22.04.2024,
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Wien (OTS) - Rana Plaza gilt als die schwerste Katastrophe in der
Geschichte der Bekleidungsindustrie: über 1.100 Menschen kamen beim
Einsturz der Fabrik am 24. April 2013 in Dhaka (Bangladesch) ums
Leben, über 2.000 Menschen wurden verletzt. Elf Jahre später könnten
die internationalen Bemühungen um rechtlich bindende Regeln einen
wichtigen Fortschritt erzielen: mit der kurz bevorstehenden
Abstimmung im Europäischen Parlament steht das EU-Lieferkettengesetz
vor seiner letzten Hürde.
“Die Rana Plaza-Katastrophe war vorhersehbar und vermeidbar. Die
Tragödie war nicht zuletzt ein Tiefpunkt der unternehmerischen
Verantwortung. Umso wichtiger ist jetzt, dass Regierung und EU
Unternehmen endlich zur Wahrung von Arbeits- und Menschenrechten
verpflichten”, sagt Gertrude Klaffenböck, Südwind-Expertin für faire
Lieferketten.
“Die EU-Abgeordneten stehen vor einer historischen Chance. Mit
ihrer Zustimmung zum EU-Lieferkettengesetz können sie einen wichtigen
Beitrag dazu leisten, damit Tragödien wie Rana Plaza der
Vergangenheit angehören. Gerade in Wahlkampfzeiten müssen Abgeordnete
zeigen, dass der Schutz der Menschenrechte nicht durch kurzsichtige
Partei-Interessen ausgebremst wird”, erklärt Bettina Rosenberger,
Koordinatorin der Kampagne “Menschenrechte brauchen Gesetze”.
Zuletzt blockierten unter anderem Wirtschaftsminister Kocher von
der ÖVP in Österreich und Finanzminister Lindner der FDP in
Deutschland das Ergebnis der demokratischen Trilog-Verhandlungen und
erzwangen so weitere Aufweichungen des Gesetzes. Rosenberger: “So
sehr die demokratiefeindliche Taktiererei und die dadurch
entstandenen Schlupflöcher auch schmerzen, mit dem
EU-Lieferkettengesetz würde dennoch ein wichtiges Fundament für
gerechte Arbeitsbedingungen in internationalen Lieferketten
geschaffen werden.”
"Zum ersten Mal wird der Rana-Plaza Gedenktag auch ein Tag der
Hoffnung sein. An dem Tag, an dem wir uns an die Opfer des Einsturzes
erinnern, stellt die Abstimmung im EU-Parlament einen bedeutenden
Meilenstein für Arbeiterinnen und Arbeiter weltweit und einen großen
Schritt für die Unternehmensverantwortung dar", so Rosenberger und
Klaffenböck. Nach der Abstimmung im Europäischen Parlament muss das
EU-Lieferkettengesetz nochmals vom Rat bestätigt werden. Danach hat
Österreich zwei Jahre Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht zu
implementieren.
Zwtl.: Rana Plaza: Ausbeutung als Katastrophenursache
Die Rana Plaza-Tragödie ging nicht allein auf das unsichere
Gebäude zurück: Viele Arbeiter:innen sahen sich aufgrund der extrem
niedrigen Löhne und dem fehlenden Rechtsschutz dazu gezwungen, trotz
Sicherheitsbedenken in die einsturzgefährdete Fabrik arbeiten zu
gehen. Einen Tag zuvor war das Gebäude evakuiert worden, da
gefährliche Risse in den Wänden bemerkt wurden. Während andere
Geschäfte in dem Gebäude geschlossen blieben, zwangen die
Textilfabrikbesitzer die Belegschaft unter Androhung von Lohnentzug
zurück an den Arbeitsplatz.
Trotz wichtiger Fortschritte in der Gebäudesicherheit bleibt das
Lohnniveau in Bangladeschs Textilfabriken bis heute skandalös
niedrig. Hinzu kommt das brutale Vorgehen gegen Gewerkschaften bei
Auseinandersetzungen zu Arbeitsbedingungen. Im Juni 2023 wurde der
Organisator der Bangladesh Garment and Industrial Workers Federation,
Shahidul Islam, nach Verhandlungen mit der Prince Jacquard
Sweater-Fabrik über Löhne totgeschlagen aufgefunden.
Im Herbst 2023 gingen Polizei, Armee und Spezialeinheiten
gewaltsam gegen protestierende Arbeiter:innen - aber auch gegen
nicht-protestierende Menschen - vor. Die Lohnkämpfe forderten vier
Todesopfer und viele weitere Verletzte. Anfang dieses Jahres wurden
zwei Organisatoren der Akota Garment Worker Federation nach Verlassen
einer Fabrik angegriffen und ins Krankenhaus eingeliefert.
Die nationale Lohnkommission von Bangladesch legte ihre endgültige
Empfehlung für den Mindestlohn von Textilarbeiter:innen auf 12.500
Taka fest. (etwa 106 Euro) pro Monat fest, dies entspricht etwa der
Hälfte dessen was Gewerkschaften als absolutes Minimum forderten und
nur etwa einem Viertel eines existenzsichernden Lohnes (Berechnung
Asia Floor Wage Association).
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