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Zwischen Krieg und KI: Jubiläumsausgabe des Journalistenbarometers blickt in die Redaktionen

16.04.2024, 12879 Zeichen
Baden (OTS/Marketagent) - Zum bereits 20. Mal befragte das Marktforschungsinstitut Marketagent jüngst 358 Journalisten in Österreich, Deutschland und der Schweiz zu aktuellen Themen und fühlte den Redaktionen auf den Zahn, was sie im Superwahljahr bewegt – das zweite Mal in Folge in Zusammenarbeit mit der Kommunikationsagentur leisure communications. Zu den großen Themen der politisch brisanten Zeit zählen Fake News und Deep Fakes durch Künstliche Intelligenz. In den Redaktionen herrscht jedoch überschaubarer Wille, sich an entsprechenden Aus- und Fortbildungen zu beteiligen. Ebenso zeigt sich eine eher zurückhaltende Bereitschaft zur Investition in Faktenchecks und Kontrollmechanismen. Gleichzeitig herrscht Bewusstsein, dass ausländische Regierungen die bevorstehenden Wahlen auf EU- und Bundesebene beeinflussen werden. Politisch korrektes Framing in den Medien wird als problematischer Beitrag zur gesellschaftlichen Spaltung erkannt, dem man mit konstruktivem Journalismus begegnen möchte. In den bevorstehenden Wahlkämpfen werden soziale Medien, Fernsehen und Online-Portale journalistischer Herkunft die bestimmende Kraft sein, während selbst Medienmacher in den Abgesang auf Printmedien einstimmen.
„Die Zufriedenheit mit dem eigenen Job sinkt seit 20 Jahren und die Herausforderungen nehmen konsequent zu. Aktuellen Problemen ist sich der Journalismus bewusst, scheint ihnen aber wenig entgegenhalten zu können. Dem entspricht die Wahrnehmung des eigenen Images, die in den letzten Jahren signifikant gesunken ist. In der langjährigen Betrachtung zeigt sich zunehmende Unzufriedenheit. Sie hält Journalistinnen und Journalisten jedoch nicht davon ab, sich wieder für ihren Beruf zu entscheiden. Die Lage in den deutschsprachigen Redaktionen kann als durchaus ernst, aber bei weitem nicht hoffnungslos bezeichnet werden“, fasst Marketagent-Geschäftsführer Thomas Schwabl zusammen.
Zwtl.: Medien tragen demokratiepolitische Verantwortung
Im Superwahljahr 2024 erkennen mehr als neun von zehn befragten Journalisten eine Verantwortung der Medien zur Steigerung der politischen Partizipation, wobei der Wert in Österreich mit 94,8 Prozent die höchste Ausprägung erreicht. Journalistischen Medien wird eine hohe Kraft zugetraut, die Menschen für den Gang zur Wahlurne zu motivieren. Im deutschsprachigen Raum denken rund 85 Prozent der Medienschaffenden, dass sich ihre Arbeit positiv auf die Wahlbeteiligung auswirkt. Anders wird die Lage für die Vereinigten Staaten eingeschätzt. Nur knapp zwei Drittel der Journalisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz hegen die Hoffnung, dass etablierte Medienmarken einen Einfluss auf die Wahlbeteiligung im Match Biden gegen Trump haben.
Knapp die Hälfte der Journalisten denkt, dass der Einfluss und die Bedeutung parteieigener Medien in den nächsten zwei bis drei Jahren steigen werden, während etwa ein knappes Drittel von einem gleichbleibenden Stellenwert ausgeht. In Sachen personeller Ausstattung und finanzieller Ressourcen sind Publikationen politischer Parteien klassischen Medien, welche sich am freien Markt finanzieren müssen, häufig deutlich überlegen.
Zwtl.: Ausländischer Einfluss auf den Wahlverlauf
Journalisten sehen die EU-Wahl im Juni 2024 nicht als isoliertes Politereignis. Mehr als 85 Prozent gehen davon aus, dass ausländische Regierungen – beispielsweise die der Vereinigten Staaten oder Russland – Einfluss auf die Wahl nehmen werden. Aufgrund der geopolitischen Unsicherheiten meinen 97 Prozent der Medienmacher, dass die Angst vor einem Krieg großen oder sehr großen Einfluss auf die Entscheidung bei der EU-Wahl im Juni 2024 haben wird. Auch bei der Bundestagswahl in Deutschland im Herbst 2025 sowie der Nationalratswahl in Österreich im September 2024 wird die Furcht vor einem Krieg ein bestimmender Faktor sein. Nur etwa sechs von zehn Journalisten halten die Kriegsangst hingegen in den Vereinigten Staaten für ein relevantes Thema. Am meisten werten Medienschaffende aus der Schweiz die Angst vor einem Krieg für einen bestimmenden Faktor bei den bevorstehenden Wahlen.
Zwtl.: Soziale Medien sind die dominierende Kraft im Wahlkampf
Die Wahlkampf-Schlacht wird überwiegend in sozialen Medien ausgetragen werden. Darüber sind sich die Journalisten einig. 80 Prozent bewerten Social Media als dominierende Mediengattung in den Wahlkämpfen. Auf dem zweiten und dritten Platz landen Fernsehen und Nachrichtenportale sowie digitale Medienangebote journalistischer Herkunft, denen jeweils rund die Hälfte der Befragten eine entscheidende Rolle beimisst. Klassische Printmedien (zwölf Prozent), Radio und Podcasts (jeweils drei Prozent) werden im Wahlkampfgeschehen nicht ausschlaggebend sein und rangieren am unteren Ende der Bedeutungsskala.
„Globale Plattformen sind eine dominierende Gefahr, die mit ihren Algorithmen die Demokratie zersetzen. Ihr Geschäftsmodell basiert auf Polarisierung und Zuspitzung. Als Verbreitungskanal für Deep Fakes begünstigen sie Manipulation und Extremismus. Es zählt zu den elementaren Aufgaben etablierter Medien, über diese Gefahren aufzuklären und allen Meinungen sowie Weltanschauungen Raum zu bieten, um Menschen nicht in alternativen Faktenwelten zu verlieren“, meint Alexander S. Khaelss-Khaelssberg, Managing Partner bei leisure communications.
Zwtl.: Deep Fakes und Fake News werden zum Problem
95 Prozent der Journalisten sehen sich in Wahlkampfzeiten mit einer (stark) steigenden Anzahl an Fake News und Deep Fakes konfrontiert. Mehr als die Hälfte musste sich im beruflichen Kontext schon mit Deep Fakes auseinandersetzen. Bereits sieben Prozent sind in ihrem Arbeitsalltag häufig mit Deep Fakes konfrontiert.
Zwei Drittel der Medienschaffenden trauen sich jedoch zu, aufgrund ihrer technischen und inhaltlichen Qualifikation Fake News zu erkennen. Ein Drittel meint sogar, Deep Fakes zu entlarven. Die Wahrnehmung im kompetenten Umgang mit gezielten Falschmeldungen und technisch manipulierten Inhalten ist in Deutschland und Österreich etwas stärker ausgeprägt als in der Schweiz, wo man sich etwas selbstkritischer zeigt. 60 Prozent haben jedoch noch nie an einer Aus- oder Fortbildung zu Deep Fakes und Fake News teilgenommen. 22 Prozent haben immerhin eine fachspezifische Ausbildung absolviert. Nur acht Prozent bilden sich konsequent fort und können auf mehr als zwei Aus- oder Fortbildungen verweisen.
„Ohne entsprechende Aus- und Fortbildung läuft der Journalismus Gefahr, gegen die Wand zu fahren und erneut eine Entwicklung in der digitalen Transformation zu verpassen. Die Vermittlung von Medienkompetenz ist allerdings keine Frage, die sich auf Redaktionen beschränkt, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die keinen Aufschub duldet“, warnt Wolfgang Lamprecht, Partner bei leisure communications.
Zwtl.: Faktencheck wird stiefmütterlich behandelt
Das Problem ist jedenfalls in den Redaktionen angekommen. Neun von zehn Journalisten sehen einen steigenden Bedarf im Bereich Faktencheck in naher Zukunft von zwei bis drei Jahren. Die Faktencheck-Kontrollmechanismen im eigenen Medienunternehmen erachtet rund die Hälfte für gut und sehr gut. Unzufrieden mit den hausinternen Kontrollmechanismen sind knapp 20 Prozent, wobei der Wert in Deutschland die höchste Ausprägung erreicht.
Die Zufriedenheit mit den Kontrollmechanismen im Bereich Faktencheck ist im länderübergreifenden Vergleich zur Erhebung im Vorjahr marginal um 1,1 Prozentpunkte auf 49,2 Prozent gewachsen. 45 Prozent der befragten Journalisten geben an, dass in ihrem Medienunternehmen im letzten Jahr in den Aufbau von Faktencheck-Teams und Quellenanalysen investiert wurde. Dem stehen jedoch 43 Prozent gegenüber, die von ausbleibenden Investitionen berichten.
„Investitionen in den Faktencheck sind für die Vertrauenswürdigkeit der Medienmarke unerlässlich. Journalistische Qualität ist das einzige Unterscheidungsmerkmal zur digitalen Contentflut. Nur darin liegt das Monetarisierungspotenzial für etablierte Medien“, so Schwabl.
Zwtl.: Wachsende Bedeutung der Nachrichtenagenturen
Knapp die Hälfte der Befragten erwartet in naher Zukunft eine steigende Bedeutung von Nachrichtenagenturen aufgrund der Vielzahl und Unübersichtlichkeit der zur Verfügung stehenden Informationsquellen. Etwas mehr als ein Viertel sieht die Bedeutung von Associated Press, Agence France Presse, Austria Presse Agentur, Deutsche Presseagentur, Keystone SDA und Co. in nächster Zeit jedoch im Sinkflug.
Andere Medien haben einen wahrnehmbaren Einfluss auf die eigene Quellenauswahl. 15 Prozent stimmen dieser Aussage uneingeschränkt zu und über 70 räumen einen gewissen Einfluss ein. Nur 13 Prozent meinen, sich nicht von der Arbeit ihrer Kollegen in anderen Medienhäusern beeinflussen zu lassen.
Zwtl.: Spaltung der Gesellschaft
85 Prozent sind der Meinung, auch bei polarisierenden Themen wie etwa Klimawandel, Migration oder geopolitische Konflikte immer ausgewogen und neutral zu berichten. Am wenigsten ist man in Deutschland (82,5 Prozent) und am meisten in der Schweiz (93,3 Prozent) dieser Meinung. Nur rund 15 Prozent gestehen ein, nicht immer die nötige Distanz zu einem Thema zu wahren.
Gut zwei Drittel sind sich bewusst, dass politisch korrektes Framing die Gesellschaft spaltet. Aktuell zeigt sich das unter anderem an der inflationären Verwendung des Begriffs Aktivist, der Wokeness-Diskussion oder der Debatte über Genderschreibweisen beziehungsweise den aktuellen Verboten in Bayern oder dem österreichischen Bundeskanzleramt. Konstruktiven Journalismus erachten mehr als acht von zehn Befragten als Mittel, um der gesellschaftlichen Polarisierung entgegenzuwirken.
„Übertriebene Political Correctness entfernt die Medien von der gesellschaftlichen Realität. Der selbstauferlegte Erziehungsauftrag geht zulasten eigentlich demokratiepolitisch essenzieller Funktionen wie Einordnung, Erklärung und Kontextualisierung“, ist Khaelss-Khaelssberg überzeugt.
Zwtl.: Image der Journalisten im Sinkflug
Nur 15 Prozent glauben, dass Journalisten in der Öffentlichkeit ein gutes oder sehr gutes Image genießen. Zwei Drittel nehmen das Image des Journalisten als eher schlecht oder sehr schlecht war. Besonders selbstkritisch sind Schweizer Medienmacher, von denen 76 Prozent ihrem eigenen Berufsstand ein negatives Image attestieren. Wesentlich entspannter sieht man die Lage in Österreich, wo nur 58 Prozent dieser Aussage zustimmen.
Seit Beginn der Erhebung vor 20 Jahren verläuft die positive Selbstwahrnehmung des eigenen Jobs in Wellen. 2004 lag sie bei 31,6 Prozent und erreichte 2005 mit 37,1 Prozent ihren Höchstwert. Nach einem kurzen Einbruch im Jahr 2006 erholte sich die positive Selbsteinschätzung zwischen 2015 und 2019 wieder auf rund 30 Prozent. Seither ist sie im Sinkflug und erreicht 2024 einen Tiefstwert von 15,1 Prozent der Journalisten, die sich selbst ein eher oder sehr positives Image zuschreiben.
Zwtl.: Arbeitsbedingungen verschlechtern sich
Gaben 2004 nur zwei Drittel an, dass sich die Arbeitsbedingungen in jüngerer Vergangenheit leicht oder spürbar verschlechtert hätten, treffen 2024 bereits 85 Prozent der Befragten diese Aussage. Seit einem Jahrzehnt schon sprechen acht von zehn Journalisten von sich verschlechternden Arbeitsbedingungen. Auch mit der Bezahlung sind die Medienschaffenden wesentlich unzufriedener als vor 20 Jahren, als sich noch knapp mehr als die Hälfte mit dem eigenen Salär zufrieden zeigte. Heute sind es nur mehr 45 Prozent, wobei sich dieser Wert seit 2019 wieder leicht aufwärtsbewegt. Damals waren überhaupt nur mehr knapp 40 Prozent mit ihrem Lohnzettel zufrieden.
Trotz aller Herausforderungen, schlechtem Image und mangelnder Bezahlung würden sich etwa drei Viertel erneut für den Journalistenberuf entscheiden. In der Schweiz sind es sogar 84 Prozent, die wieder die gleiche Berufswahl treffen würden. Trotzdem zeigt auch hier der langfristige Trend mit leichten Wellenbewegungen abwärts. Über 87 Prozent wären 2004 noch gewillt gewesen, wieder den gleichen Beruf auszuüben. Innerhalb der letzten 20 Jahre ist dieser Wert um 9,1 Prozentpunkte auf 78,2 Prozent gesunken. Den Tiefststand erreichte er jedoch 2015 mit 69 Prozent.
„Der Journalistenberuf übt weiterhin eine Faszination aus. Der Rückblick auf die letzten zwei Dekaden ist ein Blick auf Höhen und Tiefen. Er zeugt aber auch von der festen Etablierung der Medienmarke in der Gesellschaft und der enormen Bedeutung des Journalismus“, sagt Schwabl.
Zwtl.: Die positiven Seiten
Der Beruf des Journalisten hat auch schöne Seiten. Acht von zehn Befragten zeigen sich mit der Art ihrer Tätigkeit zufrieden und mehr als drei Viertel schätzen das Arbeitsklima und die Kollegen. Positiv werden zudem die inhaltliche Vielfalt und das eigene Ressort (74 Prozent) sowie die Unabhängigkeit (67 Prozent) wahrgenommen. Selbst mit den Arbeitszeiten und dem Ausmaß der Tätigkeit können sich 62 Prozent respektive 57 Prozent gut arrangieren. Neben der Bezahlung macht auch das vorhandene Ausmaß an Zeit für Recherchetätigkeiten den Medienmachern zu schaffen, mit dem nur 37 Prozent zufrieden sind.

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