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Anleitung: Wie Kinder einen guten Marshmallow Test schaffen (Michael Plos)

21.10.2020, 10954 Zeichen

Gesundheit, Arbeit, das Leben selbst. Es gibt wohl keinen Elternteil, der sich in diesen Bereichen für seine Kinder nicht den größtmöglichen Erfolg wünscht. Der berühmtberüchtigte Marshmallow Test hat sich dabei als treffsicheres Prognose-Werkzeug etabliert. Schon im Alter von 4 bis 5 Jahren zeigt sich, wer es später einmal zu etwas bringen wird. Die gute Nachricht: Es entscheidet nicht zwingend das Schicksal.

Aber beginnen wir am besten ganz von vorne. In den 1960er Jahren hat Stanford-Professor Walter Mischel (der übrigens österreichischer Herkunft ist) damit begonnen eine Reihe wichtiger psychologischer Studien durchzuführen.

Im Zuge der Experimente haben Mischel und sein Team Hunderte von Kindern getestet. Die meisten von ihnen im Alter von 4 oder 5 Jahren. Die Ergebnisse gelten heute als bahnbrechend und gleichzeitig als DAS Vorhersage-Instrument, wenn es darum geht wie erfolgreich sich Kinder im weiteren Verlauf einmal gesundheitlich, arbeitstechnisch oder überhaupt im Leben schlagen werden.

Das Marshmallow Experiment

Schauen wir uns nun das berühmte Experiment genauer an: Jedes untersuchte Kind wurde dabei in einen eigenen Raum gebracht. Dort nahm das Kind auf einem Sessel platz. Vor diesem Sessel stand wiederum ein Tisch und darauf wurde ein Marshmallow platziert.

Nun wurde dem Kind ein Geschäft angeboten.

 

Wenn das Kind es schafft den Marshmallow nicht zu essen während er den Raum verlassen hatte, dann gäbe es zur Belohnung einen zweiten Marshmallow.

 

Der Forscher sagte dem Kind, dass er den Raum jetzt verlassen würde. Wenn das Kind es schafft den Marshmallow nicht zu essen während er den Raum verlassen hatte, dann gäbe es zur Belohnung einen zweiten Marshmallow. Entschied sich das Kind jedoch dafür den Marshmallow zu verputzen, bevor der Forscher zurückkam, gäbe es den zweiten Marshmallow nicht.

 

Die Wahl war einfach: Eine Süßigkeit jetzt oder zwei Süßigkeiten später.

 

Der Forscher verließ den Raum dann für 15 Minuten.

Interessante Bilder

Wie man sich vorstellen kann, lieferten die Videoaufnahmen der alleine im Zimmer wartenden Kinder unterhaltsame Bilder. Einige Kinder sprangen sofort auf und aßen den ersten Marshmallow sobald der Forscher das Zimmer verlassen hatte. 

Andere wackelten, hüpften und rutschten auf ihren Stühlen hin und her. Nur um einen Weg zu finden, sich möglichst lange zurückhalten zu können. Einige Minuten später gaben sie der Versuchung aber nach und aßen den Marshmallow.

 

Doch es gab auch Kinder, die es schafften die gesamte Zeit abzuwarten.

 

Die Studie – veröffentlicht im Jahr 1972 – erlangte schließlich als das Marshmallow Experiment Popularität. Diese verdankte das Experiment nicht etwa seinem außergewöhnlichen Namen. Vielmehr dauert es einige Jahre, bis der wirklich interessanten Teil der Geschichte ans Licht kam.

Die Macht der hinauszögerten Befriedigung

Als die Jahre ins Land zogen – und die einstigen Kinder erwachsen wurden – führten die Forscher Folgestudien durch. Dabei wurden die Fortschritte jedes einzelnen Kindes in unterschiedlichen Bereichen untersucht. Und die Ergebnisse waren überraschend.

Jene Kinder, die bereit waren ihre Befriedigung hinauszuzögern – also auf den zweiten Marshmallow gewartet hatten – erzielten bessere Werte bei SAT-Tests (US-amerikanische Eignungstests für Studienplatzbewerber), niedrigere Level von Substanzmissbrauch, eine geringer Wahrscheinlichkeit für Fettleibigkeit, besseren Umgang mit Stress, bessere soziale Fähigkeiten (wie von ihren Eltern berichtet) und generell bessere Ergebnisse in einer Reihe anderer Messgrößen auf. (Die Folgestudien findet man übrigens hier, hier und hier). 

 

Das Experiment hat gezeigt, dass der kritische Faktor für späteren Erfolg im Leben die Fähigkeit ist Befriedigung hinauszuzögern.

 

Die Forscher folgten jedem Kind für mehr als 40 Jahre und forschten immer wieder nach. Egal in welchem Bereich die Forscher auch maßen: Die Kinder, die auf den zweiten Marshmallow warteten waren überall erfolgreich. Um es anders auszudrücken: Das Experiment hat gezeigt, dass der kritische Faktor für späteren Erfolg im Leben die Fähigkeit ist Befriedigung hinauszuzögern.

Alltagserscheinungen

Hat man seinen Blick erst einmal für dieses Phänomen geschärft, fällt einem schnell auf, dass man es überall wahrnehmen kann.

  • Wer die Belohnung jetzt fernzusehen hinauszögert und stattdessen seine Hausaufgaben sofort erledigt, lernt mehr und bekommt bessere Noten.
  • Wer die Belohnung Süßigkeiten und Chips im Laden zu kaufen hinauszögert, wird gesünder essen, wenn er zu Hause ist.
  • Wer die Belohnung sein Workout kürzer zu gestalten hinauszögert und stattdessen ein paar Wiederholungen mehr macht, wird stärker sein.

 

Natürlich gibt es noch zahllose weitere Beispiele.

 

Erfolg kommt für gewöhnlich immer dann, wenn man sich für den schmerzhaften Weg der Disziplin und gegen die Einfachheit der Ablenkung entscheidet.

 

Das bringt uns jedoch zu einer interessanten Frage: Haben manche Kinder eine Veranlagung zu mehr Selbstkontrolle und sind deshalb von Geburt an auf Erfolg gepolt? Oder kann man lernen diese wichtige Eigenschaft zu entwickeln?

Kann man Erfolg lernen?

Um auf diese Frage eine Antwort zu finden, müssen wir ein wenig ausholen. Forscher der Universität Rochester beschlossen, das Marshmallow Experiment zu kopieren, allerdings mit einem wichtigen Twist (Link zur Studie).

Bevor den Kindern der Marshmallow angeboten wurde, wurden diese in zwei Gruppen geteilt.

 

Die erste Gruppe wurde mit eine Serie “unverlässlicher Erfahrungen” konfrontiert. Ein Bespiel: Die Forscher gaben den Kindern eine kleine Schachtel Buntstifte und versprachen dann eine größere Schachtel zu bringen. Sie taten das aber nie. 

Oder die Forscher gaben den Kindern einen kleinen Aufkleber und versprachen eine bessere Auswahl an Aufklebern zu bringen. Auch das taten sie nie.

 

Die andere Gruppe wiederum wurde mit sehr “verlässlichen Erfahrungen” konfrontiert. Ihnen wurden bessere Buntstifte versprochen, und diese bekamen sie auch. Ihnen wurden bessere Aufkleber angekündigt, und diese wurden ihnen auch gegeben.

 

Die Kinder aus der unverlässlichen Gruppe hatten keinen Grund, den Forschen zu glauben, dass diese wirklich einen zweiten Marshmallow bringen würden.

Ursache und Wirkung

Sie können sich wohl schon denken, welche Auswirkungen diese Herangehensweise auf den Marshmallow Test hatte. Die Kinder aus der unverlässlichen Gruppe hatten keinen Grund, den Forschen zu glauben, dass diese wirklich einen zweiten Marshmallow bringen würden. Aus diesem Grund warteten sie auch nicht sehr lange, bevor sie den ersten verspeisten.

Gleichzeitig wurden das Hirn von Kindern aus der zweiten Gruppe darauf trainiert, dass hinausgezögerte Befriedigung etwas Positives ist. Jedesmal wenn die Forscher ein Versprechen abgaben und dieses auch hielten, registrierte das Hirn der Kinder zwei Dinge: 1) Auf Belohnungen zu warten, lohnt sich und 2) ich habe Fähigkeit auf Dinge zu warten. Das Resultat: Die Kinder aus Gruppe zwei warteten im Durchschnitt vier mal (!) länger als die Kinder der ersten Gruppe.

Um es in andere Worte zu fassen:

 

Die Fähigkeit von Kindern Belohnungen hinauszuzögern, war keine angeborene Gabe. Vielmehr war sie das Resultat der Erfahrungen aus ihrem Umfeld. 

 

Tatsächlich machten sich Effekte aus dem Umfeld sofort bemerkbar. Nur ein paar Minuten verlässlicher oder unverlässlicher Erfahrungen waren genug, um das Verhalten der Kinder in die eine oder andere Richtung zu beeinflussen.

Was lässt sich daraus lernen?

Fest steht: Aus welchem Motiv auch immer – das Marshmallow Experiment ist extrem populär geworden. Eine schnelle Google-Suche belegt diese Tatsache: Fast jedes Medium hat diese Studie bereits zitiert. Dennoch sind die Studien nur ein sehr kleines Set an Daten, ein kleiner Einblick in die Geschichte von Erfolg. Menschliches Verhalten (und das Leben generell) ist deutlich komplexer als das. Also tun wir auch nicht so, also könnte ein einzige Entscheidung im Leben eines vierjährigen Kindes bestimmen, was im Rest des Lebens passiert.

Aber…

Die oben zitierten Studien zeigen ganz klar: Wenn man bei etwas erfolgreich sein will, dann kommt unweigerlich der Punkt, an dem man entweder die Fähigkeit aufbringen muss, diszipliniert zu sein und aktiv zu werden oder sich ablenken zu lassen und den einfachen Weg zu gehen. 

 

Erfolg in fast jedem Bereich verlangt einem ab, den einfachen Weg zu ignorieren (also die Belohnung aufzuschieben) und stattdessen den harten Pfad zu beschreiten.

 

Die allerwichtigste Erkenntnis ist jedoch folgende: Selbst wenn man den Eindruck hat, dass man jetzt gerade noch nicht gut dabei ist, Belohnungen aufzuschieben – man kann trainieren besser zu werden. Dazu braucht es nur ein paar kleine positive Anpassungen. Im Fall der Studie mit den Kindern bedeutete es, dass man ein verlässliches Umfeld schaffen muss, indem der Forscher hält was er verspricht.

Wir alle können dasselbe tun. Wir können unser Hirn darauf trainieren, Belohnungen aufzuschieben, genau wie wir unsere Muskeln im Fitness Studio trainieren können. Und man kann es genauso tun, wie die Kinder und der Forscher: Etwas Kleines versprechen, und es halten! Und zwar immer und immer wieder bis dein Hirn sagt 1) ja, es ist wert zu warten und 2) ja, ich habe die Fähigkeit das zu tun.

Fazit: Versprochen ist versprochen…

Dass man Versprechen – egal wie groß oder klein sie sind – unbedingt halten sollte, weiß jeder von uns. Wie wichtig sich das Ganze jedoch auf die langfristige Zukunft der eigenen Kinder auswirken kann, ist den meisten bisher wohl noch nicht bewusst gewesen.

Wenn man aus diesem Beitrag, den ich inhaltlich übrigens zu großen Teilen vom großartigen James Clear (Link zum Original) übernommen habe (hier der Link zu seinem genialen Buch), etwas mitnehmen sollte, dann dass der alte Spruch “Versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen” noch viel bedeutender ist, als man bisher angenommen hat. Einen Versuch ist es jedenfalls wert.

Denn am Ende gibt es nur Gewinner. Den eigenen Nachwuchs, dem man die Grundlage für ein erfolgreiches Leben schafft. Alle anderen im Umfeld, weil sie auf einen verlässlichen Menschen treffen. Und auf sich selbst, weil es auch für Selbstachtung und Selbstvertrauen (als verlässlicher Mensch kann man sich selbst vertrauen) gut ist. 

Eine klassische Win-Win-Win Situation

 

Quellen: 

https://jamesclear.com/delayed-gratification

https://michaelplos.com/gedanken/ohne-hokuspokus-wie-man-finanziell-alles-erreicht-mein-buch-des-jahres/

https://de.wikipedia.org/wiki/SAT_(Test)

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/2658056/

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/3367285/

https://www.researchgate.net/publication/232585605_Predicting_Adolescent_Cognitive_and_Self-Regulatory_Competencies_From_Preschool_Delay_of_Gratification_Identifying_Diagnostic_Conditions

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23063236/

Der Beitrag Anleitung: Wie Kinder einen guten Marshmallow Test schaffen erschien zuerst auf Michael Plos - Finanzbildung, Sparen und Investieren.

 

Im Original hier erschienen: Anleitung: Wie Kinder einen guten Marshmallow Test schaffen


(21.10.2020)

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    21.10.2020, 10954 Zeichen

    Gesundheit, Arbeit, das Leben selbst. Es gibt wohl keinen Elternteil, der sich in diesen Bereichen für seine Kinder nicht den größtmöglichen Erfolg wünscht. Der berühmtberüchtigte Marshmallow Test hat sich dabei als treffsicheres Prognose-Werkzeug etabliert. Schon im Alter von 4 bis 5 Jahren zeigt sich, wer es später einmal zu etwas bringen wird. Die gute Nachricht: Es entscheidet nicht zwingend das Schicksal.

    Aber beginnen wir am besten ganz von vorne. In den 1960er Jahren hat Stanford-Professor Walter Mischel (der übrigens österreichischer Herkunft ist) damit begonnen eine Reihe wichtiger psychologischer Studien durchzuführen.

    Im Zuge der Experimente haben Mischel und sein Team Hunderte von Kindern getestet. Die meisten von ihnen im Alter von 4 oder 5 Jahren. Die Ergebnisse gelten heute als bahnbrechend und gleichzeitig als DAS Vorhersage-Instrument, wenn es darum geht wie erfolgreich sich Kinder im weiteren Verlauf einmal gesundheitlich, arbeitstechnisch oder überhaupt im Leben schlagen werden.

    Das Marshmallow Experiment

    Schauen wir uns nun das berühmte Experiment genauer an: Jedes untersuchte Kind wurde dabei in einen eigenen Raum gebracht. Dort nahm das Kind auf einem Sessel platz. Vor diesem Sessel stand wiederum ein Tisch und darauf wurde ein Marshmallow platziert.

    Nun wurde dem Kind ein Geschäft angeboten.

     

    Wenn das Kind es schafft den Marshmallow nicht zu essen während er den Raum verlassen hatte, dann gäbe es zur Belohnung einen zweiten Marshmallow.

     

    Der Forscher sagte dem Kind, dass er den Raum jetzt verlassen würde. Wenn das Kind es schafft den Marshmallow nicht zu essen während er den Raum verlassen hatte, dann gäbe es zur Belohnung einen zweiten Marshmallow. Entschied sich das Kind jedoch dafür den Marshmallow zu verputzen, bevor der Forscher zurückkam, gäbe es den zweiten Marshmallow nicht.

     

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    Der Forscher verließ den Raum dann für 15 Minuten.

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    Wie man sich vorstellen kann, lieferten die Videoaufnahmen der alleine im Zimmer wartenden Kinder unterhaltsame Bilder. Einige Kinder sprangen sofort auf und aßen den ersten Marshmallow sobald der Forscher das Zimmer verlassen hatte. 

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    Doch es gab auch Kinder, die es schafften die gesamte Zeit abzuwarten.

     

    Die Studie – veröffentlicht im Jahr 1972 – erlangte schließlich als das Marshmallow Experiment Popularität. Diese verdankte das Experiment nicht etwa seinem außergewöhnlichen Namen. Vielmehr dauert es einige Jahre, bis der wirklich interessanten Teil der Geschichte ans Licht kam.

    Die Macht der hinauszögerten Befriedigung

    Als die Jahre ins Land zogen – und die einstigen Kinder erwachsen wurden – führten die Forscher Folgestudien durch. Dabei wurden die Fortschritte jedes einzelnen Kindes in unterschiedlichen Bereichen untersucht. Und die Ergebnisse waren überraschend.

    Jene Kinder, die bereit waren ihre Befriedigung hinauszuzögern – also auf den zweiten Marshmallow gewartet hatten – erzielten bessere Werte bei SAT-Tests (US-amerikanische Eignungstests für Studienplatzbewerber), niedrigere Level von Substanzmissbrauch, eine geringer Wahrscheinlichkeit für Fettleibigkeit, besseren Umgang mit Stress, bessere soziale Fähigkeiten (wie von ihren Eltern berichtet) und generell bessere Ergebnisse in einer Reihe anderer Messgrößen auf. (Die Folgestudien findet man übrigens hier, hier und hier). 

     

    Das Experiment hat gezeigt, dass der kritische Faktor für späteren Erfolg im Leben die Fähigkeit ist Befriedigung hinauszuzögern.

     

    Die Forscher folgten jedem Kind für mehr als 40 Jahre und forschten immer wieder nach. Egal in welchem Bereich die Forscher auch maßen: Die Kinder, die auf den zweiten Marshmallow warteten waren überall erfolgreich. Um es anders auszudrücken: Das Experiment hat gezeigt, dass der kritische Faktor für späteren Erfolg im Leben die Fähigkeit ist Befriedigung hinauszuzögern.

    Alltagserscheinungen

    Hat man seinen Blick erst einmal für dieses Phänomen geschärft, fällt einem schnell auf, dass man es überall wahrnehmen kann.

    • Wer die Belohnung jetzt fernzusehen hinauszögert und stattdessen seine Hausaufgaben sofort erledigt, lernt mehr und bekommt bessere Noten.
    • Wer die Belohnung Süßigkeiten und Chips im Laden zu kaufen hinauszögert, wird gesünder essen, wenn er zu Hause ist.
    • Wer die Belohnung sein Workout kürzer zu gestalten hinauszögert und stattdessen ein paar Wiederholungen mehr macht, wird stärker sein.

     

    Natürlich gibt es noch zahllose weitere Beispiele.

     

    Erfolg kommt für gewöhnlich immer dann, wenn man sich für den schmerzhaften Weg der Disziplin und gegen die Einfachheit der Ablenkung entscheidet.

     

    Das bringt uns jedoch zu einer interessanten Frage: Haben manche Kinder eine Veranlagung zu mehr Selbstkontrolle und sind deshalb von Geburt an auf Erfolg gepolt? Oder kann man lernen diese wichtige Eigenschaft zu entwickeln?

    Kann man Erfolg lernen?

    Um auf diese Frage eine Antwort zu finden, müssen wir ein wenig ausholen. Forscher der Universität Rochester beschlossen, das Marshmallow Experiment zu kopieren, allerdings mit einem wichtigen Twist (Link zur Studie).

    Bevor den Kindern der Marshmallow angeboten wurde, wurden diese in zwei Gruppen geteilt.

     

    Die erste Gruppe wurde mit eine Serie “unverlässlicher Erfahrungen” konfrontiert. Ein Bespiel: Die Forscher gaben den Kindern eine kleine Schachtel Buntstifte und versprachen dann eine größere Schachtel zu bringen. Sie taten das aber nie. 

    Oder die Forscher gaben den Kindern einen kleinen Aufkleber und versprachen eine bessere Auswahl an Aufklebern zu bringen. Auch das taten sie nie.

     

    Die andere Gruppe wiederum wurde mit sehr “verlässlichen Erfahrungen” konfrontiert. Ihnen wurden bessere Buntstifte versprochen, und diese bekamen sie auch. Ihnen wurden bessere Aufkleber angekündigt, und diese wurden ihnen auch gegeben.

     

    Die Kinder aus der unverlässlichen Gruppe hatten keinen Grund, den Forschen zu glauben, dass diese wirklich einen zweiten Marshmallow bringen würden.

    Ursache und Wirkung

    Sie können sich wohl schon denken, welche Auswirkungen diese Herangehensweise auf den Marshmallow Test hatte. Die Kinder aus der unverlässlichen Gruppe hatten keinen Grund, den Forschen zu glauben, dass diese wirklich einen zweiten Marshmallow bringen würden. Aus diesem Grund warteten sie auch nicht sehr lange, bevor sie den ersten verspeisten.

    Gleichzeitig wurden das Hirn von Kindern aus der zweiten Gruppe darauf trainiert, dass hinausgezögerte Befriedigung etwas Positives ist. Jedesmal wenn die Forscher ein Versprechen abgaben und dieses auch hielten, registrierte das Hirn der Kinder zwei Dinge: 1) Auf Belohnungen zu warten, lohnt sich und 2) ich habe Fähigkeit auf Dinge zu warten. Das Resultat: Die Kinder aus Gruppe zwei warteten im Durchschnitt vier mal (!) länger als die Kinder der ersten Gruppe.

    Um es in andere Worte zu fassen:

     

    Die Fähigkeit von Kindern Belohnungen hinauszuzögern, war keine angeborene Gabe. Vielmehr war sie das Resultat der Erfahrungen aus ihrem Umfeld. 

     

    Tatsächlich machten sich Effekte aus dem Umfeld sofort bemerkbar. Nur ein paar Minuten verlässlicher oder unverlässlicher Erfahrungen waren genug, um das Verhalten der Kinder in die eine oder andere Richtung zu beeinflussen.

    Was lässt sich daraus lernen?

    Fest steht: Aus welchem Motiv auch immer – das Marshmallow Experiment ist extrem populär geworden. Eine schnelle Google-Suche belegt diese Tatsache: Fast jedes Medium hat diese Studie bereits zitiert. Dennoch sind die Studien nur ein sehr kleines Set an Daten, ein kleiner Einblick in die Geschichte von Erfolg. Menschliches Verhalten (und das Leben generell) ist deutlich komplexer als das. Also tun wir auch nicht so, also könnte ein einzige Entscheidung im Leben eines vierjährigen Kindes bestimmen, was im Rest des Lebens passiert.

    Aber…

    Die oben zitierten Studien zeigen ganz klar: Wenn man bei etwas erfolgreich sein will, dann kommt unweigerlich der Punkt, an dem man entweder die Fähigkeit aufbringen muss, diszipliniert zu sein und aktiv zu werden oder sich ablenken zu lassen und den einfachen Weg zu gehen. 

     

    Erfolg in fast jedem Bereich verlangt einem ab, den einfachen Weg zu ignorieren (also die Belohnung aufzuschieben) und stattdessen den harten Pfad zu beschreiten.

     

    Die allerwichtigste Erkenntnis ist jedoch folgende: Selbst wenn man den Eindruck hat, dass man jetzt gerade noch nicht gut dabei ist, Belohnungen aufzuschieben – man kann trainieren besser zu werden. Dazu braucht es nur ein paar kleine positive Anpassungen. Im Fall der Studie mit den Kindern bedeutete es, dass man ein verlässliches Umfeld schaffen muss, indem der Forscher hält was er verspricht.

    Wir alle können dasselbe tun. Wir können unser Hirn darauf trainieren, Belohnungen aufzuschieben, genau wie wir unsere Muskeln im Fitness Studio trainieren können. Und man kann es genauso tun, wie die Kinder und der Forscher: Etwas Kleines versprechen, und es halten! Und zwar immer und immer wieder bis dein Hirn sagt 1) ja, es ist wert zu warten und 2) ja, ich habe die Fähigkeit das zu tun.

    Fazit: Versprochen ist versprochen…

    Dass man Versprechen – egal wie groß oder klein sie sind – unbedingt halten sollte, weiß jeder von uns. Wie wichtig sich das Ganze jedoch auf die langfristige Zukunft der eigenen Kinder auswirken kann, ist den meisten bisher wohl noch nicht bewusst gewesen.

    Wenn man aus diesem Beitrag, den ich inhaltlich übrigens zu großen Teilen vom großartigen James Clear (Link zum Original) übernommen habe (hier der Link zu seinem genialen Buch), etwas mitnehmen sollte, dann dass der alte Spruch “Versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen” noch viel bedeutender ist, als man bisher angenommen hat. Einen Versuch ist es jedenfalls wert.

    Denn am Ende gibt es nur Gewinner. Den eigenen Nachwuchs, dem man die Grundlage für ein erfolgreiches Leben schafft. Alle anderen im Umfeld, weil sie auf einen verlässlichen Menschen treffen. Und auf sich selbst, weil es auch für Selbstachtung und Selbstvertrauen (als verlässlicher Mensch kann man sich selbst vertrauen) gut ist. 

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    Quellen: 

    https://jamesclear.com/delayed-gratification

    https://michaelplos.com/gedanken/ohne-hokuspokus-wie-man-finanziell-alles-erreicht-mein-buch-des-jahres/

    https://de.wikipedia.org/wiki/SAT_(Test)

    https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/2658056/

    https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/3367285/

    https://www.researchgate.net/publication/232585605_Predicting_Adolescent_Cognitive_and_Self-Regulatory_Competencies_From_Preschool_Delay_of_Gratification_Identifying_Diagnostic_Conditions

    https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23063236/

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