27.09.2015, 2866 Zeichen
Börsenstratege und boersianer.info-Chefredakteur Ulrich W. Hanke zum Abgas-Skandal bei VW, seinen Folgen und den Fakten, auf die es wirklich ankommt.
Der Abgas-Skandal bei Volkswagen ist ein Paradebeispiel für Börsianer. Ein Beispiel für die Gültigkeit der Börsenweisheit: „Greife nie in ein fallendes Messer.“ Kaum war der breiten Öffentlichkeit vergangene Woche von den manipulierten Abgaswerten bei Dieselfahrzeugen in den USA bekannt, sank der Kurs der VW-Aktie um 18,6 Prozent. Vom Freitagsschlusskurs am 18. September ging es bis zum Montagsschlusskurs vergangene Woche von 162,40 auf 132,20 Euro nach unten. In Sozialen Netzwerken wurden die Rufe immer lauter: „Ich steige jetzt bei VW ein!“ Wer dem folgte, der verlor weitere 19,8 Prozent auf 106,00 Euro. „Nun ist aber Schluss“, dachten sich viele und bekamen zunächst Recht. Die VW-Vorzugsaktie aus dem Dax klettere am Mittwoch auf 111,50 Euro und stand am Donnerstagabend sogar bei 112,15 Euro. Doch schon der Freitagskurs mit 107,30 Euro brachte erneut Ernüchterung. Ein Autoanalyst rief unterdessen als Kursziel sogar schon einmal 88,00 Euro aus. Mitte März hatte die VW-Aktie noch bei 255,20 Euro gestanden – seitdem ging es ohnehin nur bergab. Erst war China daran schuld, jetzt der Skandal.
Vergleichen Sie das Ganze am besten mit einem Auto-Crash. Stellen Sie sich vor, Sie könnten einen VW Touareg kaufen, der einen Unfall hatte. Sie sind aber weder gelernter Kfz-Mechaniker, noch bekommen Sie das Fahrzeug aus der Nähe oder gar von innen zu sehen. Wie teuer wird die Reparatur? Ist das Auto überhaupt zu reparieren oder vielleicht ein wirtschaftlicher Totalschaden? Welcher Preis ist gerechtfertigt? Wie sieht es mit dem Image aus, sprich: Würde Ihnen jemand das reparierte Unfallauto später noch abkaufen? Lauter Fragezeichen...
So ungewiss ist auch die Entwicklung beim Volkswagen-Konzern. Milliarden-Strafzahlung, Sammelklagen, Kosten für die Rückrufaktion, Imageschaden – das alles ist derzeit nicht abzuschätzen. Lassen Sie also lieber die Finger von der VW-Aktie! Die im Übrigen auch vor dem Skandal kein Dax-Titel war, den man unbedingt in seinem Depot haben musste. Welche weitreichenden Auswirkungen der VW-Abgas-Skandal haben kann, zeigt auch ein Blick auf die Rohstoffmärkte. Vergessen Sie die kurzweiligen Imageschäden für „Made in Germany“ oder die ohnehin kraftlose Klimapolitik, über die andere Medien ausführlich schreiben. Platin, in Dieselautos verbaut, sank deutlich im Preis, während Palladium deutlich teuer wurde – es wird für die Katalysatoren von Benzinern verwendet. VW – Das Dieselauto, dürfte erst einmal der Vergangenheit angehören. Lassen Sie also lieber das Land Niedersachsen VW-Aktionär sein, und widmen Sie sich doch anderen Aktien.
Ihr Ulrich W. Hanke, Chefredakteur boersianer.info http://www.boersianer.info
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