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Finanzmarkt auf Sicht: Wenn Bullen albträumen...

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Mit bearishen Märkten, das möchte ich hier vorausschicken, konnte ich nie viel anfangen. Geld zu verdienen, wenn Aktien an Wert verlieren, schien mir immer ein wenig pervers. Also tat ich in den Krisenzeiten stets das, was Bullen in Krisenzeiten so tun: schlecht schlafen, granteln und warten, bis es wieder nach oben geht. 

Neulich hatte ich einen Albtraum, und zwar einen, den Bullen gar nicht mögen. Im April hatten die 10-jährigen US-Staatsanleihen die kritische 3-Prozent-Marke geknackt. Offenbar saß mir der Schrecken noch in den Gliedern und „inspirierte“ meinen Traum. Ich träumte von einer Zinserhöhung bei den Amis. An meinem Desk beobachtete ich die Märkte. Nichts Besonderes, dachte ich, das haben wir oft und oft erlebt. Die Aktienmärkte geraten unter Druck, in jene der Bonds kommt Geld rein, alles geht seinen Gang. Irgendwann dreht das Ding schon wieder.

Gedränge an der einzigen Tür. Weit gefehlt. In meinem Traum lief alles aus dem Ruder. Die Aktien brachen ein wie erwartet. Sie reagieren eben traditionell sensibel auf Zinsanstiege. Noch dazu, wenn der Anstieg eine heikle Widerstandslinie bricht. In meinem Traum ging das recht schnell. Nicht verwunderlich, in Zeiten von Programm-Trading und Trendfolgern haben Aktionäre keinen Spielraum für ein Zuwarten oder für eine Akklimatisierung. Da heißt es, raus aus dem Markt. Es gibt nur die eine Tür, und alle wollen durch, sofort und vor der „Konkurrenz“, wenn irgendwie möglich. Denn die letzten, die durch diese Tür marschieren, die sind schon einen Kopf kürzer. 

Die wirklich böse Überraschung in meinem Traum kam aber erst. Bei einem Blick auf die Anleihemärkte musste ich feststellen, dass der gewohnte Gang diesmal ausblieb. Für neu emittierte Bonds fanden sich keine Käufer. Jene Investoren, die schon seit Monaten den Crash fürchten (und herbeireden), wollten lieber im Cash bleiben und auf noch bessere Zinsen warten. Der Sekundärmarkt wiederum schlitterte in die klassische Krise. Die „alten“, vergleichsweise schlecht verzinsten Bonds verloren deutlich an Wert. Letztlich müssen ihre Kurse ja mit den besser verzinsten Neu-Emissionen vergleichbar bleiben. Zwar kriegt der Anleihe-Investor am Laufzeit­ende sein Kapital zu hundert zurück, immer mal vorausgesetzt, der Emittent ist gut dafür. Doch wer hält schon bis zum Ende? Und am Depotauszug will niemand dramatische Hits bei der Bewertung seiner Positionen sehen. Umso schlimmer trifft das die, die in der Belehnung sind, also beispielsweise über Hebel-Produkte investiert haben. 

Kein sicherer Hafen. In meinem Traum kam alles zusammen. Um die Wertpapiere, Aktien und Anleihen, einigermaßen halten zu können, mussten die Investoren andere Vermögenswerte abstoßen, weil ihre Margin nicht mehr ausreichte. Sorgenvoll und das Unheil ahnend, wandte ich meinen Blick auf den Goldmarkt. Der vermeintlich sichere Hafen war keiner mehr. Auch der Goldpreis fiel spürbar. Und wie dort oft beobachtet, wurden den kleinen Anlegern wieder einmal die Haare geschnitten.  

Was tun? Wo und wie veranlagen? Immobilien haben inzwischen absurde Preisniveaus erreicht. Investoren an dieser Front sind heute mit zwei Prozent Rendite hoch zufrieden. Ist nicht so lange her, da finanzierten Banken nichts, das nicht sechs Prozent abwarf. Im Cash bleiben ist auch nicht der Weisheit letzter Schluss. Die kurzfristigen Zinsen steigen ja vorerst mal nicht, man kann also direkt zusehen, wie das Geld inflationär weniger wird. Und noch eines kommt hinzu: Die gute Wirtschaftslage löste den Zinsanstieg und damit den Crash am Aktienmarkt aus. Soll man wirklich hoffen, dass die Volkswirtschaften schwächer wachsen?

Nun, ich bin weiß Gott kein großer Investor, nicht einmal ein mittlerer. Insofern hätte mich das Szenario nicht so arg erschrecken müssen. Aber Träume sind bekanntlich nicht leicht zu beeinflussen; schon gar nicht, wenn man bullish denkt. Und so wurde es eben ein schlimmer Albtraum. Es war doch ein Traum, passieren wird das ja nicht, oder? Ich muss mal die Märkte checken ... 

zum Autor

Gerald Dürrschmid war als Jurist jahrelang im Risikomanagement einer österreichischen Großbank tätig. Er ist heute selbständiger Unternehmensberater, außerdem gerichtlich beeideter Sachverständiger für Bank- und Börsenwesen.

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Aus dem Börse Social Magazine #16
(April 2018)





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