10.11.2020, 3130 Zeichen
Corona stirbt zuletzt. Die Emotionen angespannt wie selten zuvor. Lock-downs, Präsidentenwahlen samt Rechtsstaat in Geiselhaft, Terror-Anschläge und ein Hard-Brexit als „Cherry on the Cake“, unser Nervenkostüm ist wahrlich durch ein Boot-Camp gegangen. Jetzt, nach den monatelangen Besorgnis-Eruptionen in TV und Medien kommt die Nachricht, dass Pfizer und BioNTech in einer Art globaler Zusammenarbeit, USA und Deutschland singend vereint, es geschafft haben einen Impfstoff herzustellen, der mehr als 50% der Patienten beschützt. Es sollen 90% aller Probanden und Probandinnen (auch wenn die Patientengruppe relativ klein war) geschützt worden sein. Eruptionen der Freude an den Börsen wie selten zuvor.
Nun, wer sagt, dass Börsianer (und natürlich auch -innen) so trockene Charaktere sind? Kann schon sein, aber in Wirklichkeit sind es eben auch nur Menschen. Und deren Einstellung ist auch sichtbar an den enorm stark steigenden Kursen nach obiger Meldung Montagmittags. Eines der seltenen Events wo Europa in seiner Zeitzone des Börsenhandels einen Vorteil gegenüber den US-Börsen hatte. Während in USA noch die Wecker zum Frühstück klingeln handeln wir bereits die Sensation. Naja, ob‘s wirklich eine bleibt steht noch aus, denn wie so oft werden die Details der Nachricht erst einzeln ausgewertet werden müssen. Zumeist ein Prozess des wachsenden Realitätsbewusstseins und der Erkenntnis, dass es wohl doch nicht so schnell geht, wie erhofft. Aber wenigstens ein Prozess der die Erwartung für 2021 festigen dürfte, dann eine Erholung von Gesundheit, Konjunktur und eben auch Emotionalität erfahren zu dürfen.
Dazwischen, und somit vor uns, liegt aber noch ein rauchendes Trümmerfeld mit etlichen Tretminen. Die Insolvenzwelle wird uns demnächst erreichen, das BIP ist bereits im Rückgang und die Investitionsneigung tritt noch immer auf der Stelle. Dazu kommt, dass die tiefen Hände ins Töpferl des Finanzministers wohl nicht mehr so rasch fündig werden, wenn es einen Schimmer am Horizont gibt. So schnell dürften dann die zugesagten Hilfsgelder doch nicht fließen. Man spart sich angesichts solcher Erwartungen die Förderungen sicher leichter als wenn der Hut brennt. Das Motto „wir schaffen das“ wird dadurch zur einseitigen Durchhalteparole, denn ob wir es wirklich schaffen, und wie Viele von uns Allen, das steht noch aus. Schon möglich, dass wir am Ende alle gesund, aber Etliche ohne Job da stehen. Aber eh egal, so lange die EZB darauf schaut, dass „man nix hat wenn man Nix braucht“ (und damit meine ich die Neg ativzinsen), wird die Finanzierung all dieser Ausgaben auch ohne den Input von Herrn und Frau Steuerzahler auskommen. Werden halt ein paar Milliarden mehr emittiert und schon läuft das Rad wieder rund.
Wir wissen, dass wir an den Effekten aus diesen COVID-19 Monaten noch lange herumdoktern müssen. Auch wenn es einen Impfstoff geben sollte, der dann in 2021 irgendwann die Welt langsam zu schützen beginnt, aber let’s face it, die wirtschaftlichen Narben aus diesen Tagen werden uns noch etliche Jahre begleiten.
(Der Input von Wolfgang Matejka für den http://www.boerse-social.com/gabb vom 10.11.)
Wiener Börse Party #642: ATX rauf, Beobachtungsliste-Blick, morgen Kinder-Roadshow AT&S in Wien, Weinen mit der Gen Z
1.
Wolfgang Matejka
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