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Anlage- vs. Vermögenspyramide, Sparer vs. Wertpapierkäufer (Günter Luntsch)

Bild: © (www.shutterstock.com), Pyramide, Maya, Mexiko, Chichen Itza Pryamide, http://www.shutterstock.com/de/pic-101840014/stock-photo-c...

24.09.2018, 8965 Zeichen

Anlage- oder Vermögenspyramide. Ich wollte ein typisches Bild einer Anlage- oder Vermögenspyramide reinstellen, das gibt es aber nicht, denn schon nach kurzem Googeln erkennt man, dass darunter nicht alle das Gleiche verstehen. Der große Unterschied der Vermögens- zur Anlagepyramide ist wohl, dass bei der Vermögenspyramide die gesamte soziale Absicherung (Rentenanwartschaft, Berufsunfähigkeitsversicherung usw.) mit eingerechnet ist. In vielen Ländern gibt es die gar nicht, hier in Österreich dagegen ist das Nettopensionsvermögen des Durchschnittsverdieners laut einer Untersuchung des IHS deutlich größer als sein durchschnittliches Nettovermögen (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Verm%C3%B6gensverteilung_in_%C3%96sterreich). In Deutschland kommt man zu einem ähnlichen Schluss, man verweist "bezüglich der Aussagekraft der Einbeziehung dieser Anwartschaften jedoch auch darauf, dass die Ansprüche zum Alterssicherungsvermögen wesentlich fiktiven Charakter haben, da man sie im Gegensatz zum bereits bestehenden Vermögen nicht anlegen kann und sie von der Politik in der Höhe veränderbar sind." So ein fiktives Vermögen kann auch bei uns schnell weg sein, darum sehe ich es nicht als berechenbare Basis des Vermögens, ich will also nur von der sogenannten "Anlagepyramide" sprechen, ohne eben dieses Anwartschaftsvermögen. Diese Anlagepyramide sieht jeder anders, für manchen sind Immobilien oder Immobilienfonds ein Basisinvestment, bei anderen stehen sie an der Spitze, man investiert dort also nur, wenn man sonst schon alles hat. "Inländische Rentenwerte" werden regelmäßig als weit sicherer als Aktien gesehen, das sollte man dennoch mit Vorsicht betrachten, auch eine Wienwert AG konnte pleite gehen. Optionen und Futures gibts an der Spitze der Anlagepyramide, nun ja, ein "Muss" für die Pyramide ist sowas wohl nicht, das sollten die machen, die es können. Futures als Vermögen zu sehen, das fällt mir schwer, man kann sich damit auch ziemlich viel Risiko einkaufen, und zwar kann man hier nicht nur die 100% verlieren, die man als Margin hinterlegt hat (Erfahrungen meiner Freunde mit CFDs, das wurde heuer entschärft, angeblich kann man jetzt nur mehr die Margin verlieren, das müssen die Anbieter garantieren, ich hab das noch nicht probiert und enthalte mich deshalb diesbezüglich jeglicher Tipps), sondern auch noch einige weitere Ebenen der Anlagepyramide abtragen, wenn man Pech hat oder einiges falsch macht.

Hier können wir uns einigen: Einlagegesicherte Bankguthaben sind die Basis der Pyramide, und diese Basis sollte ausreichend breit und belastbar sein, als Absicherung für so viele Schadensfälle, die uns treffen können. Viele Menschen haben Probleme, eine kaputte Waschmaschine zu ersetzen, auch ein neues Auto schüttelt man oft nicht einfach so aus dem Ärmel, es gibt also genug Menschen in diesem Land, denen diese ausreichende Basis fehlt. Aber es sollte niemand glauben, mit 20.000 Euro auf der Bank sei er für alles gewappnet. Das ist er nicht. Wenn so hohe unvorhergesehene Schadensereignisse nicht vorstellbar sind, so macht sich dieser "kleine" Sparer doch zum Verlierer, wenn z.B. ein Nachbar günstig seine Wohnung verkauft, weil er dringend Geld braucht, und der kleine Sparer kriegt die 50.000-Euro-Wohnung nicht, weil er erst auf die Bank gehen muss, alle Unterlagen ausfüllen, Dokumente bringen, und dann zwei Monate warten, bis die Risikoabteilung entscheidet. Ein mir bekannter Fall, das tut mir heute noch weh, da gesehen und nicht gekauft: Wohnung um 50.000 Euro, die vier Jahre später um 210.000 Euro weiterverkauft wurde. Oder das Grundstück beim Heeresspital: 10 Euro wäre der m2 auf alle Fälle wert gewesen, aber während der kleine Sparer sein Sparschwein schlachtet und auf die Bank um den Rest betteln geht, schlägt ein anderer zu.

Wir Börsianer neigen dazu, nur das als richtig zu betrachten, was wir selbst machen. Fast jeder ist überzeugt davon, dass er eine gute Anlagestrategie hat. Wir schütteln den Kopf über Leute, die ihr schwerverdientes Geld mit beiden Händen festhalten. Die zu schwitzen beginnen, wenn sie sich vorstellen, 1% ihres hart erarbeiteten Notgroschens zu verlieren.Die das Geld lieber zu Zinsen nahe Null auf der Bank bunkern, statt dass sie damit profitable Wertpapiertrades machen. Und was machen wir? Weil wir überzeugt von Wertpapieren sind, sind wir zu vielleicht 70% in Aktien investiert, um nur ja keinen weiteren Anstieg zu versäumen, und 30% haben wir für alle Fälle auf Reserve, damit wir ordentlich abstauben können, wenn es doch mal wieder ordentlich runter geht. Viele werden sich hier wohl wiedererkennen: Ging es nach Lehman 30% runter, wurden 2/3 des Sicherheitspolsters in Aktien investiert, es könnte ja sein, dass es kein wirklicher Crash wird. Bei 40% sah alles so extrem billig aus, dass der Rest des Sicherheitspolsters auch rein musste, als "last bullet", ja, man war ja vorsichtig, hat nicht sein ganzes Pulver auf einmal verschossen. Als die Lieblingsaktien dann um 50% billiger waren, waren sie Schnäppchen, zum Glück ging das mit der Wertpapierbelehnung so leicht, und es ist ja nur ein kurzer Durchhänger, der läßt sich schön leveragen, nach dem Anstieg ist man dann umso reicher. Bei minus 60% kamen dann die Margin Calls, und man wurde billig rausgekickt. Bei minus 70%, also am absoluten Tiefpunkt, konnte man nicht nachlegen, weil man ja kein Geld mehr hatte, man hatte genug damit zu tun, gegen weitere Margin Calls anzukämpfen. Also schaun, ob man nicht irgendwo noch ein vergessenes Sparbuch hat, oder Oma, Opa, Tante, Onkel anbetteln, so verzweifelt kann man sein, wenn man zwar gute Aktien hat, aber das Timing schlecht war.

Und was haben die gemacht, die bei 1% Minus schon schwitzen, die ihr Geld verzweifelt festhalten? Die haben den Crash unbeschadet überlebt. Sie, die nicht fleißig und aktiv getradet haben wie wir, sie hatten die bessere Performance.

Aber einen "Fehler" (ich sehe es als Fehler, aber man weiss vorher ja nie, wie es ausgeht, viele Sparbuchsparer sind wohl froh, dass sie keine Aktien angegriffen haben, nicht mal am absoluten Tiefstpunkt) haben sie doch gemacht: Wie alles ganz unten war und den Börsianern mangels Finanzierungmöglichkeiten die Hände gebunden waren, da hätten sie wirklich ihre Schnäppchen machen können. Da hätten sie zugreifen und ein paar Jahre später um ein Vielfaches verkaufen können, und dann back to the roots, zurück zum verläßlichen Sparbuch, mit dem dreifachen Kapital freilich!

Was ich sagen will: Sie sind nicht dumm, die Sparbuchsparer, und niemand sollte sie zwingen oder drängen, in "höherwertige" Anlageformen zu switchen, so wie es das am 21.9.18 von mir erwähnte Kombisparen beabsichtigt, wie es aber auch in vielen Börseforen durchklingt, wo sich Aktienanleger und ähnliche den Fast-Null-Zins-Sparern überlegen sehen.

Christine Petzwinkler schrieb ebenfalls am 21.9.18 von 4,7% Aktionärsquote in Österreich. Sogar auf der Hellobank, wo man mutmaßen würde, dass dort vor allem Aktien auf den Depots liegen, liegen nur 43% der Anlagegelder in Aktien, dafür satte 33% in Investmentfonds und immerhin 17% in Spareinlagen.

Sparer sollen Sparer bleiben, das einlagengesicherte Sparen hat seine Berechtigung, wir sollten nicht Menschen ins Risiko drängen, die den täglichen Nervenkitzel nicht aushalten. Was aber sehr wohl sinnvoll und rentierlich für den Sparer sein kann: sich zu informieren, welche Aktien es gibt, was die Firmen produzieren, wie vertrauenswürdig die Organe sind, wie nachhaltig Gewinne und Dividenden sind. Er braucht die Aktien ja nicht zu aktuellen Kursen zu kaufen, wenn sie ihm zu teuer oder zu gefährlich sind. Er kann ruhig die Härte haben, zu warten, bis der Kurs seinen Vorstellungen entspricht. Wenn er eine gute Aktie ausgewählt hat, und wenn diese noch dazu günstig ist, wird er mit dieser Aktie wohl sehr viel Freude haben. Es wird wohl eine Aktie sein, die regelmäßig schöne Dividenden ausschüttet, was Kursschwankungen für ihn leichter erträglich macht. Aber wenn er sich für "unvorstellbar günstige Schnäppchen" (wer hätte sich vor Lehman vorstellen können, dass die Blue Chips so billig werden?) auf die Lauer legen will, dann sollte er sich vorbereiten: Zuerst die Aktie analysieren. Vielleicht die Hauptversammlung besuchen (ich nehme ihn/sie gerne mit). Ein Depot eröffnen (sofern er nicht schon eines für Anleihen hat), bei einem verlässlichen Broker zu möglichst günstigen Spesen. Aber er muss davon überzeugt sein, dass das gut für ihn ist, die Überlebensstrategie des Sparbuchsparens hat sich ja beim letzten Crash schon bezahlt gemacht, gute Tipps würden seine Angst vor Verlusten nur verstärken. Er soll wissen, was er tut. Er soll überzeut sein, dass das gut ist, was er tut. Und wenn er seine Aktie kennt und schätzt, wird er beim nächsten Lüfterl an der Börse nicht gleich in Panik verfallen und seinen Blue Chip zum Ausverkaufspreis auf den Markt schmeißen. Das wäre das Schlimmste: Wenn er mit Verlust so schnell wieder weg ist, und zwar für immer.


(24.09.2018)

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1. Pyramide, Maya, Mexiko, Chichen Itza Pryamide, http://www.shutterstock.com/de/pic-101840014/stock-photo-chichen-itza-mayan-pyramid.html , (© (www.shutterstock.com))   >> Öffnen auf photaq.com

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    Hier können wir uns einigen: Einlagegesicherte Bankguthaben sind die Basis der Pyramide, und diese Basis sollte ausreichend breit und belastbar sein, als Absicherung für so viele Schadensfälle, die uns treffen können. Viele Menschen haben Probleme, eine kaputte Waschmaschine zu ersetzen, auch ein neues Auto schüttelt man oft nicht einfach so aus dem Ärmel, es gibt also genug Menschen in diesem Land, denen diese ausreichende Basis fehlt. Aber es sollte niemand glauben, mit 20.000 Euro auf der Bank sei er für alles gewappnet. Das ist er nicht. Wenn so hohe unvorhergesehene Schadensereignisse nicht vorstellbar sind, so macht sich dieser "kleine" Sparer doch zum Verlierer, wenn z.B. ein Nachbar günstig seine Wohnung verkauft, weil er dringend Geld braucht, und der kleine Sparer kriegt die 50.000-Euro-Wohnung nicht, weil er erst auf die Bank gehen muss, alle Unterlagen ausfüllen, Dokumente bringen, und dann zwei Monate warten, bis die Risikoabteilung entscheidet. Ein mir bekannter Fall, das tut mir heute noch weh, da gesehen und nicht gekauft: Wohnung um 50.000 Euro, die vier Jahre später um 210.000 Euro weiterverkauft wurde. Oder das Grundstück beim Heeresspital: 10 Euro wäre der m2 auf alle Fälle wert gewesen, aber während der kleine Sparer sein Sparschwein schlachtet und auf die Bank um den Rest betteln geht, schlägt ein anderer zu.

    Wir Börsianer neigen dazu, nur das als richtig zu betrachten, was wir selbst machen. Fast jeder ist überzeugt davon, dass er eine gute Anlagestrategie hat. Wir schütteln den Kopf über Leute, die ihr schwerverdientes Geld mit beiden Händen festhalten. Die zu schwitzen beginnen, wenn sie sich vorstellen, 1% ihres hart erarbeiteten Notgroschens zu verlieren.Die das Geld lieber zu Zinsen nahe Null auf der Bank bunkern, statt dass sie damit profitable Wertpapiertrades machen. Und was machen wir? Weil wir überzeugt von Wertpapieren sind, sind wir zu vielleicht 70% in Aktien investiert, um nur ja keinen weiteren Anstieg zu versäumen, und 30% haben wir für alle Fälle auf Reserve, damit wir ordentlich abstauben können, wenn es doch mal wieder ordentlich runter geht. Viele werden sich hier wohl wiedererkennen: Ging es nach Lehman 30% runter, wurden 2/3 des Sicherheitspolsters in Aktien investiert, es könnte ja sein, dass es kein wirklicher Crash wird. Bei 40% sah alles so extrem billig aus, dass der Rest des Sicherheitspolsters auch rein musste, als "last bullet", ja, man war ja vorsichtig, hat nicht sein ganzes Pulver auf einmal verschossen. Als die Lieblingsaktien dann um 50% billiger waren, waren sie Schnäppchen, zum Glück ging das mit der Wertpapierbelehnung so leicht, und es ist ja nur ein kurzer Durchhänger, der läßt sich schön leveragen, nach dem Anstieg ist man dann umso reicher. Bei minus 60% kamen dann die Margin Calls, und man wurde billig rausgekickt. Bei minus 70%, also am absoluten Tiefpunkt, konnte man nicht nachlegen, weil man ja kein Geld mehr hatte, man hatte genug damit zu tun, gegen weitere Margin Calls anzukämpfen. Also schaun, ob man nicht irgendwo noch ein vergessenes Sparbuch hat, oder Oma, Opa, Tante, Onkel anbetteln, so verzweifelt kann man sein, wenn man zwar gute Aktien hat, aber das Timing schlecht war.

    Und was haben die gemacht, die bei 1% Minus schon schwitzen, die ihr Geld verzweifelt festhalten? Die haben den Crash unbeschadet überlebt. Sie, die nicht fleißig und aktiv getradet haben wie wir, sie hatten die bessere Performance.

    Aber einen "Fehler" (ich sehe es als Fehler, aber man weiss vorher ja nie, wie es ausgeht, viele Sparbuchsparer sind wohl froh, dass sie keine Aktien angegriffen haben, nicht mal am absoluten Tiefstpunkt) haben sie doch gemacht: Wie alles ganz unten war und den Börsianern mangels Finanzierungmöglichkeiten die Hände gebunden waren, da hätten sie wirklich ihre Schnäppchen machen können. Da hätten sie zugreifen und ein paar Jahre später um ein Vielfaches verkaufen können, und dann back to the roots, zurück zum verläßlichen Sparbuch, mit dem dreifachen Kapital freilich!

    Was ich sagen will: Sie sind nicht dumm, die Sparbuchsparer, und niemand sollte sie zwingen oder drängen, in "höherwertige" Anlageformen zu switchen, so wie es das am 21.9.18 von mir erwähnte Kombisparen beabsichtigt, wie es aber auch in vielen Börseforen durchklingt, wo sich Aktienanleger und ähnliche den Fast-Null-Zins-Sparern überlegen sehen.

    Christine Petzwinkler schrieb ebenfalls am 21.9.18 von 4,7% Aktionärsquote in Österreich. Sogar auf der Hellobank, wo man mutmaßen würde, dass dort vor allem Aktien auf den Depots liegen, liegen nur 43% der Anlagegelder in Aktien, dafür satte 33% in Investmentfonds und immerhin 17% in Spareinlagen.

    Sparer sollen Sparer bleiben, das einlagengesicherte Sparen hat seine Berechtigung, wir sollten nicht Menschen ins Risiko drängen, die den täglichen Nervenkitzel nicht aushalten. Was aber sehr wohl sinnvoll und rentierlich für den Sparer sein kann: sich zu informieren, welche Aktien es gibt, was die Firmen produzieren, wie vertrauenswürdig die Organe sind, wie nachhaltig Gewinne und Dividenden sind. Er braucht die Aktien ja nicht zu aktuellen Kursen zu kaufen, wenn sie ihm zu teuer oder zu gefährlich sind. Er kann ruhig die Härte haben, zu warten, bis der Kurs seinen Vorstellungen entspricht. Wenn er eine gute Aktie ausgewählt hat, und wenn diese noch dazu günstig ist, wird er mit dieser Aktie wohl sehr viel Freude haben. Es wird wohl eine Aktie sein, die regelmäßig schöne Dividenden ausschüttet, was Kursschwankungen für ihn leichter erträglich macht. Aber wenn er sich für "unvorstellbar günstige Schnäppchen" (wer hätte sich vor Lehman vorstellen können, dass die Blue Chips so billig werden?) auf die Lauer legen will, dann sollte er sich vorbereiten: Zuerst die Aktie analysieren. Vielleicht die Hauptversammlung besuchen (ich nehme ihn/sie gerne mit). Ein Depot eröffnen (sofern er nicht schon eines für Anleihen hat), bei einem verlässlichen Broker zu möglichst günstigen Spesen. Aber er muss davon überzeugt sein, dass das gut für ihn ist, die Überlebensstrategie des Sparbuchsparens hat sich ja beim letzten Crash schon bezahlt gemacht, gute Tipps würden seine Angst vor Verlusten nur verstärken. Er soll wissen, was er tut. Er soll überzeut sein, dass das gut ist, was er tut. Und wenn er seine Aktie kennt und schätzt, wird er beim nächsten Lüfterl an der Börse nicht gleich in Panik verfallen und seinen Blue Chip zum Ausverkaufspreis auf den Markt schmeißen. Das wäre das Schlimmste: Wenn er mit Verlust so schnell wieder weg ist, und zwar für immer.


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