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One-Man-Show virtuelle Semperit-HV 22.7.2020: Nur Berthold Berger fragte (Günter Luntsch)

Bild: © Michaela Mejta, photaq.com , Berthold Berger

23.07.2020, 12886 Zeichen

One-Man-Show virtuelle Semperit-HV 22.7.2020. Die virtuelle Semperit-HV kann man durchaus "gelungen" nennen, sie haben sich Mühe gegeben, die Fragen zu beantworten. Die Entscheidung, Sempermed zu verkaufen, hat Berthold Berger sichtlich nicht gefallen, mir eigentlich auch nicht, man ist halt stolz darauf, was Semperit alles - immer noch - produziert. Vielleicht eine Notwendigkeit, vielleicht gehts auch nur um kurz- bis mittelfristig schönere Zahlen. Fakt ist leider: der Karren war arg in den Morast gefahren, und ihn da rauszuholen, das kostet Kraft, Strategie und Entbehrungen.

ARV Walter Koppensteiner begrüßte am Sitz der Gesellschaft in der Modecenterstraße unter anderem die Vorstandsmitglieder, Notar Mayer und die vier besonderen Stimmrechtsvertreter. Dieses Mal offenbar nur Anwälte, niemand vom IVA, somit fehlte ein weiteres Stück "Heimatgefühl", eine HV ohne Michael Knap ist halt nicht das Wahre, auch seine Fragen fehlten. Das Stimmrechtsservice machte wie im Vorjahr computershare.de. Der Notar verlas im Namen des ARV die Formalien, nach 15 Minuten war es vollbracht. Die beiden neuen Vorstandsmitglieder Petra Preining (CFO) und Kristian Brok (COO) stellten sich kurz vor. Brok sei Däne, komme aus dem Bereich Aerospace. Der ARV streute ihm Rosen: Er sei erst kurz bei uns (seit 1.1.2020), habe aber dank seiner Branchenkenntnisse schon Beiträge leisten können. CEO Martin Füllenbach entschuldigte sich im Vorhinein, dass es bei der virtuellen HV möglicherweise zu kleinen Pannen kommen könnte (Ich hab keine wahrgenommen). Die Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiter und Aktionäre gehe vor. Er wisse, dass die physische Anwesenheit sehr viele Vorteile habe, vor allem die Möglichkeit des persönlichen Austausches. Anm: Mir geht diese Möglichkeit auch ab, ich war gerne auf Semperit-Hauptversammlungen.

Die Werke in China und Indien seien behördlich mehrere Wochen lang geschlossen gewesen, China arbeite mittlerweile wieder mit voller Last, auch Indien sei bereits wieder hochgefahren worden. Erstmals seit vielen Jahren würden wir wieder Geld verdienen mit unseren Handschuhen. Wir würden Anhaltspunkte für Wertaufholungen prüfen. Doch wir würden die Nachhaltigkeit dieses Booms bezweifeln. Wir würden an unserer strategischen Entscheidung festhalten, den Industriegummi zu fokussieren. Wegen Corona sei es zu Verzögerungen gekommen, wir WERDEN uns aber wie angekündigt vom Medizingeschäft trennen, so der CEO. Frank Gumbinger habe das Unternehmen aus persönlichen Gründen verlassen, Petra Preining habe den Aufsichtsrat verlassen, um ihm als CFO nachzufolgen, bis Oktober 2020. Felix Fremerey sei neben Medizin "nun auch für den wichtigen Bereich IT zuständig". Anm: Auf vergangenen Hauptversammlungen kam hoher Nachholbedarf in der IT zur Sprache.

Die Minenindustrie zeige möglicherweise längerfristig Investitionszurückhaltung. Man habe 140 Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. Aufgrund von "gesellschaftlicher Verpflichtung" habe man im 2. Quartal 2020 mehr als 60 Mio Handschuhe mit vier Sonderflügen der AUA nach Österreich gebracht, die Verteilung habe das Rote Kreuz übernommen. Bei Semperflex habe man in den USA neue Kunden wie BOBCAT und John Deere erreicht. Die Nachfrage nach Handläufen (Semperform) sei gestiegen. Man habe ein Unternehmen für Schiffsfensterdichtungen übernommen, für den russischen Markt. Man fokussiere sich auf puderfreie Latexhandschuhe und synthetische Operationshandschuhe. Die Marktbearbeitung sei wichtig, man wolle einen Fokus auf neue Märkte setzen. Der Wettbewerb sei sehr hart, und nach einer Pandemie habe sich der Wettbewerbsdruck stets verschärft. Wichtig sei die Reduzierung der Komplexität in der Gruppe: "Aus einem Supertanker werden mehrere Schnellboote." Man habe Werke geschlossen und Mitarbeiter abgebaut. Man habe strategische Beschaffungsprozesse implementiert. Es seien über 800 Einzelmaßnahmen gewesen. Man arbeite auf das 200jährige Jubiläum von Semperit im Jahr 2024 hin. Man habe Geschäfts- und Firmenwerte bereinigt und das Ebitda von 15,4 Mio auf 28,2 Mio Euro gesteigert. Ziel sei im Jahr 2020 ein Ebit von 110 bis 160 Mio Euro. "Sinn unseres unternehmerischen Handelns darf nicht darin bestehen, Fabriken um jeden Preis auszulasten." Nun habe man einen klaren Fokus auf Nitrilhandschuhe und die Reduktion der Handelsware. Er sprach erfolgte Werksschließungen in Frankreich und China an. Die europäische Braunkohleindustrie sehe geringere Investitionsbereitschaft der Minenbetreiber. Im Sektor Medizin habe man ein Impairment in Höhe von 48,8 Mio Euro gehabt. Sustainability habe einen hohen Stellenwert. Ein Beispiel seien die umweltfreundlichen Green Gloves, für deren Produktion man 15% weniger CO2 ausstoße und 10% weniger Wasser brauche, und es komme kein Chlor zum Einsatz. Meine Anmerkung: Die "Green"-Euphorie scheint hier etwas übertrieben, 15% und 10% kommen dem Normalverbraucher wenig vor.

Unsere Handläufe würden deutlich besser vor Bakterien schützen, eine spezielle Ummantelung sorge für längere Lebensdauer. CFO Preining übernahm und freute sich, über 2019 berichten zu dürfen, obwohl sie die Funktion erst am 20.3.20 übernommen habe. Sie sei von der neuen Industriegummistrategie überzeugt. Sie meinte, dass beim bereinigten Ergebnis vor Steuern 2019 fast der Break Even erreicht worden sei. Das müsse man vor dem Hintergrund der abkühlenden Weltwirtschaft sehen. Die Wertanpassung habe sich durch Wechselkursänderungen von 46,8 Mio auf 48,8 Mio geändert. Auch sie ging von einem Ebit für 2020 von 110 bis 160 Mio Euro aus. "Cash bleibt King." Unterstützen würde uns die Hybridkapitalaufnahme 2018 über 130 Mio Euro. Semperit habe noch einen Nettoverlust, der Vorstand schlage vor, keine Dividende auszuschütten. Wir seien aus einer soliden Finanzposition in die Coronakrise gegangen. Starke Bilanz und geringe Nettoverschuldung werde bis Oktober weitergefahren, wenn sie das Finanzressort an ihre Nachfolgerin übergeben werde.

Um 11:09 Uhr bekräftigte Füllenbach eine Zielgröße von +5% organischem Wachstum. Pro Jahr, nehme ich an. Er strebe stärkere regionale Differenzierung an. Ungeachtet des als nicht nachhaltig betrachteten Geschäftsgangs bei Sempermed stehe fest, dass wir uns von Sempermed mittelfristig trennen müssen, Wertaufholung werde geprüft. Für Industriegummi habe man ein regionales Zentrum in den USA eröffnet, das sich mit unterentwickelten Industriesektoren beschäftige. Der Restrukturierungsprozess habe sich durch die Krise beschleunigt, um einer längeren Krise standzuhalten. Es gehe um die Hebung von Synergien. Füllenbach bat um Verständnis für den Entfall der Dividende, er werde so rasch wie möglich "Sie als loyale Langzeitinvestoren partizipieren lassen" an den zu erwartenden Erfolgen. Es gelte nach wie vor, eine Krise von noch nicht abzusehender Tragweite zu überstehen.

Der ARV ließ von Notar Mayer die Beschlussvorschläge vorlesen. AR-Kandidat Herbert Ortner sei bei Semperit kein Unbekannter, er sei bei Semperit tätig gewesen, bevor er zu Palfinger gewechselt sei, jetzt sei er Vorstand der B&C Privatstiftung. Der Beschlussvorschlag bezüglich AR-Vergütungen laut Veröffentlichung auf der Homepage wurde vorgelesen, aber da er infolge des Vorziehens eines berichtigten Vorschlags nicht zur Abstimmung gelangte, erspare ich uns die Details. Der Beschlussvorschlag zum Aktienrückkauf erstaunte mich angesichts der derzeitigen Situation etwas. So etwas könnte man den Aktionären eventuell in besseren Jahren vorlegen, aber in Restrukturierungszeiten haben wir eigentlich weder Zeit noch Geld für solche Spielereien. Um 11:35 Uhr verlas der ARV die aktuelle Präsenz von 95 durch die 4 besonderen Stimmrechtsvertreter vertretenen Aktionären mit 12,546.613 Aktien, das seien 60,98% des Grundkapitals. Da versehentlich nicht der im Aufsichtsrat beschlossene Antrag bezüglich AR-Vergütungen auf die Homepage gestellt worden sei, sondern ein leicht abweichender, wurde der "richtige" Antrag nun verlesen: 50.000 für den ARV, 35.000 für jeden Stellvertreter, 20.000 für jedes weitere Mitglied, plus 25.000 für den Finanzexperten und die Vorsitzenden des Prüfungsausschusses und des Risikoausschusses. plus 10.000 für die Vorsitzenden des Nominierungs-, des Vergütungs-, des Transformations- und des Sempermedausschusses, plus 5.000 für jedes Mitglied eines Ausschusses und plus 1.000 Euro Sitzungsgeld pro Sitzung (maximal 1x pro Tag), bei elektronischen Sitzungen nur die Hälfte davon. Die Vergütungen sollten im Voraus für das Jahr 2020 beschlossen werden. Anm: Andere AGs brauchen keinen getrennten Nominierungs- und Vergütungsausschuss, die schaffen das in einem gemeinsamen Ausschuss.

Es lagen viele Fragen von Berthold Berger vor, sonst von niemandem. Füllenbach antwortete: Man wisse die Kosten der Stimmrechtsvertreter noch nicht, man rechne mit Kosten von 10.000 bis 15.000 Euro. Mein Tipp: Sollten die Rechnungen tatsächlich so hoch ausfallen, bitte um realistische Honorarnoten ersuchen, bis jetzt sind wir auf virtuellen Hauptversammlungen mit pauschalen 2.000 Euro plus MWSt pro Person ausgekommen, da sollte sich nicht gerade die Semperit einen Ausreißer erlauben. Verwunderlich, dass man die Kosten nicht schon vor Beauftragung erfragt hat, es finden sich sicher leicht vier Anwälte, die es für je 2.000 Euro plus MWSt machen, speziell in Wien. Die vier würden 1, 2, 0 und 92 (!) Aktionäre vertreten. "Eingeloggt" seien 105 Aktionäre zu Beginn gewesen, 158 seien es bei der Vorstellung der Vorstände gewesen. Man habe 2019 400 Geschäftsberichte und 2020 300 Geschäftsberichte für 2019 drucken lassen, nur auf Deutsch, das habe weniger als 20.000 Euro gekostet, den Nichtfinanzbericht habe man gar nicht mehr gedruckt. In Malaysia habe man 62 Fertigungsstraßen für Handschuhe, davon 12 neu errichtet. Der Ausschuss habe 2,4% betragen, in den letzten 12 Wochen aber nur mehr 0,6%.

Preining informierte Berger, dass die Sempermed per 31.12.2019 mit 73,8 Mio Euro für die Werthaltigkeitsprüfung zu Buche stehe. Der Buchwert pro Aktie betrage 13,33 Euro, ohne Hybridkapital 7,01 Euro. Man habe im Jahr 2019 3,6 Mrd Handschuhe extern bezogen, davon 1,2 Mrd vom ehemaligen Joint-Venture-Partner. Ja, die Fertigungsstraße in Wimpassing gebe es noch, allerdings würden dort Operationshandschuhe gefertigt, die von der derzeit erhöhten Nachfrage nach Untersuchungshandschuhen nicht profitieren würden. Berger schlug vor, die Fertigungsstraße in Wimpassing beizubehalten, wenn die Republik Österreich die Abnahme der Handschuhe garantieren würde. Laut Füllenbach gebe es nach Operationshandschuhen keine erhöhte Nachfrage. Füllenbach bemerkte, dass es nur "einen Dialog zwischen Herrn Berger und dem Vorstand" gebe. Der ARV bemerkte, dass "Herr Berger noch fleißig an der Arbeit ist", er unterbrach die Sitzung um 11:55 Uhr bis 12:05 Uhr, um Bergers aktuellste Mails bearbeiten zu können.

Füllenbach informierte über das Marketing für die Handschuhe: für Europa in Österreich, für Asien in Singapur, für Amerika in den USA. Derzeit seien 5 Mitarbeiter aus Österreich in Malaysia, die Aufenthaltserlaubnis sei wegen Corona bereits verlängert worden. Der COO antwortete, dass man in Malaysia im Zwei-Schicht-Betrieb arbeite. Preining nannte an Kosten für die Einschaltung der Einberufung zur HV in der Wiener Zeitung rund 7.000 Euro. Per 31.12.2019 wurde eine Zahl von rund 2.700 Mitarbeitern in Malaysia genannt, die Fluktuation bei White Collar betrage 23%, bei Blue Collar 25-30%. Der Kautschukpreis habe von 2018 auf 2019 um 2,9% zugelegt. Jetzt meldete sich doch noch ein anderer Aktionär, der nicht nachvollziehen konnte, warum man bei Entfall der Dividende Aktien rückkaufen wolle. Füllenbach sagte, er werde keine Angaben zum Stadium der Trennung machen, die Trennung werde aber kommen, weil die Nachfrage nach Untersuchungshandschuhen nicht nachhaltig sei. Kautschuk bzw. Naturlatex beziehe man aus Westafrika, Nitril aus Südkorea, Malaysia und Thailand. Bei den Abstimmungen betrug die Zahl der durch die vier besonderen Stimmrechtsvertreter vertretenen Aktionäre 96, sie waren mit 12,546.713 Aktien stimmberechtigt, das seien 60,99% des Grundkapitals. Bei der Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat gab es je 103 Gegenstimmen. Berger konnte sich offenbar mit dem Verkauf der Medizinsparte nicht abfinden, er gab bei der Vorstandsentlastung Widerspruch zu Protokoll. Ernst&Young bekam 478 Gegenstimmen, gegen die Rückkehr von Petra Preining waren etwa 3% der Stimmen. AR-Kandidat Herbert Ortner bekam nur 5.378 Gegenstimmen, Claus Möhlenkamp gar nur 3. Gegen die Vergütungspolitik sprachen sich mehr als 10% der Stimmen aus, gegen die Aufsichtsratsvergütungen nur 2 Stimmen. Gegen den Aktienrückkauf stimmten 3 Stimmen. Offenbar ausschließlich Kleinaktionäre. Um 12:42 Uhr, also nach fast 3 Stunden, war die HV zu Ende.
Semperit ( Akt. Indikation:  15,10 /15,20, 0,46%)

(Der Input von Günter Luntsch für den http://www.boerse-social.com/gabb vom 23.07.)


(23.07.2020)

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    ARV Walter Koppensteiner begrüßte am Sitz der Gesellschaft in der Modecenterstraße unter anderem die Vorstandsmitglieder, Notar Mayer und die vier besonderen Stimmrechtsvertreter. Dieses Mal offenbar nur Anwälte, niemand vom IVA, somit fehlte ein weiteres Stück "Heimatgefühl", eine HV ohne Michael Knap ist halt nicht das Wahre, auch seine Fragen fehlten. Das Stimmrechtsservice machte wie im Vorjahr computershare.de. Der Notar verlas im Namen des ARV die Formalien, nach 15 Minuten war es vollbracht. Die beiden neuen Vorstandsmitglieder Petra Preining (CFO) und Kristian Brok (COO) stellten sich kurz vor. Brok sei Däne, komme aus dem Bereich Aerospace. Der ARV streute ihm Rosen: Er sei erst kurz bei uns (seit 1.1.2020), habe aber dank seiner Branchenkenntnisse schon Beiträge leisten können. CEO Martin Füllenbach entschuldigte sich im Vorhinein, dass es bei der virtuellen HV möglicherweise zu kleinen Pannen kommen könnte (Ich hab keine wahrgenommen). Die Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiter und Aktionäre gehe vor. Er wisse, dass die physische Anwesenheit sehr viele Vorteile habe, vor allem die Möglichkeit des persönlichen Austausches. Anm: Mir geht diese Möglichkeit auch ab, ich war gerne auf Semperit-Hauptversammlungen.

    Die Werke in China und Indien seien behördlich mehrere Wochen lang geschlossen gewesen, China arbeite mittlerweile wieder mit voller Last, auch Indien sei bereits wieder hochgefahren worden. Erstmals seit vielen Jahren würden wir wieder Geld verdienen mit unseren Handschuhen. Wir würden Anhaltspunkte für Wertaufholungen prüfen. Doch wir würden die Nachhaltigkeit dieses Booms bezweifeln. Wir würden an unserer strategischen Entscheidung festhalten, den Industriegummi zu fokussieren. Wegen Corona sei es zu Verzögerungen gekommen, wir WERDEN uns aber wie angekündigt vom Medizingeschäft trennen, so der CEO. Frank Gumbinger habe das Unternehmen aus persönlichen Gründen verlassen, Petra Preining habe den Aufsichtsrat verlassen, um ihm als CFO nachzufolgen, bis Oktober 2020. Felix Fremerey sei neben Medizin "nun auch für den wichtigen Bereich IT zuständig". Anm: Auf vergangenen Hauptversammlungen kam hoher Nachholbedarf in der IT zur Sprache.

    Die Minenindustrie zeige möglicherweise längerfristig Investitionszurückhaltung. Man habe 140 Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. Aufgrund von "gesellschaftlicher Verpflichtung" habe man im 2. Quartal 2020 mehr als 60 Mio Handschuhe mit vier Sonderflügen der AUA nach Österreich gebracht, die Verteilung habe das Rote Kreuz übernommen. Bei Semperflex habe man in den USA neue Kunden wie BOBCAT und John Deere erreicht. Die Nachfrage nach Handläufen (Semperform) sei gestiegen. Man habe ein Unternehmen für Schiffsfensterdichtungen übernommen, für den russischen Markt. Man fokussiere sich auf puderfreie Latexhandschuhe und synthetische Operationshandschuhe. Die Marktbearbeitung sei wichtig, man wolle einen Fokus auf neue Märkte setzen. Der Wettbewerb sei sehr hart, und nach einer Pandemie habe sich der Wettbewerbsdruck stets verschärft. Wichtig sei die Reduzierung der Komplexität in der Gruppe: "Aus einem Supertanker werden mehrere Schnellboote." Man habe Werke geschlossen und Mitarbeiter abgebaut. Man habe strategische Beschaffungsprozesse implementiert. Es seien über 800 Einzelmaßnahmen gewesen. Man arbeite auf das 200jährige Jubiläum von Semperit im Jahr 2024 hin. Man habe Geschäfts- und Firmenwerte bereinigt und das Ebitda von 15,4 Mio auf 28,2 Mio Euro gesteigert. Ziel sei im Jahr 2020 ein Ebit von 110 bis 160 Mio Euro. "Sinn unseres unternehmerischen Handelns darf nicht darin bestehen, Fabriken um jeden Preis auszulasten." Nun habe man einen klaren Fokus auf Nitrilhandschuhe und die Reduktion der Handelsware. Er sprach erfolgte Werksschließungen in Frankreich und China an. Die europäische Braunkohleindustrie sehe geringere Investitionsbereitschaft der Minenbetreiber. Im Sektor Medizin habe man ein Impairment in Höhe von 48,8 Mio Euro gehabt. Sustainability habe einen hohen Stellenwert. Ein Beispiel seien die umweltfreundlichen Green Gloves, für deren Produktion man 15% weniger CO2 ausstoße und 10% weniger Wasser brauche, und es komme kein Chlor zum Einsatz. Meine Anmerkung: Die "Green"-Euphorie scheint hier etwas übertrieben, 15% und 10% kommen dem Normalverbraucher wenig vor.

    Unsere Handläufe würden deutlich besser vor Bakterien schützen, eine spezielle Ummantelung sorge für längere Lebensdauer. CFO Preining übernahm und freute sich, über 2019 berichten zu dürfen, obwohl sie die Funktion erst am 20.3.20 übernommen habe. Sie sei von der neuen Industriegummistrategie überzeugt. Sie meinte, dass beim bereinigten Ergebnis vor Steuern 2019 fast der Break Even erreicht worden sei. Das müsse man vor dem Hintergrund der abkühlenden Weltwirtschaft sehen. Die Wertanpassung habe sich durch Wechselkursänderungen von 46,8 Mio auf 48,8 Mio geändert. Auch sie ging von einem Ebit für 2020 von 110 bis 160 Mio Euro aus. "Cash bleibt King." Unterstützen würde uns die Hybridkapitalaufnahme 2018 über 130 Mio Euro. Semperit habe noch einen Nettoverlust, der Vorstand schlage vor, keine Dividende auszuschütten. Wir seien aus einer soliden Finanzposition in die Coronakrise gegangen. Starke Bilanz und geringe Nettoverschuldung werde bis Oktober weitergefahren, wenn sie das Finanzressort an ihre Nachfolgerin übergeben werde.

    Um 11:09 Uhr bekräftigte Füllenbach eine Zielgröße von +5% organischem Wachstum. Pro Jahr, nehme ich an. Er strebe stärkere regionale Differenzierung an. Ungeachtet des als nicht nachhaltig betrachteten Geschäftsgangs bei Sempermed stehe fest, dass wir uns von Sempermed mittelfristig trennen müssen, Wertaufholung werde geprüft. Für Industriegummi habe man ein regionales Zentrum in den USA eröffnet, das sich mit unterentwickelten Industriesektoren beschäftige. Der Restrukturierungsprozess habe sich durch die Krise beschleunigt, um einer längeren Krise standzuhalten. Es gehe um die Hebung von Synergien. Füllenbach bat um Verständnis für den Entfall der Dividende, er werde so rasch wie möglich "Sie als loyale Langzeitinvestoren partizipieren lassen" an den zu erwartenden Erfolgen. Es gelte nach wie vor, eine Krise von noch nicht abzusehender Tragweite zu überstehen.

    Der ARV ließ von Notar Mayer die Beschlussvorschläge vorlesen. AR-Kandidat Herbert Ortner sei bei Semperit kein Unbekannter, er sei bei Semperit tätig gewesen, bevor er zu Palfinger gewechselt sei, jetzt sei er Vorstand der B&C Privatstiftung. Der Beschlussvorschlag bezüglich AR-Vergütungen laut Veröffentlichung auf der Homepage wurde vorgelesen, aber da er infolge des Vorziehens eines berichtigten Vorschlags nicht zur Abstimmung gelangte, erspare ich uns die Details. Der Beschlussvorschlag zum Aktienrückkauf erstaunte mich angesichts der derzeitigen Situation etwas. So etwas könnte man den Aktionären eventuell in besseren Jahren vorlegen, aber in Restrukturierungszeiten haben wir eigentlich weder Zeit noch Geld für solche Spielereien. Um 11:35 Uhr verlas der ARV die aktuelle Präsenz von 95 durch die 4 besonderen Stimmrechtsvertreter vertretenen Aktionären mit 12,546.613 Aktien, das seien 60,98% des Grundkapitals. Da versehentlich nicht der im Aufsichtsrat beschlossene Antrag bezüglich AR-Vergütungen auf die Homepage gestellt worden sei, sondern ein leicht abweichender, wurde der "richtige" Antrag nun verlesen: 50.000 für den ARV, 35.000 für jeden Stellvertreter, 20.000 für jedes weitere Mitglied, plus 25.000 für den Finanzexperten und die Vorsitzenden des Prüfungsausschusses und des Risikoausschusses. plus 10.000 für die Vorsitzenden des Nominierungs-, des Vergütungs-, des Transformations- und des Sempermedausschusses, plus 5.000 für jedes Mitglied eines Ausschusses und plus 1.000 Euro Sitzungsgeld pro Sitzung (maximal 1x pro Tag), bei elektronischen Sitzungen nur die Hälfte davon. Die Vergütungen sollten im Voraus für das Jahr 2020 beschlossen werden. Anm: Andere AGs brauchen keinen getrennten Nominierungs- und Vergütungsausschuss, die schaffen das in einem gemeinsamen Ausschuss.

    Es lagen viele Fragen von Berthold Berger vor, sonst von niemandem. Füllenbach antwortete: Man wisse die Kosten der Stimmrechtsvertreter noch nicht, man rechne mit Kosten von 10.000 bis 15.000 Euro. Mein Tipp: Sollten die Rechnungen tatsächlich so hoch ausfallen, bitte um realistische Honorarnoten ersuchen, bis jetzt sind wir auf virtuellen Hauptversammlungen mit pauschalen 2.000 Euro plus MWSt pro Person ausgekommen, da sollte sich nicht gerade die Semperit einen Ausreißer erlauben. Verwunderlich, dass man die Kosten nicht schon vor Beauftragung erfragt hat, es finden sich sicher leicht vier Anwälte, die es für je 2.000 Euro plus MWSt machen, speziell in Wien. Die vier würden 1, 2, 0 und 92 (!) Aktionäre vertreten. "Eingeloggt" seien 105 Aktionäre zu Beginn gewesen, 158 seien es bei der Vorstellung der Vorstände gewesen. Man habe 2019 400 Geschäftsberichte und 2020 300 Geschäftsberichte für 2019 drucken lassen, nur auf Deutsch, das habe weniger als 20.000 Euro gekostet, den Nichtfinanzbericht habe man gar nicht mehr gedruckt. In Malaysia habe man 62 Fertigungsstraßen für Handschuhe, davon 12 neu errichtet. Der Ausschuss habe 2,4% betragen, in den letzten 12 Wochen aber nur mehr 0,6%.

    Preining informierte Berger, dass die Sempermed per 31.12.2019 mit 73,8 Mio Euro für die Werthaltigkeitsprüfung zu Buche stehe. Der Buchwert pro Aktie betrage 13,33 Euro, ohne Hybridkapital 7,01 Euro. Man habe im Jahr 2019 3,6 Mrd Handschuhe extern bezogen, davon 1,2 Mrd vom ehemaligen Joint-Venture-Partner. Ja, die Fertigungsstraße in Wimpassing gebe es noch, allerdings würden dort Operationshandschuhe gefertigt, die von der derzeit erhöhten Nachfrage nach Untersuchungshandschuhen nicht profitieren würden. Berger schlug vor, die Fertigungsstraße in Wimpassing beizubehalten, wenn die Republik Österreich die Abnahme der Handschuhe garantieren würde. Laut Füllenbach gebe es nach Operationshandschuhen keine erhöhte Nachfrage. Füllenbach bemerkte, dass es nur "einen Dialog zwischen Herrn Berger und dem Vorstand" gebe. Der ARV bemerkte, dass "Herr Berger noch fleißig an der Arbeit ist", er unterbrach die Sitzung um 11:55 Uhr bis 12:05 Uhr, um Bergers aktuellste Mails bearbeiten zu können.

    Füllenbach informierte über das Marketing für die Handschuhe: für Europa in Österreich, für Asien in Singapur, für Amerika in den USA. Derzeit seien 5 Mitarbeiter aus Österreich in Malaysia, die Aufenthaltserlaubnis sei wegen Corona bereits verlängert worden. Der COO antwortete, dass man in Malaysia im Zwei-Schicht-Betrieb arbeite. Preining nannte an Kosten für die Einschaltung der Einberufung zur HV in der Wiener Zeitung rund 7.000 Euro. Per 31.12.2019 wurde eine Zahl von rund 2.700 Mitarbeitern in Malaysia genannt, die Fluktuation bei White Collar betrage 23%, bei Blue Collar 25-30%. Der Kautschukpreis habe von 2018 auf 2019 um 2,9% zugelegt. Jetzt meldete sich doch noch ein anderer Aktionär, der nicht nachvollziehen konnte, warum man bei Entfall der Dividende Aktien rückkaufen wolle. Füllenbach sagte, er werde keine Angaben zum Stadium der Trennung machen, die Trennung werde aber kommen, weil die Nachfrage nach Untersuchungshandschuhen nicht nachhaltig sei. Kautschuk bzw. Naturlatex beziehe man aus Westafrika, Nitril aus Südkorea, Malaysia und Thailand. Bei den Abstimmungen betrug die Zahl der durch die vier besonderen Stimmrechtsvertreter vertretenen Aktionäre 96, sie waren mit 12,546.713 Aktien stimmberechtigt, das seien 60,99% des Grundkapitals. Bei der Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat gab es je 103 Gegenstimmen. Berger konnte sich offenbar mit dem Verkauf der Medizinsparte nicht abfinden, er gab bei der Vorstandsentlastung Widerspruch zu Protokoll. Ernst&Young bekam 478 Gegenstimmen, gegen die Rückkehr von Petra Preining waren etwa 3% der Stimmen. AR-Kandidat Herbert Ortner bekam nur 5.378 Gegenstimmen, Claus Möhlenkamp gar nur 3. Gegen die Vergütungspolitik sprachen sich mehr als 10% der Stimmen aus, gegen die Aufsichtsratsvergütungen nur 2 Stimmen. Gegen den Aktienrückkauf stimmten 3 Stimmen. Offenbar ausschließlich Kleinaktionäre. Um 12:42 Uhr, also nach fast 3 Stunden, war die HV zu Ende.
    Semperit ( Akt. Indikation:  15,10 /15,20, 0,46%)

    (Der Input von Günter Luntsch für den http://www.boerse-social.com/gabb vom 23.07.)


    (23.07.2020)

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