13.04.2022, 4043 Zeichen
Inflations-Jonglieren. Am Fondskongress letzte Woche ging es erstmals seit Langem wieder „analog“ zur Sache. Alle möglichen Investment-Themen wurden behandelt, aktuelle oder solche, die noch vor Wochen vorbereitet waren. Der Bogen spannte sich daher vom Ukraine-Effekt bis hin zu ESG oder Klimaschutz. Im Hintergrund brodelte aber definitiv ein Hauptthema, und das war Inflation.
Wie wird man die los, wie kann man mit ihr umgehen, sind die Instrumente, die die Notenbanken aus ihren Köchern ziehen überhaupt geeignet, und wie weit würden die Währungshüter gehen, selbst auf die Gefahr hin, mit stumpfen Waffen zu kämpfen?
Die Antwort gibt uns aktuell der Rentenmarkt. Die 10-jährigen Renditen sind so rasch wie seit 20 Jahren nicht mehr gestiegen. In USA hat man mit 2,80% schon fast das Niveau von 2018 erreicht, in Euroland ist man mit +0,84% bereits darüber. Hintergrund dieser Entwicklung sind natürlich die Notenbanken, die auf die aktuell enorm gestiegenen Inflationszahlen zwar in unterschiedlichem Ausmaß aber doch mit Zinserhöhungen argumentieren. Die FED ist hier bereits ziemlich vorausgelaufen, die im Markt errechnete Zinswahrscheinlichkeit für Dezember 2022 liegt bereits bei 2,45% (aktuell liegt die Fed Fund Rate bei 0,25%), die EZB macht noch auf „negativ“ - hier liegt der Einlagenzins bei -0,5%, während die Erwartungen für das Jahresende bereits mit 0,10% ins positive Terrain gewachsen sind.
Die Frage nach dem Zinsausblick ist insofern spannend, wenn nicht gruselig, weil die Zinsen mit der aktuellen Inflation ziemlich wenig anfangen können. In Europa fliegt die Inflation, weil die Energiepreise und jene für Rohstoffe explodiert sind. Und dies geschah nicht wegen überbordender Konjunktur, sondern aus politischen und pandemischen Gründen. Dem Gaspreis ist der Zins ziemlich egal. In den USA ähnlich, aber doch nicht so krass, einfach weil die schiere Größe des Landes die Eigenversorgung effizienter gestaltet und externe politische Preisfaktoren dadurch weniger Chance haben. Im Effekt driften daher gerade beide Zinslandschaften zwischen USA und EU ziemlich auseinander. Die Frage, wie sich die Wirtschaft damit auseinandersetzen wird, folgt auf dem Fuß. Während in USA bereits negative Wirtschaftseffekte aus der Inflationsbekämpfung via Zins-Schwert befürchtet werden, sieht es in Europa mit dem Krieg in der Ukraine nach wie vor nach einer nur durch Konsumänderungen zu bekämpfenden Inflation aus. Das bedingt wiederum aber Konsumverzicht auf Rohstoffe, die uns helfen das Leben zu erleichtern und auch die Wirtschaft in Gang halten, wobei die Ersatzinvestitionen wieder einen inflatorischen Effekt, eben an anderer Stelle, erzeugen. Der Konflikt wird dabei immer tiefer, welches Bein soll man sich nun abschneiden? Oder lassen wir die Inflation jetzt einfach mal beiseite und kümmern uns um die Grundversorgung, egal was es kostet?
An den Kapitalmärkten findet man die pauschale Antwort auf diese Fragen derzeit ebenso wenig. Man tastet sich mehr und mehr voran. In Zeiten wo die Notenbanken selbst kaum Guidance liefern ein schwieriger Prozess. Zuletzt hat die EZB verkündet, ein Programm erstellt zu haben, um die Gefahr einer durch höhere Zinsen überschuldeten EU, welche Länder damit gemeint wären sind wir ja bereits gewohnt, vermeiden zu wollen bzw. zu können. Nachtigall ick hör dir trapsen, die Eurobonds und Schuldenübernahme klopfen da an die Türe. Ob das mit dem Souveränitätsverständnis einiger südlicher Staaten reibungslos vonstattengehen kann, wage ich da zu bezweifeln.
Das was sich in diesen Tagen und Wochen aber zeigt, ist dass unsere Freundin T.I.N.A. uns noch länger erhalten bleiben wird. Aktien sind aufgrund der vielen unterschiedlichen Typologien von Sektoren und Unternehmen in der Lage die Anlageziele direkter und derzeit wohl auch glaubwürdiger zu erreichen, als sich auf die Notenbanken zu verlassen die ja nur in einem Umfeld politischer Unsicherheit Normalität und Kontrolle verkaufen müssen.
(Der Input von Wolfgang Matejka für den http://www.boerse-social.com/gabb vom 13.04.)
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