08.01.2018, 3785 Zeichen
Im Jahr 2017 überraschten die Konjunkturdaten, stützten die Zentralbanken die Märkte und es blieben größere geopolitische und „populistische“ Unfälle aus. Investoren standen der Aufwärtsbewegung an den Börsen mit Skepsis gegenüber. Das Resultat waren starke steigende Börsen bei geringer Volatilität. Der S&P 500 Index (WKN: A0AET0 / ISIN: US78378X1072) für amerikanische Standardaktien erlebte im Jahr 2017 keinen einzigen Monat mit Kursverlusten.
Nun bewegen wir uns in das neue Jahr mit der Aussicht auf eine bald aktive, deutliche Steuersenkung in den USA gepaart mit massiver Deregulierung und Kostenreduktion der US-Unternehmen und Verbraucher. Dies und die bereits starke Entwicklung der Aktien haben dazu geführt, dass die Skepsis der Investoren in den vergangenen Wochen stark zurückgegangen ist. Obendrein werden die Zentralbanken damit beginnen, dem Markt Liquidität zu entziehen. Die von Fed-Chefin Yellen als „mysteriös“ bezeichnete tiefe Inflation könnte im Jahresverlauf anziehen. Überhitzt die US-Wirtschaft wegen des Wachstumsschubs durch die Steuerreform, dürfte dies die amerikanische Zentralbank dazu zwingen, mehr als die drei bereits angekündigten Zinsanhebungen vorzunehmen.
Bemerkenswerterweise reagierten US-Renten bei den letzten beiden Zinsanhebungen der US-Notenbank kaum. Die Märkte scheinen den neuen Kurs der Zentralbanken zu akzeptieren und bereits eingepreist zu haben. Was sie nicht erwarten, sind vier oder mehr Zinsanhebungen der Fed und eine schnellere Drosselung der Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank, sollte es zu einer deutlich steigenden Inflation kommen. Das ist eines der größten Risiken für das Jahr 2018, da die Märkte auf dem aktuell hohen Bewertungsniveau, das mit den späten 1990er Jahren vergleichbar ist, auf genau das Umfeld angewiesen sind, in dem sie sich derzeit befinden.
Aus der Gemengelage zuversichtlicher Investoren und strafferer Geldpolitik lässt sich allerdings nicht zwangsläufig ein schlechtes Börsenjahr 2018 ableiten. Die Kurse können weiter steigen, vor allem auch deshalb, weil wir es mit einem globalen und nicht nur auf einzelne Regionen begrenzten Aufschwung zu tun haben, von dem die Unternehmen durch hohe Gewinnsteigerungen profitieren. Das erste Mal seit 2010 werden die Gewinne der Unternehmen im S&P 500 Index in diesem Jahr wieder im zweistelligen Bereich – das Marktforschungsinstitut FactSet schätzt 11,8 Prozent – wachsen. Alle elf Sektoren im Index sollen ihre Gewinne steigern können. Optimisten schätzen das Gewinnwachstum wegen der Steuerreform sogar auf über 20 Prozent. Daraus ließe sich dann ein Kursziel für den S&P 500 Index von 3.176 Punkten ableiten, noch einmal 16 Prozent über dem aktuellen Niveau. Für den Dow Jones (WKN: 969420 / ISIN: US2605661048) Potenzial bis auf 29.000 Punkte.
Hier wird also gerade etwas neu bewertet, von dem selbst die US-Notenbank im letzten Sitzungsprotokoll zugibt, es nicht richtig bewerten zu können: Die Auswirkungen der massiven Deregulierung und der Steuerreform der Regierung Trump. Wie jedes Jahr wird also auch dieses Börsenjahr ein spannendes.
Ein Beitrag von Jochen Stanzl
Er ist Chef-Marktanalyst bei CMC Markets, Frankfurt. Davor war Jochen Stanzl über 15 Jahre bei der BoerseGo AG als Finanzmarktanalyst tätig und hat unter anderem die Portale GodmodeTrader, Jandaya und die Investment- und Analyseplattform Guidants mit aufgebaut und als erfolgreiche Kanäle in der deutschen Trading-Community etabliert. Sein analytischer Fokus liegt auf der Kombination aus technischer und fundamentaler Analyse von Währungen, Rohstoffen, Anleihen und der weltweiten Aktienmärkte.
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die CASMOS Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.
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