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Inbox: Vola-Short klingt cool, ist aber gefährlich


14.06.2017

Zugemailt von / gefunden bei: Deutsche AM (BSN-Hinweis: Lauftext im Original des Aussenders, Titel (immer) und Bebilderung (oft) durch boerse-social.com aus dem Fotoarchiv von photaq.com)

 

"Dieses Jahr ist es besonders schwer, belastbare Prognosen zu formulieren, die Zukunft ist ungewisser denn je." Dies dürfte über viele Jahre einer der meistgehassten Sätze gewesen sein, den Kapitalmarktstrategen ihrem Publikum zugemutet haben. Seit einiger Zeit schickt sich jedoch eine neue Plattitüde an, für genervtes Augenrollen bei den Adressaten zu sorgen. Sie lautet: "Wir gehen von steigender Volatilität aus." Kaum ein professioneller Marktteilnehmer, der sich nicht schuldig gemacht hätte, sie mit warnendem Unterton in seine Kommentare eingeflochten zu haben. Die erste Aussage klingt zwar unverfänglicher, auch wenn sie letztlich die Unzulänglichkeiten der eigenen Prognosewerkzeuge oder die eigene Mutlosigkeit offenbart. Die zweite Aussage hingegen ist unmittelbar überprüfbar. Und sie war falsch. Von kleineren Eruptionen abgesehen, ist die Volatilität seit der Finanz- und Eurokrise tendenziell rückläufig. 

Volatilität auf historischen Tiefstständen 

Am 8. Mai dieses Jahres markierte der Vix ein langjähriges Tief bei 9,77. Seit Auflegung dieses Index 1992 wurde dieser Wert nur dreimal unterboten. Zwar weist der Vix, der die implizierte Volatilität von Kauf- und Verkaufsoptionen mit einer durchschnittlichen Restlaufzeit von einem Monat auf den S&P 500 Index misst, einige Besonderheiten auf, stellt aber keinen Einzelfall dar. Die Schwankungsbreite vieler Vermögensklassen ist zurückgegangen. Das erscheint zunächst überraschend, angesichts dieser politischen und wirtschaftlichen Gemengelage:

  • Die Auswirkungen sowohl der Finanz- als auch der Eurokrise begleiten uns weiterhin.

  • Produktivitätswachstum und Inflation bleiben mau.

  • Es gibt keinerlei Präzedenzfälle für die extrem lockere und unkonventionelle Geldpolitik der wichtigsten Zentralbanken; die Folgen einer Normalisierung sind völlig unklar. 

  • Ein Großteil der Nachfrage nach den wichtigsten Rohstoffen sowie Industriegütern stammt aus China, einem Land mit einer Reihe außergewöhnlicher Wirtschaftsdaten und -dynamiken.

  • Mit Brexit und Trump wird die westliche Allianz just dann geschwächt, als sich China und Russland anschicken, ihr außenpolitisches Gewicht zu stärken. 

  • Der Digitalisierung traut man zu, ganze Industrien umzukrempeln.

Die Liste ist beileibe nicht vollständig, doch deutet sie an, dass man sich über steigende Unsicherheit an den Börsen nicht zu wundern bräuchte. Es muss also Gründe für die Marktgelassenheit geben, die die oberen überkompensieren. In Frage kämen da unseres Erachtens unter anderem: 

  • Erneut die Zentralbanken. Über die vergangenen Jahre haben die Anleger gemerkt, dass die Zentralbanken stets parat standen, wenn es an den Märkten rappelte. Aufkommende Volatilität wurde so meist in wenigen Tagen durch zusätzliche Liquidität wieder im Keim erstickt. 

  • Brexit, Trump, Flüchtlingskrise oder auch Nordkoreas wachsende Aggression stellen zwar historische Brüche oder Eskalationen dar. Allerdings mit großteils (vor allem wirtschaftlich) erst mittelfristig erkennbaren Folgen, was für kurzfristige Volatilitätsschübe wenig taugt. Anders sah es 2008 und 2009 sowie 2011 zur Eurokrise aus. Da wusste man teils morgens nicht, welche Dramen und Ad-hoc-Rettungsaktionen der Tag noch bringen würde.

  • Die überaus regen Aktienrückkäufe der US-Unternehmen haben sich ebenfalls stützend auf die Kurse ausgewirkt. Allerdings gehen wir von rückläufigen Käufen dieses Jahr aus. Nach Angaben von Bloomberg Finance L.P. ist die Anzahl der angekündigten Aktienrückkaufprogramme im S&P 500 Index seit dem ersten Quartal 2015 rückläufig. 

  • Wer auf weiter niedrige Volatilität setzen will, tut dies, indem er Volatilitätskontrakte (leer-)verkauft, was deren Preis wiederum senkt. 

  • Doch der wichtigste Punkt dürfte wohl sein, dass trotz aller politischen und gesellschaftlichen Umbrüche der letzten Jahre die globale Wirtschaft stetig wächst. Nicht sehr dynamisch, mit Werten zwischen 3 und 3,5 Prozent seit sechs Jahren. Doch immerhin ist sie seit 2009 auch nicht mehr in die Rezession gerutscht. Und dieses Jahr rechnen wir sogar mit einer leichten Beschleunigung des weltweiten Wachstums. 

     

Volatilitätsindizes sind keine guten Frühindikatoren

Die Themen Rezession und Marktverwerfungen werden ohnehin häufig im Zusammenhang mit Volatilität genannt. Es ist beinahe paradox, aber viele Marktteilnehmer werden genau dann nervös, wenn der vermeintliche Nervositätsindikator, die Marktvolatilität, sich auf extrem niedrigem Niveau befindet, so wie jetzt. Zweierlei Begründungen werden dann herangeführt: 1. Die niedrige Volatilität signalisiert Gleichgültigkeit, oder ein übersteigertes Sicherheitsgefühl der Marktteilnehmer. Das sei gefährlich, denn dann reiche schon eine kleine Krise, um Panik und eine Neubewertung hervorzurufen. Die andere These lautet, dass Markteinbrüchen in der Vergangenheit regelmäßig niedrige Volatilitäten vorangingen. 

Wir sehen das allerdings anders. Unseres Erachtens sinkt die Volatilität (und steigen die Bewertungskennzahlen) von Aktien, je länger man sich von der letzten Rezession entfernt. Die Anleger werden in der Tat ein Stück weit träger, je länger ein Aufschwung dauert. Zudem möchte keiner etwas von der Rallye verpassen. Aber als Frühindikator taugt die Volatilität wenig, sie steigt erst an, wenn der Markt ohnehin schon fällt. Sie kann sich aber vorher unvorhersehbar lange auf niedrigem Niveau befinden. Natürlich steigt das Risiko einer Rezession mit der Dauer des Aufschwungs, aber für das Timing nutzen die Volatilitätsindikatoren wenig. 

Eine ebenfalls häufig formulierte These lautet, dass die Aussagekraft der gängigen Volatilitätsindizes Vix, VDax 1 oder VStoxx  2 aufgrund ihrer Konstruktion beschränkt sei. Gemessen würde ja lediglich die von Derivatehändlern angenommene Volatilität der nächsten Wochen. Doch ein Vergleich der implizierten mit der historischen, also der eingetretenen Volatilität, zeigt ähnliche Muster.

 

Ob implizit oder historisch – mit der Volatilität ging es zuletzt stark bergab

Ob implizit oder historisch – mit der Volatilität ging es zuletzt stark bergab

Quelle: Thomsons Reuters Datastream, Deutsche Asset Management Investment GmbH Berechnungen; Stand: 01.06.2017

 

Volatilitätsverkäufer hatten zuletzt mehr zu lachen

Egal, welche Theorien man für die lange anhaltende Niedrigvolatilitätsphase hat, in der Praxis stellt sich das Phänomen relativ einfach dar: Wer auf steigende Volatilität gesetzt hat, hat Geld verloren, und wer auf niedrige Volatilität gesetzt hat, der hat gewonnen. Und zwar so regelmäßig, und seit rund einem Jahr in einem solchen Maße, dass die Strategie immer mehr Nachahmer gefunden hat. Insbesondere mit einer Variante versuchen viele Anlegergruppen, in diesem Niedrigrenditeumfeld ihre Performance zu verbessern: Sie schreiben Kaufoptionen auf Volatilitätsindizes und streichen so die Prämie ein. Direkt kann man in die Volatilitätsindizes ohnehin nicht investieren, sondern nur über Derivate, die den Index mehr oder weniger gut und zeitnah abbilden. Hinzu kommt, dass die Emittenten von Volatilitätsinstrumenten auch einen strengen Blick auf die eigene Gewinnrechnung werfen. Die folgende Grafik veranschaulicht nicht nur, was man mit Volatilitätskontrakten gewinnen (durch verkaufen, also "short" gehen) oder verlieren (durch kaufen, also "long" gehen) konnte, sondern auch, dass dies für den Endanleger kein Nullsummenspiel war. Wer Volatilität (Vola) long war, verlor in sechs Jahren über 99 Prozent seines Einsatzes, während derjenige, der short war, seinen Einsatz in diesem Zeitraum "nur" verfünffachte. 

 

Das Leid der Vola-Käufer war größer als die Freude der Vola-Verkäufer

Das Leid der Vola-Käufer war größer als die Freude der Vola-Verkäufer

Quelle: Thomson Reuters Datastream; Stand: 01.06.2017

* VelocityShares Daily Inverse Vix Short-Term ETN

** Barclays Ipath S&P 500 Vix Term Future ETN

 

Der Andrang auf Niedrig-Volatilitätsstrategien birgt Risiken

Auch wenn man auf den Sommer-Cocktailpartys in London oder New York sicherlich eine bessere Figur macht, wenn man über seine Vola-Short-Strategien spricht, sehen wir die jüngste Entwicklung skeptisch und bleiben, so unmodisch das auch sein mag, weiter Käufer von Volatilität. Sorgen bereitet uns die Anzahl und Heterogenität der Vola-Verkäufer. Sollten die Märkte doch einmal für längere Zeit unter Druck geraten, und die Vola so schnell nicht von den Zentralbanken aufgefangen werden, dann dürfte es am "Ausgang" des Vola-Trades recht voll und eng werden. Es wird, ebenso wie auf dem Weg nach oben, auch nach unten sich selbst verstärkende Marktbewegungen geben: sinkende Aktienmärkte erhöhen die Vola, die Vola-Verkäufer müssen sich eindecken, was wiederum die Vola steigert, oder sie müssen als Gegenhandel die Aktienindizes verkaufen, was diese wiederum weiter sinken lassen würde. Da Korrekturen nach unten in aller Regel sehr viel schneller und heftiger vonstattengehen, als Marktbewegungen nach oben, dürfte die Anzahl der Panikverkäufe, oder Margin Calls, die Sache noch ungemütlicher machen. Die ganze Wucht der Chance-Risiko-Asymmetrie kommt dann zum Tragen: Als Schreiber von Kaufoptionen streicht man auch im besten Fall nur die Prämie ein, riskiert im schlechtesten Fall aber unlimitierte Verluste. In dem Falle stehen wir lieber auf der sicheren, also der Long-Seite, auch wenn man dafür zuletzt wenig einstreichen, aber Prämie zahlen musste. Wie es nun mal einer Versicherung entspricht, die einen vor größerem Schaden schützt. 

Wir bleiben auf der sicheren Seite und reduzieren die Volatilität unserer Portfolien

Unsere grundsätzliche Überzeugung, dass die Volatilität spätestens 2018 wieder steigen sollte, liegt weniger in wirtschaftlichen Daten, also einer Rezessionsgefahr, begründet, als in dem Ende der extrem lockeren Geldpolitik der großen Zentralbanken. Wir halten dabei an unserer Meinung fest, dass wir 2018 einem steigenden Zinsumfeld und weniger interventionistischen Zentralbanken gegenüberstehen werden. Das Ende des sogenannten Trump-Trades und die wieder etwas schwächer tendierenden Inflationszahlen lassen viele Marktteilnehmer derzeit zwar wieder an dieser These zweifeln. Doch wir glauben, dass der Druck auf die Zentralbanken zunehmen wird, ihr Engagement an den Kapitalmärkten wieder zu drosseln. 

Angesichts der Steilheit der Zeitwertkurve vor allem im unterjährigen Bereich legen wir überwiegend in Volatilitätskontrakte mit einer Restlaufzeit von rund zwei Jahren an. Dies soll stärkere Roll-down-Verluste  3vermeiden und damit die Volatilitätsstrategie kosteneffizienter gestalten. Außerdem bevorzugen wir Europa gegenüber den USA, unter anderem, da Europa traditionell der schwankungsanfälligere Markt ist.

Im Multi-Asset-Kontext stellen Volatilitätsstrategien eine wichtige Komponente dar, um das Risiko-Ertrags-Profil der Portfolios zu verbessern. Volatilität long zu sein glättet dabei das Risikoprofil, indem die Schwankungsbreite reduziert wird. Die Prämie ist es uns in diesem Falle wert.

Vola, Volatilität, Seile - http://www.shutterstock.com/de/pic-168388604/stock-photo-an-attractive-young-and-athletic-girl-using-training-ropes-in-a-gym.html (Bild: shutterstock.com)



Aktien auf dem Radar:Palfinger, Immofinanz, Kapsch TrafficCom, Flughafen Wien, EuroTeleSites AG, Addiko Bank, Rosgix, Telekom Austria, RBI, SBO, Uniqa, ams-Osram, Oberbank AG Stamm, Agrana, Amag, CA Immo, Erste Group, EVN, FACC, OMV, Österreichische Post, VIG, Wienerberger, Warimpex, Henkel, Apple, Amgen, Deutsche Post, Vonovia SE, Beiersdorf, Münchener Rück.

(BSN-Hinweis: Lauftext im Original des Aussenders, Titel (immer) und Bebilderung (oft) durch boerse-social.com aus dem Fotoarchiv von photaq.com)

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Die Mayr-Melnhof Gruppe ist Europas größter Karton- und Faltschachtelproduzent. Das Unternehmen konzentriert sich konsequent auf seine Kernkompetenz, die Produktion und Verarbeitung von Karton zu Verpackungen für Konsumgüter des täglichen Bedarfes. Damit wird ein langfristig attraktives und ausgewogenes Geschäft mit überschaubarer Zyklizität verfolgt.

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    "Dieses Jahr ist es besonders schwer, belastbare Prognosen zu formulieren, die Zukunft ist ungewisser denn je." Dies dürfte über viele Jahre einer der meistgehassten Sätze gewesen sein, den Kapitalmarktstrategen ihrem Publikum zugemutet haben. Seit einiger Zeit schickt sich jedoch eine neue Plattitüde an, für genervtes Augenrollen bei den Adressaten zu sorgen. Sie lautet: "Wir gehen von steigender Volatilität aus." Kaum ein professioneller Marktteilnehmer, der sich nicht schuldig gemacht hätte, sie mit warnendem Unterton in seine Kommentare eingeflochten zu haben. Die erste Aussage klingt zwar unverfänglicher, auch wenn sie letztlich die Unzulänglichkeiten der eigenen Prognosewerkzeuge oder die eigene Mutlosigkeit offenbart. Die zweite Aussage hingegen ist unmittelbar überprüfbar. Und sie war falsch. Von kleineren Eruptionen abgesehen, ist die Volatilität seit der Finanz- und Eurokrise tendenziell rückläufig. 

    Volatilität auf historischen Tiefstständen 

    Am 8. Mai dieses Jahres markierte der Vix ein langjähriges Tief bei 9,77. Seit Auflegung dieses Index 1992 wurde dieser Wert nur dreimal unterboten. Zwar weist der Vix, der die implizierte Volatilität von Kauf- und Verkaufsoptionen mit einer durchschnittlichen Restlaufzeit von einem Monat auf den S&P 500 Index misst, einige Besonderheiten auf, stellt aber keinen Einzelfall dar. Die Schwankungsbreite vieler Vermögensklassen ist zurückgegangen. Das erscheint zunächst überraschend, angesichts dieser politischen und wirtschaftlichen Gemengelage:

    • Die Auswirkungen sowohl der Finanz- als auch der Eurokrise begleiten uns weiterhin.

    • Produktivitätswachstum und Inflation bleiben mau.

    • Es gibt keinerlei Präzedenzfälle für die extrem lockere und unkonventionelle Geldpolitik der wichtigsten Zentralbanken; die Folgen einer Normalisierung sind völlig unklar. 

    • Ein Großteil der Nachfrage nach den wichtigsten Rohstoffen sowie Industriegütern stammt aus China, einem Land mit einer Reihe außergewöhnlicher Wirtschaftsdaten und -dynamiken.

    • Mit Brexit und Trump wird die westliche Allianz just dann geschwächt, als sich China und Russland anschicken, ihr außenpolitisches Gewicht zu stärken. 

    • Der Digitalisierung traut man zu, ganze Industrien umzukrempeln.

    Die Liste ist beileibe nicht vollständig, doch deutet sie an, dass man sich über steigende Unsicherheit an den Börsen nicht zu wundern bräuchte. Es muss also Gründe für die Marktgelassenheit geben, die die oberen überkompensieren. In Frage kämen da unseres Erachtens unter anderem: 

    • Erneut die Zentralbanken. Über die vergangenen Jahre haben die Anleger gemerkt, dass die Zentralbanken stets parat standen, wenn es an den Märkten rappelte. Aufkommende Volatilität wurde so meist in wenigen Tagen durch zusätzliche Liquidität wieder im Keim erstickt. 

    • Brexit, Trump, Flüchtlingskrise oder auch Nordkoreas wachsende Aggression stellen zwar historische Brüche oder Eskalationen dar. Allerdings mit großteils (vor allem wirtschaftlich) erst mittelfristig erkennbaren Folgen, was für kurzfristige Volatilitätsschübe wenig taugt. Anders sah es 2008 und 2009 sowie 2011 zur Eurokrise aus. Da wusste man teils morgens nicht, welche Dramen und Ad-hoc-Rettungsaktionen der Tag noch bringen würde.

    • Die überaus regen Aktienrückkäufe der US-Unternehmen haben sich ebenfalls stützend auf die Kurse ausgewirkt. Allerdings gehen wir von rückläufigen Käufen dieses Jahr aus. Nach Angaben von Bloomberg Finance L.P. ist die Anzahl der angekündigten Aktienrückkaufprogramme im S&P 500 Index seit dem ersten Quartal 2015 rückläufig. 

    • Wer auf weiter niedrige Volatilität setzen will, tut dies, indem er Volatilitätskontrakte (leer-)verkauft, was deren Preis wiederum senkt. 

    • Doch der wichtigste Punkt dürfte wohl sein, dass trotz aller politischen und gesellschaftlichen Umbrüche der letzten Jahre die globale Wirtschaft stetig wächst. Nicht sehr dynamisch, mit Werten zwischen 3 und 3,5 Prozent seit sechs Jahren. Doch immerhin ist sie seit 2009 auch nicht mehr in die Rezession gerutscht. Und dieses Jahr rechnen wir sogar mit einer leichten Beschleunigung des weltweiten Wachstums. 

       

    Volatilitätsindizes sind keine guten Frühindikatoren

    Die Themen Rezession und Marktverwerfungen werden ohnehin häufig im Zusammenhang mit Volatilität genannt. Es ist beinahe paradox, aber viele Marktteilnehmer werden genau dann nervös, wenn der vermeintliche Nervositätsindikator, die Marktvolatilität, sich auf extrem niedrigem Niveau befindet, so wie jetzt. Zweierlei Begründungen werden dann herangeführt: 1. Die niedrige Volatilität signalisiert Gleichgültigkeit, oder ein übersteigertes Sicherheitsgefühl der Marktteilnehmer. Das sei gefährlich, denn dann reiche schon eine kleine Krise, um Panik und eine Neubewertung hervorzurufen. Die andere These lautet, dass Markteinbrüchen in der Vergangenheit regelmäßig niedrige Volatilitäten vorangingen. 

    Wir sehen das allerdings anders. Unseres Erachtens sinkt die Volatilität (und steigen die Bewertungskennzahlen) von Aktien, je länger man sich von der letzten Rezession entfernt. Die Anleger werden in der Tat ein Stück weit träger, je länger ein Aufschwung dauert. Zudem möchte keiner etwas von der Rallye verpassen. Aber als Frühindikator taugt die Volatilität wenig, sie steigt erst an, wenn der Markt ohnehin schon fällt. Sie kann sich aber vorher unvorhersehbar lange auf niedrigem Niveau befinden. Natürlich steigt das Risiko einer Rezession mit der Dauer des Aufschwungs, aber für das Timing nutzen die Volatilitätsindikatoren wenig. 

    Eine ebenfalls häufig formulierte These lautet, dass die Aussagekraft der gängigen Volatilitätsindizes Vix, VDax 1 oder VStoxx  2 aufgrund ihrer Konstruktion beschränkt sei. Gemessen würde ja lediglich die von Derivatehändlern angenommene Volatilität der nächsten Wochen. Doch ein Vergleich der implizierten mit der historischen, also der eingetretenen Volatilität, zeigt ähnliche Muster.

     

    Ob implizit oder historisch – mit der Volatilität ging es zuletzt stark bergab

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    Quelle: Thomsons Reuters Datastream, Deutsche Asset Management Investment GmbH Berechnungen; Stand: 01.06.2017

     

    Volatilitätsverkäufer hatten zuletzt mehr zu lachen

    Egal, welche Theorien man für die lange anhaltende Niedrigvolatilitätsphase hat, in der Praxis stellt sich das Phänomen relativ einfach dar: Wer auf steigende Volatilität gesetzt hat, hat Geld verloren, und wer auf niedrige Volatilität gesetzt hat, der hat gewonnen. Und zwar so regelmäßig, und seit rund einem Jahr in einem solchen Maße, dass die Strategie immer mehr Nachahmer gefunden hat. Insbesondere mit einer Variante versuchen viele Anlegergruppen, in diesem Niedrigrenditeumfeld ihre Performance zu verbessern: Sie schreiben Kaufoptionen auf Volatilitätsindizes und streichen so die Prämie ein. Direkt kann man in die Volatilitätsindizes ohnehin nicht investieren, sondern nur über Derivate, die den Index mehr oder weniger gut und zeitnah abbilden. Hinzu kommt, dass die Emittenten von Volatilitätsinstrumenten auch einen strengen Blick auf die eigene Gewinnrechnung werfen. Die folgende Grafik veranschaulicht nicht nur, was man mit Volatilitätskontrakten gewinnen (durch verkaufen, also "short" gehen) oder verlieren (durch kaufen, also "long" gehen) konnte, sondern auch, dass dies für den Endanleger kein Nullsummenspiel war. Wer Volatilität (Vola) long war, verlor in sechs Jahren über 99 Prozent seines Einsatzes, während derjenige, der short war, seinen Einsatz in diesem Zeitraum "nur" verfünffachte. 

     

    Das Leid der Vola-Käufer war größer als die Freude der Vola-Verkäufer

    Das Leid der Vola-Käufer war größer als die Freude der Vola-Verkäufer

    Quelle: Thomson Reuters Datastream; Stand: 01.06.2017

    * VelocityShares Daily Inverse Vix Short-Term ETN

    ** Barclays Ipath S&P 500 Vix Term Future ETN

     

    Der Andrang auf Niedrig-Volatilitätsstrategien birgt Risiken

    Auch wenn man auf den Sommer-Cocktailpartys in London oder New York sicherlich eine bessere Figur macht, wenn man über seine Vola-Short-Strategien spricht, sehen wir die jüngste Entwicklung skeptisch und bleiben, so unmodisch das auch sein mag, weiter Käufer von Volatilität. Sorgen bereitet uns die Anzahl und Heterogenität der Vola-Verkäufer. Sollten die Märkte doch einmal für längere Zeit unter Druck geraten, und die Vola so schnell nicht von den Zentralbanken aufgefangen werden, dann dürfte es am "Ausgang" des Vola-Trades recht voll und eng werden. Es wird, ebenso wie auf dem Weg nach oben, auch nach unten sich selbst verstärkende Marktbewegungen geben: sinkende Aktienmärkte erhöhen die Vola, die Vola-Verkäufer müssen sich eindecken, was wiederum die Vola steigert, oder sie müssen als Gegenhandel die Aktienindizes verkaufen, was diese wiederum weiter sinken lassen würde. Da Korrekturen nach unten in aller Regel sehr viel schneller und heftiger vonstattengehen, als Marktbewegungen nach oben, dürfte die Anzahl der Panikverkäufe, oder Margin Calls, die Sache noch ungemütlicher machen. Die ganze Wucht der Chance-Risiko-Asymmetrie kommt dann zum Tragen: Als Schreiber von Kaufoptionen streicht man auch im besten Fall nur die Prämie ein, riskiert im schlechtesten Fall aber unlimitierte Verluste. In dem Falle stehen wir lieber auf der sicheren, also der Long-Seite, auch wenn man dafür zuletzt wenig einstreichen, aber Prämie zahlen musste. Wie es nun mal einer Versicherung entspricht, die einen vor größerem Schaden schützt. 

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    Unsere grundsätzliche Überzeugung, dass die Volatilität spätestens 2018 wieder steigen sollte, liegt weniger in wirtschaftlichen Daten, also einer Rezessionsgefahr, begründet, als in dem Ende der extrem lockeren Geldpolitik der großen Zentralbanken. Wir halten dabei an unserer Meinung fest, dass wir 2018 einem steigenden Zinsumfeld und weniger interventionistischen Zentralbanken gegenüberstehen werden. Das Ende des sogenannten Trump-Trades und die wieder etwas schwächer tendierenden Inflationszahlen lassen viele Marktteilnehmer derzeit zwar wieder an dieser These zweifeln. Doch wir glauben, dass der Druck auf die Zentralbanken zunehmen wird, ihr Engagement an den Kapitalmärkten wieder zu drosseln. 

    Angesichts der Steilheit der Zeitwertkurve vor allem im unterjährigen Bereich legen wir überwiegend in Volatilitätskontrakte mit einer Restlaufzeit von rund zwei Jahren an. Dies soll stärkere Roll-down-Verluste  3vermeiden und damit die Volatilitätsstrategie kosteneffizienter gestalten. Außerdem bevorzugen wir Europa gegenüber den USA, unter anderem, da Europa traditionell der schwankungsanfälligere Markt ist.

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