24.09.2020, 5363 Zeichen

Hedonistische Tretmühle (© Michael J. Plos)
Was gibt es Schöneres als die finanzielle Unabhängigkeit? Diese aus eigener Kraft zu erreichen, ist nicht gerade einfach. Möglich ist es aber allemal. Ein wichtiger Baustein dabei: die hedonistische Tretmühle zu überwinden.
Bevor wir uns ansehen, was genau die hedonistische Tretmühle überhaupt ist, sollten wir den Begriff in seine Einzelteile zerlegen. Nämlich einerseits Hedonistisch und andererseits Tretmühle.
Wer sich jetzt nicht durch Wikipedia klicken will, dem sei zu den beiden Begriffen folgendes gesagt. Unter Hedonismus versteht man alles, was mit Freude, Vergnügen, Lust und Genuss zu tun hat. Und bei einer Tretmühle handelt es sich einen Antrieb (für Mühlen), der auf Körperkraft (egal ob Mensch oder Tier) setzt.
Definition: Hedonistische Tretmühle
Natürlich hat Wikipedia auch die hedonistische Tretmühle im Angebot. Um es kurz zu machen: Es geht um Glücksforschung. Und darum, dass Menschen relativ schnell zu einem relativ stabilen Glücks-Level zurückkehren. Egal, ob sie nun ein stark positives oder stark negatives Lebensereignis zu verdauen haben.
In Sachen finanzielle Unabhängigkeit sind das gute Nachrichten. Aber nur wenn man sich im Klaren darüber ist, wie man der hedonistischen Tretemühle entkommt bzw. diese für sich nutzt.
Beispiel: Hedonistische Tretmühle
Als Paradebeispiel für die hedonistische Tretmühle gelten Gehälter. Diese steigen im Laufe einer beruflichen Karriere für gewöhnlich immer weiter an. Jede Gehaltserhöhung führt dabei zunächst zu einem Glücksgefühl beim Betroffenen. So weit, so gut. Doch leider ist dieser Effekt nicht von Dauer. Denn schon nach kurzer Zeit (ca. 3 Monate) hat man sich an das Mehr an Geld gewöhnt.
Tatsächlich ist es in der Regel so, dass man seinen eigenen Lebensstandard sehr schnell an das verfügbare Einkommen anpasst. Zum besseren Verständnis ist ein kleiner Selbsttest vielleicht ganz hilfreich:
Verdienst du heute mehr Geld als am Anfang deiner beruflichen Laufbahn? Falls ja. Konntest du seither deine Sparquote signifikant erhöhen? Vermutlich nicht.
Lösung: Hedonistische Tretmühle
Die Finanzliteratur ist voll von Konzepten, wie man die hedonistische Tretmühle überwinden kann. Die Vorgangsweise läuft dabei immer auf folgende fünf Schritte hinaus.
- Sparquote definieren
- Auf Gehaltserhöhungen warten
- Sparquote erhöhen
- Auf Gehaltserhöhung warten
- Sparquote erhöhen
Schauen wir uns die einzelnen Punkte im Detail an. Beginnen wir von vorne, als mit 1).
Die Sparquote ist schnell definiert. Wie viel nehme ich in einer bestimmten Periode (es bietet sich ein Monat an) ein? Wie viel gebe ich im Monat aus? Die Differenz, die hoffentlich positiv ist, ist der Sparbetrag. Setzt man diesen nun relativ zu den Einnahmen hat man die Sparquote. Ein Beispiel:
Summe Einnahmen: 2.000 Euro.
Summe Ausgabe: 1.800 Euro.
Sparbetrag: 200 Euro (2.000 Euro minus 1.800 Euro)
Sparquote: 10 Prozent (200 Euro / 2.000 Euro * 100 = 10 Prozent)
Zu Punkt 2 ist nicht viel sagen. Gehen wir einfach davon aus, dass man sich über eine schöne Gehaltserhöhung von 10 Prozent freuen darf.
Nunmehr steigen die Einnahmen auf 2.200 Euro. Hält man die Ausgaben auf demselben Niveau, kann sich der Sparbetrag auf 400 Euro verdoppeln (plus 100 Prozent). Die Sparquote steigt von 10 Prozent auf 18,18 Prozent (400 Euro / 2.200 Euro * 100 = 18.18 Prozent).
Auf die Punkte 4 und 5 gehe ich nicht weiter ein, da sie selbsterklärend sind.
Natürlich hat dieses Modell seine Schwächen. Die wichtigste: Schon alleine wegen der Inflation ist es nur schwer vorstellbar, dass man sein Leben langfristig mit gleich viel Geld bestreiten wird können. Entsprechend kommen gewisse Lebensumstände (Kinder!), die die eigene Finanzplanung ebenfalls über den Haufen werfen.
Dementsprechend wird in der Finanzliteratur oft empfohlen, dass man die Hälfte jeder Gehaltserhöhung dafür nutzen soll, seinen Lebensstandard zu erhöhen, während man die andere Hälfte dazu nutzt Sparbetrag und Sparquote zu erhöhen. Ich persönlich halte diesen Ansatz für sehr praxistauglich. Vor allem langfristig. Und darauf kommt es ja an.
Fazit: Hedonistische Tretmühle
Im Grunde hat man schon sehr viel gewonnen, wenn man sich bewusst macht, dass es die hedonistische Tretmühle überhaupt gibt. Dann versteht man auch, dass (vereinfacht gesagt) es ausschließlich darum geht, dass die Erhöhung des eigenen Lebensstandards niemals zu nachhaltig zu mehr Glück führt.
Streng genommen könnte man – rein aus der Glücksperspektive gesehen – also völlig darauf verzichten, seinen Lebensstandard zu erhöhen. Für jene von uns, die zu 100 Prozent als Homo oeconomicus zu bezeichnen sind, ist das sicher einfach umsetzbar.
Wer es deutlich praxistauglicher will: Einfach das Tempo reduzieren, mit dem man seinen Lebensstandard erhöht. Das beschleunigt nämlich gleichzeitig den Weg zur finanziellen Unabhängigkeit. Und das ist ja schließlich auch das Ziel. Und nicht das Verlassen der hedonistischen Tretmühle als reiner Selbstzweck.
Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Hedonistische_Tretm%C3%BChle
https://de.wikipedia.org/wiki/Homo_oeconomicus
https://de.wikipedia.org/wiki/Hedonismus
https://de.wikipedia.org/wiki/Tretmühle
Der Beitrag Die hedonistische Tretmühle überwinden erschien zuerst auf Michael Plos - Finanzbildung, Sparen und Investieren.
Im Original hier erschienen: Die hedonistische Tretmühle überwinden
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