach im Vorfeld mit sechs Eloquenz-Pistols aus einer Branche, die schon lange vor dem Digitalisierungshype digital war. 

PLO: Weil man die Feste bekanntlich feiern soll, wie sie fallen, erstmal zu etwas Aktuellem: Im DAX - für die meisten Zertifikate-Emittenten mit Abstand der wichtigste Basiswert - werden neue All-Time-Highs gefeiert. Die Hausse - und damit die DAX-Party - dauert bereits acht Jahre an. Wie ist die Stimmung?

MEI: Nachdem das All-Time-High geknackt wurde, kann es durchaus weitergehen - allerdings eher volatil. Solange die Zinsen so tief sind, ist die Alternative Aktie eben gefragt.

KNA: Ich sehe das ähnlich wie Volker. Vor allem, wenn man die weltpolitische Lage auch noch berücksichtigt, ich denke da etwa an Nordkorea. Viele Bedrohungen scheinen schon eingepreist zu sein. Kommt es dann zum Nichteintritt - siehe Frankreich-Wahl - wird das als Überraschung wahrgenommen. Wenn man so will, dient Positives am Markt als Katalysator. Darüber hinaus ist ja ausreichend Geld vorhanden.

BSM-CHAT LEGENDE

ARN: Philipp Arnold
GEI: Heiko Geiger
KAL: Markus Kaller
HÜP: Matthias Hüppe
KNA: Christian-HendrikKnappe MEI: Volker Meinel

PLO: Michael J. Plos

HÜP: Bezüglich der Stimmung: Die ist glücklicherweise nicht euphorisch. Das ist ein Indiz, dass die Kurse noch weiter steigen könnten. Außerdem ist auch nicht erkennbar, dass Fundamentaldaten und Aktienkurse auseinanderlaufen würden - das würde dann für eine Blase sprechen.

KAL: Wenn Euphorie vorherrscht, dann ist das aus meiner Sicht noch eine Art Randgruppenthema, denn die meisten Privatanleger haben vom Kursanstieg wenig mitbekommen und sind auch nicht wirklich investiert. Solange die Geldpolitik der EZB in dieser Art weiter geht und zusätzlich tatsächlich die wirtschaftliche Stimmung positiv ist, sehe ich schon noch Spielraum nach oben. Wiewohl mir die Gefahr einer Korrektur bewusst ist. „Überraschenderweise“ kann man hier mit Zertifikaten sinnvolle Schutzmechanismen nutzen.

GEI: Die aktuelle Themengelage ist hochinteressant. Auf der einen Seite gibt es eine gewisse Euphorie nach oben, auf der anderen Seite jede Menge Investoren, die auf eine Korrektur warten. Die Umfragen bei Unternehmen und Haushalten in Sachen Wirtschaftswachstum sind positiv, es herrscht Euphorie. Man könnte daher mit guten Argumenten weiterhin von versöhnlichen Märkten ausgehen - vor allem in Europa.

ARN: Die durchaus vorhandenen Risiken sind sicher vielen präsent, aber die Party an den Aktienmärkten scheint fast alternativlos und auch ganz gut durch Fundamentaldaten, Unternehmensgewinne und der lockeren Geldpolitik unterstützt. Ich sage bewusst fast alternativlos, weil eben Zertifikate genau die Alternative zum Direktinvestment sein können - um eben auch in einem Seitwärtsmärkt Rendite zu erzielen oder gegen Korrekturen abgesichert zu sein.

PLO: Eine Frage, die in den letzten Jahren zum Dauerbrenner wurde: Unabhängig davon, wann die Party endet - wie voll ist denn die „Bude“? Gibt es noch Platz?

KNA: Ich schließe mich Heiko an. Es gibt einige, die gerade auf den Einstieg warten. Aber Platz ist in der Bude wohl noch.

MEI: In der Bude, in der die DAX-Party steigt, ist es wie im richtigen Leben. Wenn es erst einmal zu voll wird, wird es eng. Und dann muss man raus.

HÜP: Angesichts der Anzahl der Aktionäre in Deutschland und Österreich sind die Einladungen zur Party doch niemals angekommen.

PLO: Findet in den USA gerade eine lässigere Party als in Europa statt?

GEI: Für Europa könnte jedenfalls der starke Wirtschaftsausblick, die im Vergleich zu den USA günstigeren Bewertungen und der erwartete Rückgang bei der Risikoprämie sprechen. Viel wird aber von den Unternehmenszahlen abhängen. Und wir befinden uns ja gerade mitten in der Berichtssaison.

KNA: Es ist schwer einzuschätzen, wo die lässigere Party stattfindet. Donald Trump mit seinem „America First-Ansatz“ und steigende Zinsen - auch wenn die Steigerungsraten moderater werden - sprechen eigentlich nicht für steigende US-Aktienmärkte.

GEI: Bezüglich Trump: Hier haben die Sektoren Industrie und Energie eine „Trump-Hausse“ erlebt. Und die Technologie-Titel aus Kalifornien haben nun nachgezogen. US-Banken könnten interessant bleiben. Zum einen wegen ihrer starken Zahlen, zum anderen wegen der steigenden Zinsen.

ARN: Wie Heiko schon gesagt hat: Das Thema Bewertung spielt eine wichtige Rolle. Hier hat sich in den letzten Jahren eine Bewertungsdifferenz zwischen US-Markt (KGV fast bei 20) und Europa (KGV bei ca. 15) aufgebaut - mit ein Grund, warum wir bei vielen Emissionen auf europäische Basiswerte, allen voran Euro Stoxx 50, setzen.

PLO: Bleiben wir noch kurz in den USA. Eure Meinung zu Tesla bzw. der Tesla-Aktie?

KNA: Tesla wird weniger als Automobil-, sondern mehr als Zukunfts- bzw. Tech-Aktie wahrgenommen. Bezogen auf den Automobilaspekt muss man aber sehen, dass die „alte“ Autoindustrie nachzieht.

GEI: Tesla ist in der Tat ein äußerst beliebter Basiswert bei unseren Kunden. Die Aktie kann man aber als „Liebhaberaktie“ bezeichnen. Man muss sich schon die Frage stellen, wie viel Phantasie in den Kursen steckt und wie viel Substanz. Tesla ist eine Wette auf die Zukunft - und die ist an viele Faktoren geknüpft. Heißt: Hier ist auch eine Portion Risiko enthalten.

MEI: Würde man hier rein die fundamentalen Daten heranziehen, dann müsste man freilich die Finger davon lassen. Die Phantasie ist aber nicht wegzuleugnen - und die scheint noch lange nicht vorbei zu sein ...

GEI: Man muss schon auch das Gesamtbild im Auge behalten. Das E-Auto ist ja schön und gut. Aber provokant gefragt: Woher kommt der ganze Strom, mit dem alle Chinesen E-Auto fahren wollen?

HÜP: Unternehmen wie Amazon, Apple, Facebook und Co haben vorgemacht, was alles aus Visionen entstehen kann. Anleger hoffen bei Tesla, dass sich das wiederholt. An der Börse wurde schon immer die Zukunft gehandelt.

PLO: Elon Musk ist wohl die größte Lichtgestalt seit Steve Jobs. Macht er Tesla zur derzeit interessantesten Story überhaupt?

KNA: Google, Facebook und Co haben auch super Stories am Start. Diese Unternehmen sind gefühlt halt schon „groß“. Das ist bei Tesla noch nicht der Fall. Alles, was mit Virtual Reality zu tun hat, ist natürlich auch ein großer Trend. Wer weiß, vielleicht findet unser nächster Chat schon mit VR-Brille statt.

ARN: Stories sind wichtig. Themen wie Technologie, Nachhaltigkeit, Rohstoffe etc. sind sehr wohl nachgefragt. Und manchmal reicht es auch als Story, ein Zertifikat anzubieten, das mit einem interessanten Chance/Risikoprofil glänzt.

HÜP: Den Wunsch von Anlegern nach Stories kann ich verstehen. Dabei muss man aber nicht in die Ferne schweifen. Aus deutscher Sicht muss man nur den DAX heranziehen. Das ist eine Story. Und zwar eine Erfolgsstory.

GEI: Genau. Es ist ja nicht so, dass der DAX keine tolle Story wäre. Das ist mit Abstand der beliebteste Basiswert überhaupt bei unseren Kunden. Das zeigen die Volumina ganz eindeutig.

HÜP: Eine Story ist das eine, ein „Megatrend“ - Stichwort „Seltene Erden“ oder „3D-Druck“ - das andere. Wenn dieses Wort fällt, sollte das ein Warnsignal sein. Aber noch einmal zum DAX. Der DAX ist Industrie 4.0. Und schon haben wir eine Story. „Engineered in Germany - made world wide“. Das passt zu den heutigen Gegebenheiten.

KNA: Was für ein Claim! Und nicht unbegründet. Man denke an adidas, die jetzt etwa die Einlegesohlen und ganze Sportschuhe drucken.

GEI: Für mich ist auch ganz klar Industrie 4.0 ein großes Thema. Hier sind Deutschland und die Schweiz in führenden Positionen. Aber auch Plattformen aller Art - wie etwa B2B oder B2C - werden spannend werden. Dort könnten sich dann auch AirBnB und Uber wiederfinden, wenn sie mal aus der Private-Ecke herauskommen.

PLO: Bleiben wir bei Zukunftsthemen und kommen zur Digitalisierung. Ist das Zertifikate-Business längst digitalisiert? Was kommt da auf uns zu?

KAL: Aus meiner Sicht läuft – wie in vielen Bereichen – das Geschäft über viele Kanäle. Je wertpapieraffiner ein Anleger ist, desto eher ist er auch bereit, online sein Geschäft selbst zu machen. Das klassische Beratungs-Geschäft hat insbesondere in unserem Sektor nach wie vor einen sehr hohen Stellenwert. Das wird aus meiner Sicht auch so bleiben. Leider ist die finanzielle Bildung noch nicht so weit verbreitet, dass Kunden die Notwendigkeit einer soliden Veranlagung selbst erkennen. Die entsprechende Aufklärung ist der Mehrwert der Beratung schlechthin.

ARN: Ein Argument, das wir in dem aktuellen Digitalisierungs-Hype immer wieder bringen, ist genau jenes, dass Zertifikate „digital geboren“ wurden. So wie die Generation der „Digital Natives“ sind Zertifikate mit dem Internet in den Nullerjahren groß geworden. Die viel zitierte Online-Abschlussfähigkeit gab es eigentlich von Anfang an. Der Selbstentscheider kann Zertifikate schon immer mit wenigen Mausklicks über seinen Online Banking Account in Sekundenschnelle kaufen bzw. verkaufen. Die große Affinität zum Online-Bereich drückt sich auch in der starken Präsenz von Zertifikaten auf Finanzportalen/Online Medien/ Blogs etc. aus. Die Branche ist bewusst auf junge, technikaffine Kundenschichten zugegangen, die eben schneller bereit sind, auch in ihrer Veranlagung neue Wege zu beschreiten.

BSM-CHAT LEGENDE

ARN: Philipp Arnold
GEI: Heiko Geiger
KAL: Markus Kaller
HÜP: Matthias Hüppe
KNA: Christian-HendrikKnappe MEI: Volker Meinel

PLO: Michael J. Plos

GEI: Ich kann mich Markus und Philipp nur anschließen. Unser Geschäft war schon immer zweigeteilt. Selbstentscheider wickeln ihre Geschäfte über ihren Online-Broker ab. Der direkte Kundenkontakt ist aber ebenso wichtig. Heute braucht man also sowohl die digitalen Tools als auch den persönlichen Kontakt.

ARN: Das Potenzial der Selbstentscheider ist außerdem  begrenzt. Viele, gerade vermögendere Privatkunden, wünschen sich in Geldangelegenheiten eine qualitativ hochwertige Beratung – und das wird auch auf absehbare Zeit so bleiben.

KNA: Wie Philipp, denke auch ich, dass unser Business schon digital war, bevor das Wort Digitalisierung hipp wurde. Anders funktioniert das bei der schieren Masse an Produkten ja auch gar nicht. Ich stimme aber auch Heiko zu. Ohne direkten Kontakt zu den Kunden wäre das alles zu wenig. Deshalb sind wir ja auch auf Messen, Börsentagen oder Roadshows. Und ganz wichtig: Der Service via Hotline oder E-Mail wird immer noch stark genutzt.

MEI: Ich bin da ganz bei Christian-Hendrik. Technik und Menschen spielen einge gleichgroße Rolle. Wir alle handeln bei anderen Entscheidungen ähnlich effektiv und emotional zugleich.

HÜP: Die Mischung machts! Ich orientiere mich gerne an Amazon: Auswahlprozess und Kauf gehen heute voll-digital. Gibt es aber mal ein Problem, dann brauche ich den Menschen, der kompetent und schnell helfen kann. Apropos Messen: Wir erleben häufig, dass Kunden gar nicht wussten, dass der Handel noch durch Menschen und nicht durch Maschinen gemacht wird. Das schafft beim Anleger Vertrauen. Wenn es eine Frage zu einem unserer Produkte gibt, dann sprechen wir mit dem zuständigen Händler. Im Retail-Fondsgeschäft wird sicherlich nicht beim Fondsmanager angeklopft.

GEI: Wenn wir schon beim Kunden sind. Ich denke, dass es in der gesamten Finanzindustrie niemanden gibt, der den Anleger so dermaßen in den Mittelpunkt stellt, wie die Zertifikate-Branche.

PLO: Macht die starke Regulierung in Sachen „digitale Services“ Probleme?

KNA: Regulierung ist ein Thema, das man in Kauf nehmen muss. Das macht natürlich keinen Spass - aber das sind nun mal die Rahmenbedingungen. Ganz klar ist: Der Kunde soll und muss geschützt werden. Die Frage des Ausmaßes muss man sich leider immer wieder stellen.

GEI: Die Regulierung ist im Bereich digitale Services kein Hindernis. Man muss sich nur den Ist-Zustand anschauen. Was es heute schon alles gibt: Apps, Emissionsplattform, individualisierte Produkte, etc. Da sind wir im Vergleich zu anderen Finanzdienstleistern ganz weit vorne.

KAL: Leider gilt auch hier, dass mangels grosser Akzeptanz von Wertpapieren als Anlageform die Regulatorik vom Kunden gar nicht so abstrakt wahrgenommen wird. In der Beratung ist es natürlich nicht leichter geworden. Gleichzeitig kann ich für unseren Sektor sagen, dass wir beispielsweise zum Thema „Beratungsprozess neu“ im Besonderen und Beratungsprotokoll im Speziellen bereits vor drei Jahren begonnen haben, uns mit unseren Kollegen Gedanken zu machen. Insofern ist natürlich ein Umstieg von gelebten Gewohnheiten hin zu einem neuen Prozess herausfordernd, aber nicht notwendigerweise geschäftsverhindernd.

HÜP: Es scheint, als mussten wir uns über die Jahre von der Idee des sogenannten mündigen Anlegers verabschieden.

KNA: Früher waren sie zwar mündiger - aber auch weniger geschützt.

GEI: Wir bekommen zunehmend Kunden-Feedback, dass sie sich in ihren Anlageentscheidungen - regulatorisch - eingeschränkt fühlen.

PLO: Waren die Anleger in der Vor-Lehman-Zeit mündiger?

GEI: Ich kann Lehman schon gar nicht mehr hören. Wie lange müssen wir uns noch damit auseinandersetzen? Das Problem bei Lehman war doch mehr auf der Beraterseite als auf der Produktseite zu finden.

HÜP: Es ist heute für einen Privatanleger kaum mehr möglich, mit einem Bankberater über Aktien zu reden. Jede besprochene Aktie erfordert mehrere Seiten Papier und Protokoll.

KNA: Die Berater „ersaufen“ ja in Regulatorik. Egal für welches Produkt - Zertifikate, Fonds, Immos etc. - für jedes gibt es eigene Formulare, die auszufüllen sind. Da tun mir die Berater derzeit schon Leid.

ARN: Man muss trennen. Für den Selbstentscheider sind die Regularien weniger problematisch. Im Beratungsgeschäft ist das anders. Die angebotene Produktvielfalt wird deutlich zurückgehen, die Veranlagungs-Grenzen werden enger gezogen und für Kunden mit geringerem Volumen wird wahrscheinlich oftmals eine Einproduktstrategie gefahren. Da stellt sich schon die Frage nach dem Mehrwert für den Kunden, vom bürokratischen Aufwand auf Beraterseite reden wir hier noch gar nicht ...

KAL: Ich denke sogar, dass jene Anleger, die Wertpapiere generell in Erwägung ziehen, mehr Interesse zeigen, als noch in Vor-Krisenzeiten. So gesehen kann man schon von mündigeren Kunden sprechen. Gleichzeitig möchte ich schon betonen, dass wir auch aus Bank- und Produktproduzenten Sicht großes Interesse an aufgeklärten Kunden haben. Transparenz steht klar im Vordergrund, denn sie verhindert einen unangenehmen Beigeschmack beim Wertpapier-Kauf.

PLO: Apropos Transparenz: Reden wir über den Issuer Estimated Value als Spitze des Eisbergs, was ebendiese betrifft. Hat das Mehrwert - oder geht das schon zu weit?

HÜP: Ja, definitiv.

KNA: Das sollte man eher die Kunden fragen. Meine Erfahrung: Jene, die ihn kennen, finden ihn super.

MEI: Der Mehrwert ist gegeben. Der Kunde weiß genau, wie hoch die „Herstellungskosten“ des Zertifikats sind.

ARN: Für den Anleger ist in erster Linie das Auszahlungsprofil eines Produktes interessant - also welche Renditechance habe ich mit welchem Risiko. Aufgrund der Produktvielfalt ist die Vergleichbarkeit bei den Klassikern ausreichend gegeben. Dafür braucht es wahrscheinlich keinen IEV. Mit MiFID 2 müssen dann sowieso alle Emittenten ab 2018 die Produktkosten im Sinne der Kostentransparenz auf dem KID veröffentlichen.

GEI: Der IEV wurde im Rahmen des DDV konzipiert und soll die Produkttransparenz erhöhen. Das ist schon ein klarer Kontrapunkt zu anderen Finanzprodukten. Und zeigt, dass die Selbstregulierung der Branche funktioniert.

HÜP: Auf den letzten Messen habe ich einen Vortrag gehalten mit dem Titel „Das verdient der Emittent“. Das Feedback war sehr gut. Wenn man das Publikum fragt, welche Marge sie bei den Produkten erwarten würden, lautet die häufigste Antwort 3 bis 5 Prozent. Jetzt verdienen wir aber beispielsweise bei einem DAX-Discount-Zertifikat mit einem Preis von 100 Euro gerade einmal 0,2 Euro. Das überrascht viele sehr positiv. Und ich denke, wir sollten mit dem Thema offensiver umgehen.

BSM-CHAT LEGENDE

ARN: Philipp Arnold
GEI: Heiko Geiger
KAL: Markus Kaller
HÜP: Matthias Hüppe
KNA: Christian-HendrikKnappe MEI: Volker Meinel

PLO: Michael J. Plos

KNA: Wenn ich mir ein Auto kaufe, verrät mir Volkswagen aber auch nicht, was die Herstellungskosten waren. Wir als Branche tun das zwar - aber die meisten wissen es nicht einmal - leider.

GEI: Ich wurde noch nie von meinem Autohaus zu einem Referat eingeladen, was er denn so an einem Auto verdient. Das gilt übrigens auch für alle anderen Produkte.

PLO: Wir haben schon über Digitalisierung gesprochen. Jetzt möchte ich noch Social Media ansprechen. Volker, ihr pflegt einen Facebook-Account. Wie sind da eure Erfahrungen?

MEI: Wir nutzen den Facebook- und Twitter-Kanal eigentlich vor allem zur weiteren Verbreitung unserer Inhalte über Webseite und Newsletter hinaus und versuchen so zusätzlichen Traffic auf die Webseite zu leiten. Wir haben zwar durchaus einige Follower eingesammelt. Die direkte Resonanz auf einzelne Postings könnte aber größer sein.

KNA: Man darf auch die Bedeutung von „Old-School-Social Media“ nicht unterschätzen. Seit vielen Jahren bieten wir einen SMS-Service an. Und der erfreut sich seit jeher großer Beliebtheit. Die Nutzerzahl steigt stetig. Wenn wir über klassisches Social Media sprechen, dann muss man immer überlegen, ob sich das unter dem Strich rentiert. Der Umgangston ist mitunter rau - oftmals ganz bewusst. Klar ist aber: Wir denken ganz intensiv darüber nach, wie wir Social Media angehen bzw. gestalten wollen. 

GEI: Wir betreiben auch Social Media Arbeit, etwa auf Twitter. Das sind aber automatisierte Prozesse - in diese ist das ganze Team involviert. Einen eigenen Social-Media-Beauftragen gibt es nicht. Zumindest noch nicht.

KAL: Erste Bank und Sparkassen sind auf Facebook sehr gut repräsentiert. Als Zertifikate-Emittent werden wir hier aber keine weitere Initiative starten. Auf Youtube gibt es bereits einen Kanal, wo wir insbesondere Research zur Verfügung stellen. Sollten wir auch Produkt-Videos machen, was derzeit nicht geplant ist, werden diese dort veröffentlicht.

HÜP: Was Social Media betrifft, will ich auf unseren Youtube-Kanal verweisen. Dort veröffentlichen wir 3 bis 5 neue Videos pro Woche. Hier gilt es, möglichst nah am Markt zu sein. Das ist sowohl bei Anlegern als auch bei Tradern entscheidend.

GEI: Social Media ist bei all seiner Bedeutung für uns als Branche auch nur ein Teil des Ganzen. Heißt: Letzten Endes geht es darum, unseren Kunden verschiedene Türen aufzuhalten. Er muss dann entscheiden, über welchen Kanal er mit uns in Kontakt treten möchte.

KNA: Ich stimme Heiko zu. Es geht darum, in Kontakt zum Kunden zu treten - das steht über allem. Aber auch wir produzieren Videos, hauptsächlich mit Interviews. Die laufen erfreulich und kommen gut an. Kritik kommt derzeit wenig auf. Sie kommt hauptsächlich aus der Branche und bezieht sich auf modische Details, wie die Krawatten. 

HÜP: Je jünger unsere Kunden werden, desto wichtiger werden die Sozialen Medien. Hier gibt es sicherlich noch einiges zu tun. Egal, ob Apple oder Facebook - die beiden Marken findet man bei der Jugend überall. Nur nicht im Depot.

GEI: Matthias hat Recht. Wir müssen vorbereitet sein. Auch viele Kunden älteren Semesters sind mobil unterwegs oder nutzen soziale Medien um sich zu informieren.

KNA: Ich schließe mich meinen Vorrednern an. Die Frage ist, ob die Social Media Aktivität aus dem eigenen Haus bzw. über die eigenen Plattformen kommen muss? Das Börse Social Network bietet etwa eine tolle Alternative.

PLO: Vielen Dank für die Blumen. Zum Abschluss habe ich noch ein schmerzhaftes Thema - die Finanzbildung: Die Zertifikate-Branche nimmt hier eine Vorreiterrolle ein. Drehen wir uns hier aber nicht im Kreis? Ein Blick auf die Aktionärsquoten in Österreich und Deutschland legt das nahe. 

KAL: In der Emotion sage ich: Nun was hilfts, wenn keiner die Riesenmenge an angebotenen Gratiswissen liest. Leider können wir die Defizite der Bildung nicht wettmachen. Es mangelt schlicht am Problembewusstsein, das wir als kleiner Verband (Anm: Markus Kaller ist Vorstandsmitglied im ZFA) nicht heben können. Jedes neue Smartphone ist allen bekannt und jeder will es haben. Solange es nicht im breiten Bewusstsein liegt, dass z.B. die negative Realverzinsung Vermögen auffrisst oder die Pensionslücke schlicht ein Faktum ist, können unsere Lösungen und Ideen nicht greifen. Erst wenn sehr viele erkannt haben, wo ihr Problem eigentlich liegt, können wir weiter helfen. Der Eindruck, dass wir „uns im Kreis drehen“, den teile ich.

KNA: Was wir anbieten, ist am Ende des Tages leider nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Das Fundament fehlt. Ich denke hier an Kindergarten oder Schule, wo die Grundsteine von Bildung im Allgemeinen gelegt werden.

GEI: Dieses Thema ist in der Tat mühsam. Gleichzeitig ist aber festzuhalten, dass die Kunden immer professioneller werden und neue Interessierte sich sehr kritisch mit der Materie auseinandersetzen. Wir dürfen also eine nachhaltige Entwicklung erwarten. Ich bin positiv gestimmt, was unsere Branche betrifft.

HÜP: Ich habe oft den Eindruck, dass die Politik und die Massenmedien den Sinn der Börse nicht verstehen wollen. Es geht in der Sache um Geldanlage und Altersvorsorge und nicht um Zocken oder Casino. Es wird wohl ein langer und schwerer Kampf bleiben.

PLO: Braucht es Finanzbildung als Schulfach?

KNA: Ja! Wer nicht versteht, was eine Aktie ist und wie sie funktioniert, wird auch keine Derivate kaufen.

MEI: Den letzten Punkt sehe ich nicht so, Christian-Hendrik. Die Leute kaufen, weil sie viel Geld machen wollen. Da ist die Funktionsweise von Aktien doch gar nicht mal so bedeutsam.

KNA: Das kann schon stimmen, aber das ist doch nicht der Ansatz von uns als Branche.

HÜP: Mein persönlicher Startschuss war eine Börsen AG in der Schule. In Österreich würde man dazu Freifach sagen.

GEI: Die großen Medien sehen ETFs als die größte Innovation der letzten 100 Jahre. Und solange Riesterrenten, Lebensversicherungen und Bausparverträge empfohlen werden, haben wir noch einen langen Weg vor uns. Dabei sind Zertifikate im Vergleich sehr flexible Finanzinstrumente.

KNA: Völlige Zustimmung. Nur weiß das halt nicht jeder. Leider.

MEI: Niemand in der Finanzbranche tut mehr für die Aufklärung der Kunden als wir. Unser Problem ist schlicht, dass es uns nur partiell und temporär gelungen ist, unser Thema zu emotionalisieren und damit auf die Straße zu bringen. Also Derivate als „sexy“ oder „cool“ zu präsentieren. Die Gründe, warum es schwierig werden wird, wurden bereits genannt. Und ja, wir drehen uns im Kreis.

HÜP: Wenn man deulich macht, wie groß der Unterschied ist, wenn Oma und Opa statt auf ein Sparbuch das Geld für die Enkel in einen DAX-Sparplan o.ä. gesteckt hätten, dann kriegt das Thema schnell Emotion.

PLO: Muss das theoretische Pensions- bzw. Rentenloch erst bei einer kritischen Masse von Menschen real werden, bevor hier ein großer Umdenkprozess stattfindet? In Deutschland stellt sich die Situation ja noch drastischer dar als in Österreich.

KNA: Ja, das denke ich. Erst wenn die Leute merken, dass es für sie persönlich finanziell eng wird, denken sie nach.

GEI: Wir (Anm. in Deutschland) sehen doch schon heute auf dem jährlichen Brief der Rentenversicherung, dass wir - wenn es dann soweit ist - mit leeren Taschen dastehen. Es ist klar wie Kloßbrühe, dass dieses Problem auf uns zu kommt.

HÜP: Dann ist es allerdings bereits zu spät. Einen Anlagehorizont von 30 Jahren kann  man sich mit 60 Jahren nicht mehr erlauben.

MEI: Man muss hier unterscheiden - und zwar zwischen lanfrstigem Aufbau von Vermögen und spekulativen Formen. Für ersteres braucht es theoretisch gar nicht so viel Finanz-Know-How. Und viele sind diesbezüglich auf die Immobilien-Seite gewechselt. Denn wo das Geld am Ende des Tages herkommt, ist egal. 

 

BSM-CHAT HOST MICHAEL J. PLOS

Seit mehr als zehn Jahren ist Michael J. Plos als Finanzjournalist tätig. Der Magazine-Redakteur ist Börsenbuchautor und heuer das achte Mal in der Jury für den Zertifikat Award Austria vertreten.  Als begeisterter Börsianer greift er zur Depotbeimischung auch gerne auf Zertifikate zurück und schätzt an diesen neben der Flexibilität vor allem die breite Auswahl an Basiswerten.

 

Aus dem "Börse Social Magazine #4" - 1 Jahr, 12 Augaben, 77 Euro. Ca. 100 Seiten im Monat, ca. 1200 Seiten Print A4


Seiten und Bilder aus dem Magazine (Navigieren mit Klick oder den Cursor-Tasten, Wischen am Smartphone)
Sechs Pistols of Structured Products - Börse Social Magazine #04

Sample page 1 for "Sechs Pistols of Structured Products - Börse Social Magazine #04"

Sechs Pistols of Structured Products - Börse Social Magazine #04

Sample page 2 for "Sechs Pistols of Structured Products - Börse Social Magazine #04"

Sechs Pistols of Structured Products - Börse Social Magazine #04

Sample page 3 for "Sechs Pistols of Structured Products - Börse Social Magazine #04"

Sechs Pistols of Structured Products - Börse Social Magazine #04

Sample page 4 for "Sechs Pistols of Structured Products - Börse Social Magazine #04"

Sechs Pistols of Structured Products - Börse Social Magazine #04

Sample page 5 for "Sechs Pistols of Structured Products - Börse Social Magazine #04"


Random Partner

Andritz
Andritz ist ein österreichischer Konzern für Maschinen- und Anlagenbau mit Hauptsitz in Graz. Benannt ist das Unternehmen nach dem Grazer Stadtbezirk Andritz. Das Unternehmen notiert an der Wiener Börse und unterhält weltweit mehr als 250 Produktionsstätten sowie Service- und Vertriebsgesellschaften.


>> Besuchen Sie 68 weitere Partner auf boerse-social.com/partner







Aus dem Börse Social Magazine #04
(April 2017)





Börse Social Magazine Abo

1 Jahr, 12 Augaben, 77 Euro.
Ca. 100 Seiten im Monat, ca. 1200 Seiten Print A4 gesamt. Das Abo endet nach Ablauf automatisch.
by the way: Die Heftrücken aneinandergereiht werden im Bücherregal den ATX TR-Chart ergeben, der rote Balken ist stets der Stand vom Monatsultimo.
>> Abo bestellen


Prime Content Magazine